DeepDrive peilt mit seinen eigenen Elektro-Radnabenmotoren an eine revolutionäre Antriebstechnologie für Elektrofahrzeuge spürbar voranzutreiben. Ab 2024 im Umfeld der Mikromobilität, ab 2026 dann auch in E-Fahrzeugen in Großserie zum Einsatz zu bringen. Mit Co-Founder und Powertrain System Engineer, Alexander Rosen habe ich mich für den Elektroauto-News.net Podcast über das recht junge Unternehmen ausgetauscht und herausgefunden, ob man auf Visionen oder harte Fakten baut.
An sich trifft wohl beides auf das Münchner Start-Up zu. Aber an die Fakten glaubt man. Nicht nur im eigenen Haus, sondern sieben große Automobilhersteller interessieren sich ebenfalls für die E-Radnabenmotoren von DeepDrive. Geht es nach den Münchnern lösen diese nämlich die beiden größten Problemen bei Elektrofahrzeugen in einem Aufwasch: Reichweite und Kosten. Der getriebelose Motor sei effizienter als der herkömmlicher E-Fahrzeuge, werden die Gründer zitiert. Damit lasse sich die Reichweite um bis zu 20 Prozent erhöhen – auch weil das Chassis um mehr als 100 Kilo leichter ausfalle als mit herkömmlichen Antrieben.
Die Kerninnovation ist ein revolutionärer E-Motor (inklusive Leistungselektronik), der ultra-effizient ist und eine extrem hohe Drehmomentdichte aufweist. Dieses System ist so kompakt, dass es anstelle einer zentralen Position sogar in die Räder integriert werden könnte. Womit wir bei den Radnabenmotoren wären. Alexander hat uns am Beispiel von gängigen Serienfahrzeugen aufgezeigt, dass dort bei einem Verbrauch von 15- 20 kWh/100 km rund 3- 4 kWh/100 km alleine im E-Antrieb an Effizienz verloren gehen. Einen Wert, welchen man deutlich reduzieren könnte.
Somit sei selbst beim theoretischen Austausch des E-Antriebs heutiger Fahrzeuge gegen den Antrieb von DeepDrive ein Reichweitengewinn von 15 bis 20 Prozent zu erzielen. Hinsichtlich der Kosten für den eigens entwickelten Antrieb wolle man voll konkurrenzfähig sein. Im Gegenzug aber mit dem Plus an mehr Effizienz und Platzgewinn trumpfen. Platz, welcher für weitere Batteriezellen verwendet werden könnte oder einfach anders beim Design des E-Fahrzeugs genutzt werden könnte.
Die eigene Plattform mit den Radnabenmotoren entwickelt man ebenfalls weiter, um anderen Unternehmen die Möglichkeit zu bieten eigene E-Autos auf dieser aufzubauen. Dabei konzentriere sich DeepDrive auf den gesamten Antrieb, die Automobilhersteller auf das drum herum. Im Detail versteht dies Alexander besser zu vermitteln. Daher geht’s direkt rein in die Podcast-Folge.
Gerne kannst du mir auch Fragen zur E-Mobilität per Mail zukommen lassen, welche dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Hörer des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für die bereits erwähnten Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung, beim Podcast-Anbieter deiner Wahl, freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.
Transkript zu DeepDrive: So will man den Antrieb von E-Fahrzeugen revolutionieren
Sebastian
Hallo Alexander, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, dass wir uns ein wenig über euer Unternehmen DeepDrive unterhalten, das seit 2021 am Start ist. Bevor wir da allerdings eintauchen und du uns ein wenig mehr darüber erzählst, stell dich doch gerne selbst vor und was deine Verbindung zur E-Mobilität ist beziehungsweise wie du dorthin gekommen bist.
