Noch gilt offiziell das Jahr 2039 – bis dahin will Daimler sein Ziel einer CO2-freien Flotte erreicht haben. Doch womöglich kommt das Ende des Verbrennungsmotors in Stuttgart deutlich früher. In einem Interview hat Daimler-Chef Ola Källenius angedeutet, dass die Zwischenziele für Elektroautos nach oben korrigiert werden könnten. Ein weiteres Indiz: die kürzlich angekündigte Abspaltung der Lkw-Sparte bis Jahresende. Ohne das sicher noch auf Jahre Diesel-lastige Geschäft von Daimler Truck, vermuten Experten, könne die künftig auf Autos und Vans reduzierte Mercedes-Benz AG schneller auf E-Antriebe setzen.
Angesichts der zunehmenden Nachfrage nach E-Autos und dem politischen Willen in Europa, Nordamerika und China zu weniger Emissionen geht Källenius von deutlich steigenden Absatzzahlen in diesem Bereich aus. Daimler hatte bislang für 2025 einen Anteil der E-Autos von 25 Prozent am Gesamtabsatz genannt, fünf Jahre später sollen es 50 Prozent sein. Wie das „Handelsblatt“ ohne Nennung von Quellen berichtet, lasse Källenius im Vorstand Szenarien prüfen, wonach Mercedes nicht erst 2039, sondern schon fünf oder sogar acht Jahre früher nur noch Neuwagen mit E-Motoren anbieten könnte.
Zum Symbol dieses beschleunigten Wandels könnte laut dem Bericht die nächste Generation der S-Klasse werden, die offenbar 2028 auf den Markt kommen soll. „Macht Källenius Ernst mit seinem beschleunigten Umstieg, gäbe es sie voraussichtlich nur noch als Stromer„, so das „Handelsblatt“. Bei der aktuellen Generation der S-Klasse hat sich Mercedes noch bewusst für ein konventionelles Auto mit zusätzlichen Plug-in-Versionen entschieden. Parallel dazu übernimmt ab Herbst der EQS auf einer eigenen Plattform den Part des E-Autos.
Geld scheint dabei nicht unbedingt ein Problem zu sein. Källenius geht davon aus, bis 2030 mit E-Autos ebenso hohe Renditen erzielen zu können wie mit Verbrennern. Dann gebe es keinen Grund mehr, am Kolbenmotor festzuhalten, heißt es bei Mercedes. Laut „Handelsblatt“ sei es denkbar, dass die 2024 anlaufende Kompaktwagenplattform MMA bereits die letzte Architektur sein könnte, auf der noch in hohen Stückzahlen Benziner und Diesel gebaut werden.
Bei den Arbeitnehmern sieht man den radikalen Umbau nicht ohne Sorge. Rund 10.000 Stellen sind dem von Källenius verordneten Sparkurs allein im letzten Jahr zum Opfer gefallen – bis zu 20.000 weitere könnten noch folgen, fürchten Gewerkschafter. Habe sich doch der neue Manager zum Ziel gesetzt, die Fixkosten des Konzerns bis 2025 um 20 Prozent zu senken. Neuer Streit könnte sich auch an E-Autos entzünden. So fordert der Betriebsrat weiterhin eine eigene Fertigung von Elektromotoren und anderen Komponenten – etwa eine Großserienproduktion von Batteriezellen. Genau diese aber wolle der Vorstand ausschließlich zukaufen, um Verzögerungen zu vermeiden. Auch das deutet auf einen möglichst schnellen Umstieg hin.
Quelle: electrive.net / Handelsblatt