Klären wir direkt zu Beginn das Offensichtliche: Sowohl den Dongfeng M-Hero 1 als auch den Mercedes EQG muss man sich nicht näher anschauen, wenn die Schlagworte kompakt, effizient und leistbar ausschlaggebend sind beim Autokauf. Wer aber nicht so genau hinsehen muss, nicht auf den letzten Euro beim Laden achtet und auch so noch ein wenig Geld auf der hohen Kante liegen hat, der ist hier richtig.
Denn sowohl der Dongfeng M-Hero 1 als auch der Mercedes EQG sind keine Vernunfts-, sondern Spaßautos. Wenn sie dann noch einem eingestaubten, großen Verbrenner den Platz streitig machen, dann haben wir zumindest eine Kleinigkeit gewonnen. Genau für diese Zielgruppe haben wir uns den M-Hero 1 bei einem Fahrevent nahe Zürich mal genauer angeschaut. Denn dort haben die ersten massiven E-SUV von Dongfeng ihren Weg auf die Straße und auch abseits davon gefunden. Vollausstattung, drei Lackierungen (Forest Green, Mountain Grey & Boulder Black) und das Interieur in zwei Varianten (Canyon Brown & Graphite Grey) zur Auswahl, mehr Optionen gibt es nicht. Braucht es aber auch nicht, wie wir noch erfahren sollen.
Importiert wird der Dongfeng M-Hero 1 von Daniel Kirchert und seinem Team. Unter der Flagge seines Unternehmens Noyo Mobility führt man chinesische E-Autos in die Schweiz ein. Von dort aus eventuell noch weitere nach Europa, aber das möchte man erst einmal in Ruhe angehen und muss von Marke zu Marke betrachtet werden. Der M-Hero 1 wird auf jeden Fall in näherer Zukunft bei mindestens zehn Schweizer Händlern vorzufinden sein und allein mit seinem Erscheinungsbild sicherlich für Aufmerksamkeit sorgen.
Denn Zurückhaltung ist ein Wort, das im Vokabular des 4987 mm langen, 2080 mm breiten sowie 1935 mm hohen E-SUV, bei einem Radstand von 2950 mm, nicht vorkommt. Wer dies anhand der nicht gerade kompakten Außenmaße noch abstreitet, der wird eines Besseren belehrt, wenn er auf die Antriebsdaten blickt. 800 kW (1088 PS) bei einem maximalen Drehmoment von 1400 Nm sind eine Ansage. Das Leergewicht von 3410 Kilogramm allerdings auch. Bei maximal 510 Kilogramm Zuladung gilt es, weise zu entscheiden, was und wen man noch einlädt, wenn man sich beispielsweise auf den Weg in den Urlaub machen möchte.
Stauraum gibt es im M-Hero 1 natürlich noch. Wobei dieser mit 452 bis 1137 Liter nicht gerade groß ausfällt – zumindest, wenn man es in Relation zum restlichen Erscheinungsbild des E-SUV setzt. Ferner sollte man die Koffer und Taschen so eng in den Kofferraum packen, dass diese nicht von rechts nach links und wieder zurückfliegen, da dies durchaus nervig sein kann. Uns hat eine Wasserflasche gereicht, die sich die ersten drei Kilometer im M-Hero 1 selbstständig gemacht hat. Hier dürfte eine entsprechende Gummimatte Abhilfe schaffen.
Aber ob das hilft, wenn der E-SUV nach vorn beschleunigt? Denn man mag es kaum glauben, der bullige und schwere Stromer schießt tatsächlich in nur 4,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h nach vorn. Vier Elektro-Maschinen und dem dadurch vorhandenen Allrad-Antrieb sei Dank. Bei 180 km/h Höchstgeschwindigkeit ist dann zwar Schluss, aber gut so, denn mit dieser Geschwindigkeit muss der M-Hero 1 und sein Fahrer erst einmal umgehen können. Durch die massive Power, verbunden mit dem hohen Gewicht des E-Autos, kommt es durchaus vor, dass er ein wenig länger benötigt, um Traktion auf die Straße zu bringen. Dies verbunden mit einem gelegentlich eher schwammigen Lenken ist nicht so gänzlich ideal. Hier wolle man noch ein wenig nachbessern und justieren, bevor der Stromer endgültig auf der Straße unterwegs ist. Bei der Abstufung der Fahrprogramme, den Rekuperationsstufen sowie der ein oder anderen Geländefunktion könnte man auch noch mal nachbessern. Am besten vor der Auslieferung. Over-the-Air-Updates seien in China zwar generell möglich, in der Schweiz wolle man darauf zunächst verzichten. Hier soll es der Händlerbesuch richten.