Alexander Rosen
Mein Name ist Alexander Rosen. Ich bin einer der Mitgründer des Start-ups DeepDrive, letztes Jahr im Mai 2021 gegründet. Von meinem Hintergrund her bin ich Elektroingenieur, habe in Hannover Elektrotechnik studiert, danach am Fraunhofer-Institut promoviert, mich danach fünf Jahre bei der Firma Bosch mit elektrischen Antrieben für Fahrzeuge auseinandergesetzt und generell über meine ganze berufliche Laufbahn, sowohl akademisch als auch beruflich, immer mit elektrischen Maschinen in Kontakt gewesen und immer auch das Thema Elektroautos verfolgt und daher dem Thema schon lange verbunden.
Sebastian
Und da ist auch schon die Verbindung zu DeepDrive. Ihr seid auch, ich sage mal, in eurem Mittelpunkt, soweit ich es verstanden habe, steht ja auch der E-Antrieb. Vielleicht magst du das noch ein wenig ausführen, was sich dahinter verbirgt oder was eure Businessidee ist.
Alexander Rosen
Ja, ganz genau. DeepDrive ist originär ein Start-up, was sich mit elektrischen Antrieben befasst. Wer auf unserer Website mal war oder sich die Webseite angeschaut hat, der wird sehen, dass wir dort auch etwas weiter in unserer Vision denken, nämlich hin zum Ziel, elektrische Plattformen anzubieten: Skateboard-Plattformen für elektrische Fahrzeuge. Das Ganze ist aber immer technologisch getrieben bei uns durch den Antrieb. Wir sind ein Start-up, haben eine neue Antriebstechnologie für elektrische Fahrzeuge, die es im Wesentlichen ermöglicht, sehr kompakt zu bauen, sehr effizient zu sein und durch den Ausbau oder durch die Ausführung, insbesondere als Radnabenantrieb, sehr flache und kompakte Fahrzeuge zu bauen.
Sebastian
Weil ihr natürlich dann dementsprechend weniger Platz im Fahrzeug oder in der Plattform einnehmt, weil ihr dann, soweit ich es verstehe, auch direkt im Rad integriert seid schlussendlich.
Alexander Rosen
Gnz genau. Unsere Vision ist wirklich den Radnabenantrieb salonfähig zu machen. Wir haben die Technologie dafür und sehen die Möglichkeit, den Radnabenantrieb als Fahrzeugantrieb auch für die Masse durchsetzen zu können.
Sebastian
Und auch getrieben natürlich. Dadurch, dass das Wort Effizienz schon mal verloren in einem der vorherigen Sätze, ihr wollt auch somit die effizienteste Lösung beim Antrieb dann mit anbieten am Markt und das ist, glaube ich, auch der Ansatz, der euch treibt bei der Entwicklung.
Alexander Rosen
Ja, ganz genau. Das Thema Effizienz ist wirklich ein Megatrend. Nicht erst seit diesem Jahr, wo wir natürlich mit stark steigenden Energie- und Strompreisen allgemein konfrontiert sind, sondern bei Elektrofahrzeugen schon seit Längerem. Bei Elektrofahrzeugen ist immer wieder das Thema Reichweite, Batteriekapazität, Rohstoffverbrauch, Gewichten, ein Treiber für Kosten eines Fahrzeugs und auch für, im Endeffekt, die Wirtschaftlichkeit des gesamten Autos.
Man muss sich das mal vor Augen führen. Heute brauchen elektrische Fahrzeuge, in elektrischer Energie ausgedrückt, zwischen 15 und 20 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Und obwohl elektrische Antriebe gemeinhin als sehr effizient gelten heute, ist es immer noch so, dass von diesen 15 bis 20 Kilowattstunden, je nach Fahrzeug und je nach Effizienzklasse natürlich, zwischen drei und vier Kilowattstunden, das heißt etwa 20 bis 30 % im Antrieb verloren gehen. Das ist der Punkt, an dem wir ansetzen in unserer Technologie. Wir haben eine Maschinentechnologie, die diese Verluste deutlich reduzieren kann, sodass wir im Endeffekt mit den Motoren, die wir bei DeepDrive bauen, es erreichen können, dass ein Fahrzeug mit identischer Batteriekapazität bis zu 20 % weiterfährt und das ist natürlich gerade heute ein essenzieller Punkt.
