Hartnäckig sind sie bei Volkswagen, das muss man ihnen lassen. Nach dem 15 Jahre währenden Phaeton-Untergang und dem überschaubaren Erfolg des CC haben sie 2017 erneut etwas Großes, Breites und vor allem Flaches auf Kiel gelegt. Schwungvoll und ambitioniert wie ehedem, technisch ganz weit vorne – seither ist der Arteon (abgesehen vom hochbeinigen Touareg) nicht weniger als das neue Flaggschiff der Wolfsburger.
Zum tiefgreifenden Facelift setzen sie in Wolfsburg nun noch einen drauf: Mit dem Arteon Shooting Brake präsentiert VW einen Hingucker aus Kombi und Coupé. Bogig geduckt, messerscharf gezeichnet – und mit gut 1,6 Kubikmetern Platz auf 2,08 Meter Ladefläche. Neben Benzinern (190/280 PS) und Dieselmotoren (150/200 PS) zum Marktstart im November debütieren im Frühjahr eine extrem sportliche R-Version mit 320 PS und serienmäßigem Allradantrieb samt Torque-Vectoring – und für alle, die in häuslicher Gemeinschaft oder beim Fuhrpark-Manager einen Sportwagen nur schwer durchsetzen können, gibt es erstmals auch eine Plug-In-Version.
Gesucht haben sie am äußersten Rand des modularen Querbaukastens. Herausgekommen sind am Ende wuchtige 2,84 Meter Radstand und 4,87 Meter Länge. Dazu vier rahmenlose Türen, ein schnittiges Dach sowie eine gewaltige Motorhaube, die sogar die Kotflügel überdeckt. Das Beste aus Limousine und Sportwagen wollten sie verbinden, heißt es bei VW. Und in der Tat haben sie einen guten Spagat ohne schlechten Kompromiss hingekriegt. Sportlich in jedem Fall der Zustieg: Die Tür eröffnet viel Breite, aber nicht allzu viel an Höhe. Hat man es geschafft, wartet der Shooting Brake mit schicker Umgebung, makelloser Verarbeitung und viel Freiheit auf. Selbst in zweiter Reihe.
Am besten aber nimmt man dort Platz, wo der Wagen den meisten Spaß macht: vorne links. Gut konturierte Sitze, digitales Cockpit, alles Wissenswerte auf dem Head-up-Display. Dazu offenporiges Holz, aufgehübschtes Lenkrad und durchleuchtete Dekore in 30 Farben. Man spürt die Abkehr vom biederen Passat – hin zum Touareg.
Austariert und abgestimmt ist der Arteon für gewaltige (leider auch aufpreispflichtige) 20-Zoll-Räder. Das unterstreicht den sportlichen Auftritt ebenso wie das selbst im Normal-Modus durchaus noch straff ausgelegte Fahrwerk. Ist auch gut so, denn immerhin sind beim Stecker-Arteon runde zwei Tonnen auf Kurs zu halten. Und wer wollte schon ein Flaggschiff, das dem Kapitän nicht aufs Kommando folgt?
Auch drumherum bieten die Wolfsburger auf, was geht. Selbstverständlich hält der Arteon brav Abstand, Linie und bremst auch für Fußgänger. Vor allem aber leuchtet er in Kurven noch bevor man ins Volant greift. Das ist – wenn man derlei Hilfe schätzt – schon verdammt nah am Auto-Mobil. Und falls man zwar fahren wollte, womöglich aber nicht mehr kann, bremst der Arteon nicht nur bis zum Stillstand, er lenkt dazu noch selbstständig Richtung rechte Spur.
Der Testwagen mit Doppelherz ist noch ein Vorserien-Modell. Der Motor mit Kolben steuert 156 PS bei, der mit Wicklung 115. Macht 218 im Zusammenspiel und per Sieben-Gang-DSG ordentlich Druck nach vorne – oder eben sparsames Gleiten. Vorteil: Man ist die Sorge des Strom-Ausfalls los. Manko: doppelte Technik und Extra-Gewicht. Wie das so ist mit den zwei Welten. Schade allerdings, dass kein zweiter E-Motor an der Hinterachse sitzt. Allrad aus dem Akku – das hätte was. Und würde die 4WD-Fraktion nicht zum Verbrenner treiben.
Im Idealfall herrscht beim Shooting Brake PHEV Flaute im Brennraum. Dabei hilft das serienmäßige Navi. Wäre ja unsinnig, vor Ortsschild oder Abzweig noch zu beschleunigen. Wolfsburgs Flach-Schiff weiß es besser – und verzögert rechtzeitig. Zusammen mit der auf 13 kWh erstarkten Batterie schafft der Stecker-Arteon 57 saubere Kilometer (WLTP), die im sportlichen Alltag mit GTE-Taste allerdings eher 40 entsprechen. Es gilt Paragraf eins des Elektro-Antriebs: Dynamik kostet Distanz.
Der „E-Mode“ lässt sich – bevorzugt in der Innenstadt – auch auf Knopfdruck aktivieren. Bei längeren Fahrten kann man zudem ausreichend Strom reservieren, um lokal emissionsfrei unterwegs zu sein. So oder so muss irgendwann wieder Saft in den Akku. Bei Nachschub aus der Steckdose dauert das rund fünf Stunden, eine Wallbox presst die Füllung in gut dreieinhalb in die Zellen.
Der aktuelle Einstieg beginnt bei 43 525 Euro für den 150-PS-Diesel. Der Preis für den Plug-In steht noch nicht fest. Dennoch: Es reicht nicht, dass einem beim Anblick des Arteon Shooting Brake das Herz aufgeht – der Geldbeutel muss es schon auch.