Das könnte mit ein Grund dafür gewesen sein, dass der über einen Punkt im Menü zu findende Katapult-Modus nicht zu aktivieren war. Denn mit diesem gäbe es den Schnellstart par excellence. Fairerweise wäre das auf den teils engen Schweizer Landstraßen auch ein wenig schwer zu händeln. Es ist dann doch schon eher etwas für lange Geraden.
Ein wenig Zeit bleibt zum Nachbessern. Zwar habe man erste M-Hero 1 in der Schweiz im Einsatz, wohlgemerkt als Vorführwagen, weitere sollen aber folgen. Die eigentlichen E-SUV werden auf Kundenbestellung bei Dongfeng in China gefertigt, um dann mit dem Zug nach Deutschland und von dort aus auf eigenen Reifen (Scorpion 275/65 R20 AT) in die Schweiz überführt zu werden. Zwei Monate seien hier ein realistischer Lieferzeitraum, wie Daniel Kirchert beim Fahrevent sagte.
Mit wie vielen Bestellungen man rechnet, wurde nicht kommuniziert. Allerdings ist bekannt, dass der M-Hero 1 in China, seit Markteinführung im Oktober 2023 über 3000 Mal verkauft wurde. Wohlgemerkt auch in einer Variante mit Range-Extender, die so eventuell auch zu einem späteren Zeitpunkt ihren Weg in die Schweiz finden könnte. Konkrete Zeitschienen gibt es hierfür ebenso wenig, wie für ein kleineres Derivat des E-SUV, das zumindest auf dem Papier schon angedacht sein soll.
Höhere Absatzzahlen wird Dongfeng dann wohl eher im Mittleren Osten verzeichnen, wie unter den Anwesenden gemutmaßt wurde. Dort dürfte es dann auch mehr Auswahl an Anpassungsmöglichkeiten geben, um den M-Hero 1 zu einem Unikat zu machen. Die Rede war zumindest schon einmal von verschiedenen Sicherheitsoptionen, damit der M-Hero 1 als „Leibwächter“ seinem Namen alle Ehren machen kann.
In Deutschland wird man noch ein wenig auf das massive Elektro-SUV warten müssen. Weniger wegen der Verfügbarkeit als wegen regulatorischen Themen. Denn der normale Führerschein der Klasse B reicht hier nicht aus, um den Stromer fahren zu können – bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 3920 Kilogramm. Die alte Klasse 3 erlaubt bis zu 7,5 Tonnen. Man geht bei Dongfeng jedoch davon aus, dass eine Regelung zeitnah umgesetzt wird, die es ermöglichen würde, Elektroautos auch mit dem derzeitigen Führerschein mit einem Gewicht von bis zu 4,2 Tonnen fahren zu dürfen. Aufgrund der E-Autobatterien sieht sich nicht nur der M-Hero 1 mit der regulatorischen Besonderheit konfrontiert, sondern beispielsweise auch Elektro-Transporter, die bei immer mehr Logistiker, Speditionen und Lieferverbänden zum Einsatz kommen, wenn der Wandel zur E-Mobilität vorangetrieben wird.
Lasten kann man mit dem M-Hero 1 auch ziehen. Die Anhängelast des E-SUV wird mit 2500 Kilogramm, die Dachlast mit 150 Kilogramm (statisch) sowie 100 Kilogramm (dynamisch) angegeben.
Kommen wir von Absatzzahlen und Besonderheiten zum Führen des M-Hero 1 zurück zum Fahrgefühl. Auf dem Beifahrersitz fühlt man sich zu Beginn ein wenig verloren, gerade, wenn er seine maximale Wattiefe von 90 Zentimeter ausspielt. Denn dann wankt der SUV, abseits der Offroad-Strecke, durchaus das ein oder andere Mal recht heftig. Hingegen fühlt man sich auf der Fahrer-Position als Kapitän eines Schiffs, das man ruhigen Gewissens durch die größten Stürme navigieren kann.