Sebastian
Definitiv, da hast du recht. Das heißt aber, muss mir das dann so vorstellen, wenn ich das gleiche Fahrzeug nehme, dass dann „nur der Antrieb ausgetauscht wird gegen euer System“ oder ist das dann schon auf Basis eurer Plattform, eurer Vision gedacht?
Alexander Rosen
Nein, das ist jetzt erst mal nur ein Austausch des Antriebs. Natürlich ist das jetzt bei einem Fahrzeug, was aus entwickelt ist, immer relativ schwierig, den Antrieb so zu tauschen, eins zu eins. Dafür ist das immer ein zu stark integriertes System. Aber wenn man jetzt ein Fahrzeug denken würde, was Kompaktklasse wäre, also unter anderem VW ID 3 oder BMW i3, also diese Größenordnung, mit einer Batteriekapazität von 60 bis 80 Kilowattstunden heute und man würde jetzt den Antrieb tatsächlich tauschen, also die heutige Drive Unit, die Achse, die Maschinengetriebe und Inverter herausnehmen, stattdessen unsere Radnabenantriebe integrieren, dann hätten wir genau diesen Reichweitenvorteil von 15 bis 20 %.
Sebastian
Da sind wir ja schon an dem Knackpunkt, wo du selbst angesprochen hast, wenn das Fahrzeug noch nicht zu Ende konstruiert ist. Das heißt, ihr müsst also schon sehr früh bei diesem Prozess mitbetrachtet oder mitbedacht werden. Und wenn ich jetzt so die typischen Zyklen der Automobilindustrie betrachte, wo fünf, sechs Jahre im Voraus geplant wird, wird man das dann voraussichtlich natürlich dann auch erst in Serie sehen? Oder wie seht ihr da die Chancen, euch aktuell schon zu platzieren? Ich meine, ihr seid jetzt „erst“ ein Jahr alt. Habt ihr da schon entsprechende Platzierungen erreicht im Markt oder was in Aussicht?
Alexander Rosen
Ja, definitiv. Wir sprechen und da sind wir auch wirklich stolz darauf. Wir sprechen zurzeit mit sieben der zehn größten OEMs weltweit. Alle haben starkes Interesse an unserer Technologie geäußert. Wie du richtig sagst, der Weg in die Serie ist sehr weit in der Automobilwelt. Wir fahren deshalb eine Strategie, die zweigleisig ist. Wir bauen, wir zielen neben dem Großseriengeschäft für Automobiler auch auf kleinere Antriebe, was sich heute Mikro-Mobilitätsmarkt nennt und hoffen da bereits 2024 in Kleinserie zu gehen, also in kleinen Stückzahlen. Das heißt mehrere Tausend pro Jahr, das sind natürlich im Automobilbereich noch kleine Stückzahlen, in Kleinserie zu gehen und perspektivisch dann 2026 in die Großserie im echten Pkw-Segment, im „echten“ natürlich. Auch ein Mikro-Mobilitätsauto kann ein echter Pkw sein, aber wenn wir jetzt an das, was man heute als Pkw versteht, denkt, da möchten wir 2026 in Serie gehen.
Sebastian
Hört sich spannend an, aber mit dem Pkw, ist klar. Es ist immer ein wenig schwierig, das richtig auszudrücken, dass da jede Partei sich gesehen fühlt, aber ich glaube, wir haben verstanden, was du meinst. Das heißt, ihr könnt aber die Erfahrung, die ihr in dem Bereich der Mikromobilität dann sammelt, auch in die Großserie auf die, ich sage mal, echten Pkws übertragen. Seht ihr da auch einen Vorteil für euch dann in der Entwicklung noch mal?
Alexander Rosen
Auf jeden Fall ja, weil natürlich das Thema, wenn wir jetzt Radnabenantriebe verbauen, dann fährt ein Auto im Mikro-Mobilitätsbereich auf den gleichen Straßen, muss mit den gleichen Umgebungsrandbedingungen klarkommen. Das heißt, mit Salz, Sprühnebel im Winter, mit schlechten Straßenbedingungen, Vibrationen etc. Das, was den Mikro-Mobilitätsmarkt unterscheidet vom Pkw-Markt, ist oft die Spannungslage. Wir sind bei Mikro-Mobilitätsanwendungen oft im Bereich 48 Volt unterwegs, während die großen Pkws heute eher im Bereich 400, eher sogar 800 Volt, um auch noch mal schnelles Laden zu ermöglichen. Das heißt, da ist dann noch mal ein Entwicklungssprung da, aber alles, was jetzt das Thema Umgebungsrandbedingungen, Verhalten von Radnabenantrieben in Autos angeht, können wir natürlich viel lernen.
Sebastian
Und dieser Wechsel von 48 auf 400 Volt oder gar auf 800 Volt wäre jetzt nicht die große Hürde dann sozusagen in dem Schritt.
Alexander Rosen
Ja, es muss natürlich berücksichtigt werden in der Elektronik, in den Halbleitern, in der Isolation, aber es ist etwas, was definitiv machbar ist.
Sebastian
Nur um da noch mal unsere Hörer, Hörerinnen abzuholen vom Vorteil her. Du hast jetzt vorhin gesagt, man spart so 20 bis 30 % Energieverbrauch, der im Moment im Antrieb verloren geht. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass ich dementsprechend mehr Reichweite am Ende auf meinem Tacho digital, dann sehe und hoffentlich auch auf der Straße zurücklegen kann.
Alexander Rosen
Ja, ganz genau. Wir haben jetzt sehr intensiv Studien gerechnet, mit Fahrzeugen aus dem Stand der Technik von heute und da sehen wir eigentlich durch die Bank, dass man die Reichweite jetzt im standardisierten Zyklus, zum Beispiel im WLTP heute, um die angesprochenen 15 bis 20 % steigern kann. Das heißt, ein Fahrzeug, was heute vielleicht 450 Kilometer weit kommt, kommt dann 530 bis vielleicht sogar 550 Kilometer weit. Das ist natürlich ein starkes Argument auch für den Endkunden.
Sebastian
Jetzt haben wir diese Reichweitensteigerung. Wir haben die Effizienz im Energieverbrauch, dann sozusagen, worauf die Reichweitensteigerung begründet ist. Wie ist es aber vom Thema Kosten? Ich sage mal, ich kenne die Automobilindustrie jetzt auch schon ziemlich gut und weiß, dass da stark darauf geachtet wird, weil auch eine gewisse Marge dann hängen bleiben soll. Wie seid ihr denn da positioniert? Sind da eure Radnabenmotoren vergleichbar günstiger oder fallen die dann doch teurer aus? Weil ich denke, das wird dann auch die Hürde sein, um da den Einstieg, neben den technischen Voraussetzungen natürlich, auch in die Großserie zu schaffen.
Alexander Rosen
Ja, definitiv. Das war auch von Anfang an Zielentwicklung und auch etwas, was wir schaffen werden. Unser Ziel ist es, wettbewerbsfähig zu sein, zu einem Standardantrieb heute. Das heißt, die gleichen Kosten darzustellen, wie ein Hersteller heute für seine Drive Unit, also Inverter, Getriebe plus E-Maschine bezahlt, dabei aber dann den Vorteil der höheren Effizienz, der höheren Reichweite und auch mehr Platz im Auto darstellen zu können. Das heißt, ohne dass man das schafft.
Man muss kostenmäßig konkurrenzfähig sein, was im Automobilbereich vor allem heißt, dass man Material sparend unterwegs sein muss, weil die Materialien, die in Maschinen verbaut sind, das ist Kupfer, das sind Magnete, das ist Eisen, also recht hochwertige Eisenbleche, die verbaut werden, die sind sehr teuer, die sind knapp. Das ist eben ein Punkt, auf den wir auch abzielen mit der Technologie. Wir möchten in Bezug auf, man kann das ausdrücken, in Drehmoment der Maschine pro Gewicht, müssen wir sehr gut sein und sind wir auch sehr gut, um diese Rohstoffkosten in Grenzen zu halten und konkurrenzfähig zu werden zu den heute angebotenen Produkten.