An die Übersichtlichkeit kommt bisher kein anderes von uns getestetes E-Auto dieser Größe heran. Verschiedenen Sensoren und Kameraansichten sei Dank, die ihre Daten auf dem 15,6 Zoll großen Touchscreen in der Mittelkonsole visualisieren. Die Option, das eigene E-Auto auf der Kameraansicht transparent zu schalten, verschafft hier zusätzliche Sicherheit. Was vor allem abseits der Straße ein großer Pluspunkt ist.
Bei einem 12,3 Zoll großen Display hinter dem Lenkrad wirkt das Mittelkonsolen-Display schon fast überflüssig, vor allem, da man auch noch auf ein Head-up-Display blicken kann. Als Beifahrer:in benötigt man das mittlere Display eigentlich auch nicht. Denn auch diese:r hat ein 12,3 Zoll Display (Touch) vor der Nase, um die relevantesten Funktionen zu steuern. Gut, für die Navigation (mit dem nächsten Software-Update on Board) oder Anzeige von Android Auto und Apple CarPlay kann man es dann doch nutzen. Und selbst in der zweiten Reihe findet man ein Display (8 Zoll) in der Mittelkonsole, das auf Doppelklick aktiviert wird und die wichtigsten Funktionen steuert. Sachen gibt’s.
Beim Fahren selbst kann man zwischen drei Fahrmodi Standard, Sport und Comfort wählen, die bereits vorkonfiguriert sind. Im Individual-Modus kann man das Ganze noch ein wenig auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Wer mit seinem M-Hero 1 ein wenig Energieschonender unterwegs sein möchte, der sollte den Eco-Modus aktivieren. Dies geschieht in einem der Untermenüs über einen Schieberegler. Wer das finden möchte, muss aber schon ganz genau suchen. Gleiches gilt für die künstlichen Außengeräusche, die als „sportlicher Rennflitzer“ oder „brüllender Tiger“ beschrieben werden. Beide lässt man am besten aber ganz aus.
Am Aufbau der Menüs könnte man noch ein wenig feilen, der wirkt an einigen Stellen noch wie Kraut und Rüben. Oder, um es mit einem anderen Wort zu beschreiben, durcheinander. Hier würde ein wenig mehr erkennbares System nicht schaden. Dann findet man auch die dreistufig einstellbaren Rekuperationsoptionen. Wobei, eigentlich ist das auch fast schon egal, denn im Fahrbetrieb spürt man leider kaum eine Abstufung. Von One-Pedal-Drive-Gefühl ganz zu schweigen. Glücklicherweise sind das Punkte, an denen man durch ein Software-Update auch nach der Auslieferung noch optimieren werde, wie man uns versichert. Schließlich seien die Test- und Vorführwagen derzeit doch noch im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium.
Egal in welchem Fahrmodi und welcher Rekuperationsstufe man fährt, irgendwann ist jeder Akku einmal leer. Dann geht’s ans Laden des 142 kWh (brutto) großen Lithium-Akkus (NMC), der im Unterboden des Fahrzeugs verbaut ist und eine Reichweite von 450 km (WLTP) ermöglichen soll. Hier kommt dann auch zum ersten Mal ein Kritikpunkt zum Tragen, den man nicht einfach ausbessern kann. Geladen wird mit maximal 100 kW (DC) oder 11 kW (AC). Wer ein wenig rechnen kann, der weiß, es dauert ein wenig, bis der Akku wieder gänzlich voll ist. Schon für den Ladevorgang von nur 30 auf 80 Prozent gibt Dongfeng die Ladezeit des M-Hero 1 mit 47 Minuten an. Zu den Ladezeiten an der heimischen Wallbox äußert man sich bisher erst einmal gar nicht.
Auf diesen offensichtlichen Fauxpas haben wir Daniel Kirchert angesprochen, der eine zumindest nachvollziehbare Erklärung am Start hat. Der M-Hero 1 befand sich entgegen anderer Stromer aus dem Dongfeng-Umfeld in einem deutlich längeren Entwicklungszeitraum und verzögerte sich dann auch noch bei der Markteinführung. Kurzum, bei der Entwicklung des E-SUV sollen 100 kW noch State-of-the-Art gewesen sein, bei Verkaufsstart eben nicht mehr. Ändern wird man vonseiten des Herstellers daran erst einmal nichts. Auch das Thema 11 kW am AC-Lader für einen solch großen Akku habe man in China bereits adressiert. Dort scheint bisher nicht bekannt zu sein, dass 22 kW-Ladestationen in Europa ein Thema sind. Würde dem M-Hero 1 sicherlich besser stehen. Im Zweifelsfall auch gegen Aufpreis.