Sebastian
Wie ist es für mich jetzt als Fahrer, wenn ich sage, mal, gehen wir davon aus, das Fahrzeug mit euren Radnabenmotoren ist auf der Straße. Besteht dann auch die Möglichkeit bei der Instandhaltung, wenn da jetzt einer versagt, den auch einzeln auszutauschen? Ist das Fahrzeug hinüber oder welche Lösung habt ihr da angedacht, weil so was könnte ja auch vorkommen?
Alexander Rosen
Ja, definitiv. Ein Austausch von Einheiten ist definitiv vorgesehen und auch möglich, wobei wir natürlich im Automobil sehr hohe Zuverlässigkeiten anstreben immer. Das ist auch heute schon der Fall. Unsere Antriebe oder Motoren fallen selten aus, sollen sie nicht. Sind auch auf Fahrzeuglebensdauer ausgelegt. Falls das vorkommt, wäre ein Austausch von einzelnen Einheiten definitiv möglich. Es ist auch vorstellbar, dass man durch die Redundanz im System, weil bei Radnabenantrieben habe ich immer mindestens zwei verbaut, dass ich auch noch nach Hause fahren könnte, mit einem defekten System, praktisch so einen Notlaufbetrieb zu ermöglichen. Das sind Themen, die können gerade dann interessant werden, wenn man später in Richtung autonome Fahrzeuge schaut. Dann wird es sehr hohe Anforderungen an Verfügbarkeit geben, weil Liegenbleiben einfach überhaupt nicht akzeptiert werden würden von Kunden. Das ist ein interessanter Aspekt von Radnabenantrieben.
Sebastian
Das ist ein spannender Aspekt vor allem und auch eine schöne Tatsache, dass man dann zumindest ein paar Kilometer weit fahren könnte, sozusagen. Auch da wird es wie mit dem Reserverad sein. Man soll es nicht ausreizen, dann schlussendlich, aber gerade das Thema Platz. Wie wird das denn wahrgenommen, den ihr da gewinnt? Das ist, denke ich, auch ein großer Vorteil für die Automobiler, wenn die dann noch mal im Fahrzeug Platz schaffen, sozusagen. Ich meine, die E-Motoren an sich sind schon kompakter, wie wir sie heute kennen, wodurch dann Frunks und so was in der Richtung möglich sind, aber da wäre dann, von meinem Gefühl her, noch mal viel mehr Platz vorhanden im Fahrzeug selbst.
Alexander Rosen
Und das Ganze hat zwei wichtige Aspekte. Das eine ist Fahrzeughersteller oder Fahrzeugdesigner gewinnen natürlich Gestaltungsfreiheit für den Innenraum, aber auch für die Gestaltung der Karosserie. Da gibt es ein sehr interessantes Fahrzeug, was gerade am Markt erscheint. Das ist der Lightyear aus den Niederlanden. Das ist ein Fahrzeug, was stark auf Effizienz getrimmt ist. Der verwendet Radnabenantriebe an der Hinterachse und nutzt den zur Verfügung stehenden Platz insofern aus, als er das Fahrzeug sehr stark an die Tropfenform annähert, also eine stark abfallende Karosserie-Form zum Heck hin darstellt, was der Aerodynamik zugutekommt.
Das heißt, das ist so eine Stoßrichtung, in die man gehen kann, wenn ich Radnabenantriebe einsetze, Platz im Fahrzeug gewinne, dann kann ich die Karosserie aerodynamischer formen. Das ist eine Möglichkeit, das Ganze auszunutzen. Es hat aber noch einen anderen Aspekt und den halten wir für sehr wichtig aus Sicht von Ökonomie. Die Batteriezellen, die heute angeboten werden, sind sehr stark optimiert auf Energiedichte pro Volumen, was einfach mit der Tatsache zu tun, dass der Platz in einem Auto begrenzt ist und ich sehr viel Energie auf wenig Bauraum unterbringen muss. Das ist aber ein Problem, was Kosten angeht, weil Batteriezellen, die in dieser Beziehung schlechter sind, die weniger Energie pro Volumen unterbringen, können zum Teil deutlich günstiger hergestellt werden.
Das sind unter anderem Lithium-Eisenphosphat-Batterien, wie jetzt im Tesla Model 3 in dem Standard Range eingesetzt werden oder perspektivisch Natrium-Ionen-Batterien. Die haben beide mit der Problematik zu kämpfen, dass sie pro Volumen deutlich weniger Batteriekapazität unterbringen können und da sind Radnabenantriebe natürlich ein echter Weg, weil ich einfach den zur Verfügung stehenden Platz zwischen den Rädern jetzt nicht mehr brauche für den Antrieb, sondern für Batterie benutzen kann. Damit ich die Möglichkeit gewinne, Zellchemie einzusetzen, die deutlich günstiger pro Kilowattstunde sind. Das ist noch mal ein großer Hebel in den Kosten für Elektroautos.
Sebastian
Ich finde vor allem, dieser Platzgewinn, dass der auch effizient genutzt wird, weil, nur wenn der Platz da ist, aber nicht genutzt wird, dann hat man eigentlich auch nichts gewonnen. Klar, man spart noch mal Gewicht wahrscheinlich ein, aber so wie du es ausgeführt hast, wenn man es dann verwendet, um dann andere Batteriezellen oder mit einer anderen Zellchemie da zu verwenden, wäre es ausgezeichnet. Von dem Lightyear Zero, von dem du wahrscheinlich gesprochen hast, habe ich vorhin gerade gelesen, der hat auch den effizientesten Luftwiderstandswert von einem Serienfahrzeug, das jetzt auf die Straße kommt in naher Zukunft und da tragt ihr dann, zwar jetzt nicht zu dem Luftwiderstandswert bei, aber der Radnabenmotor an sich, wie er auch von euch angedacht ist, ist dann natürlich auch wichtiger Bestandteil, damit das überhaupt erst mal zum Tragen kommen kann vom Design her, wenn ich dich da richtig verstanden habe.
Alexander Rosen
Ja, ganz genau, wobei wir jetzt nicht der Lieferant für den Lightyear sind. Dafür waren wir zu spät, aber genau in die Richtung kann das eben gehen.
Sebastian
Wie ist es? Beim Verbrenner kenne ich es zumindest so, dass der Motor auch eine gewisse Knautschzone dann sozusagen ist bei einem Frontunfall. Bei E-Motoren spielt da wahrscheinlich schon eine untergeordnete Rolle, sage ich mal, weil der wenige Platz einnimmt, aber wenn das bei euch verschwindet, das wird ja auch eine Herausforderung dann trotzdem für die Automobiler sein, das Fahrzeug entsprechend sicher auf die Straße zu bringen. Müsst ihr euch damit auch beschäftigen oder sagt ihr, ihr, bietet eure Lösung an und schaut dann, dass die Automobilindustrie oder die Hersteller selbst daraus lernen?
Alexander Rosen
Ja, das kommt jetzt ganz darauf an. In unserer Vision der Plattformen sind es natürlich auch Themen, die wir selber angehen wollen als Unternehmen. Wir sehen es eher als Vorteil. Wir haben die Motoren nicht mehr da als Block, der praktisch auch in die Fahrgastzelle intrudieren könnte, sondern haben jetzt gestalterischen Freiraum für Crash-Elemente und den können die Fahrzeughersteller nutzen. Wir sehen es dann eigentlich eher als Vorteil, dass diese sehr starre und steife Box von E-Maschine und Getriebe eben nicht mehr vorn oder hinten im Fahrzeug ist und aus der Fahrgastzelle rausgehalten werden muss.
Sebastian
Okay, wenn ihr es als eure Plattform sozusagen denkt und die Plattform an sich, hast du vorhin eingangs erwähnt, das ist ja erst so die Vision. Die sehen wir dann eher nach 2026 oder entwickelt ihr die parallel jetzt auch weiter, um da entsprechende Lösungen anzubieten, falls da jetzt ein Automobiler, kleiner, mittelständischer ankommt? Ich meine, gerade beim Auto ist es dann doch einfacher, vermeintlich einfacher, Fahrzeuge auf die Straße zu bringen als beim Verbrenner oder ist das tatsächlich ein Projekt, was jetzt stark nachgelagert ist?