Kurz zum Verbrauch, hier sind die Wörter sparsam und effizient alles andere als angebracht. Erwartet man fairerweise aber auch nicht von einem solch massiven Biest wie dem M-Hero 1. Im Langzeitzähler standen 38,3 kWh auf 100 km, bei einer Strecke von 97,7 Kilometer. Zur Fahrweise können wir natürlich nichts sagen, aber eine Richtung ist zu erkennen. Diese bestätigt sich auch bei unseren eigenen Erfahrungen, wenn auch nicht ganz so drastisch.
Wir waren etwas unter 50 Kilometer unterwegs, durch kleine Dörfer und Städte, vorzugsweise im Comfort-Modus und recht nah entlang der angegebenen Richtgeschwindigkeiten. Am Ende standen 30,2 kWh / 100 km auf der digitalen Anzeige. Weniger, als wir aufgrund der Daten in der Langzeitanzeige eigentlich erwartet hätten. Im technischen Datenblatt des M-Hero 1 wurde auch mal lieber keine Angabe vermerkt. Bei 450 km WLTP-Reichweite führt der klassische Dreisatz zu einem Energieverbrauch von 31,6 kWh / 100 km. Somit hätten wir die Vorgaben geschlagen und das ohne Einsatz des Eco-Modus. Kann man durchgehen lassen.
Denn wir glauben, dass sich der M-Hero zwar auf der Straße wohlfühlt, seine Stärke spielt er allerdings ganz klar Offroad aus. Wieso sonst spendiert man dem E-Auto sechs Fahrmodi (Snow, Mud, Rock, Sand, Water & Auto) sowie eine maximale Bodenfreiheit von 335 mm. Die Wattiefe wird ihrerseits mit 900 mm angegeben, der vordere als auch der hintere Böschungswinkel mit 37 Grad, der Rampenwinkel mit 28 Grad.
Ferner verfügt der M-Hero 1 rundum über Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern mit Luftfederung und adaptiven Dämpfern. Bei Bedarf lenken die Hinterräder um maximal 10,6 Grad ein, was den Wendekreis auf lediglich 10,2 Meter verkleinert. Im Gelände ein großer Pluspunkt, wie wir auf der Off-Roadstrecke erleben durften, aber auch in der Stadt, beim Manövrieren nicht zu unterschätzen.
Unter beiden Gegebenheiten spielt auch der „Krabbengang“ des massiven E-SUV seine Stärke aus. Im Bedarfsfall weisen alle vier Räder in eine Richtung und verbessern somit das Einparken oder generell die Steuerung des Fahrzeugs.
Allerdings hat sich beim Befahren des Offroad-Parcours auch gezeigt, dass der M-Hero 1 zwar Abhänge mit 70 Prozent Gefälle wunderbar meistert, insofern man die Bremse und das Strompedal sachte betätigt. Der Scheitelpunkt beim Beschleunigen über verschachtelte Holzstämme war dann allerdings nicht so einfach zu finden. Denn erst passiert erst einmal länger nichts, bis der E-SUV dann nach vorn schießen möchte. Hier wäre eine feinere Dosierung angebracht.
So oft werden wir den M-Hero 1 allerdings eh nicht über Stock und Stein jagen, insofern sei ihm dies nachgesehen. Preislich startet der Dongfeng-Stromer ab 148.990 Schweizer Franken, das sind gut 152.670 Euro. Teurer wird es mit der SUV-eigenen Drohne, die auf dem Dach des Fahrzeugs starten und landen kann. Auch die Streuvorrichtung für Nägel kostet extra. Aber nicht in Europa, dort wird man auf solche Extras verzichten. Preise und Daten zur Markteinführung in Deutschland konnte uns Kirchert nicht nennen, da dieser mit Noyo Mobility lediglich den Schweizer Markt bediene. In Deutschland gibt es andere Importeure hierfür.
Disclaimer: Noyo Mobility hat zur Vorstellung und zum Kennenlernen des M-Hero 1 nach Zürich eingeladen und hierfür die Reisekosten übernommen. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.