Alexander Rosen
Nein, das ist schon was, was wir auch weiterverfolgen, genau aus dem Punkt, den du gerade gesagt hast. Eigentlich müsste es einfacher sein, ein Elektrofahrzeug auf die Straße zu bringen. Wir sehen aber, was passiert ist in den letzten Jahren. Es gab Hunderte von Elektroauto-Start-ups und von denen haben nicht viele überlebt. Es haben einige große chinesische Start-ups überlebt und Tesla und jetzt in jüngerer Zukunft eben auch Firma Rivian und Lucid, die es offensichtlich geschafft haben, Fahrzeuge dann auch in Serie an den Markt zu bringen.
Daneben gibt es aber eine Vielzahl an Playern, die damit gescheitert ist. Das liegt, aus unserer Sicht, einfach auch oft daran, dass ein Auto, auch wenn man es nur elektrisch antreibt, ein sehr komplexes Gebilde ist, sehr komplex ist zu industrialisieren, gerade in Serie zu bringen. Da sehen wir eben die große Chance, wenn man alles, das, was ohnehin bei jedem Auto gleich ist, jedes Auto hat vier Räder und muss fahren, überspitzt formuliert. Wenn man das eher in eine Zulieferer-Struktur bringt und das dann denkt als Plattform, die dann für viele Hersteller gleich ist und die Variation dann aber dort stattfindet, wo der Kunde es auch merkt, nämlich in der Fahrgastzelle, in der Gestaltung des Autos, im Infotainment, im Innenraum.
All das, was eigentlich heute Kunden bewegt, Autos zu kaufen und nicht mehr der Antrieb an sich. Da sehen wir eben die große Chance, als Anbieter von Plattformen vielen Playern den Eintritt in diesen Markt zu ermöglichen und den Weg zu einem Elektroauto einfach viel kürzer zu machen für Start-ups wie uns, die aber dann ein Fahrzeug bauen wollen.
Sebastian
Hört sich gut an und lässt die E-Mobilität noch mal ein Stück weit wachsen. Jetzt hast du das Überleben angesprochen, sozusagen, bei diesen ganzen E-Auto-Start-ups, die es gab. Jetzt gibt es auch in eurem Bereich der Radnabenmotoren den einen oder anderen Marktbegleiter, nenne ich es jetzt mal. Was hebt euch denn da hervor von denen? Was macht ihr anders? Was macht ihr besser, um euch da auch abzusetzen oder auch ein Stück weit ein Vorteil mit auf die Straße zu bringen?
Alexander Rosen
Ja, eigentlich zwei große Punkte. Das eine ist Technologie und Funktion. Wir sind gegenüber dem Wettbewerb deutlich leichter, bei gegebener Leistung und gegebenem Drehmoment. Wir sind leiser. Viele Marktbegleiter hatten in der Vergangenheit Probleme mit Geräuschentwicklung bei Radnabenantrieben. Das ist etwas, was wir überhaupt nicht haben. Da sind wir hervorragend aufgestellt. Und der zweite Punkt Kosten. Aus unserer Sicht oder das, was wir in vielen Analysen festgestellt haben, ist, das große Markthemmnis für Radnabenantriebe war bisher nicht unbedingt technischer Natur, sondern eher Kostennatur. Die waren bisher einfach viel zu teuer, die Systeme und das ist eben das, wo wir ansetzen wollen. Wir möchten den Radnabenantrieb, wie eben erwähnt, gleichwertig, kostenmäßig gleichwertig zum heutigen Standardantrieb machen. Heißt Standardantrieb, E-Maschine plus Getriebe plus Inverter und aber die großen Vorteile von Radnabenantrieben bieten. Das ist das, was uns abhebt vom Wettbewerb.
Sebastian
Vielen Dank für die Einblicke, Alexander. Da haben wir doch einiges mitgenommen, jetzt schon heute von DeepDrive, die du uns hast einblicken lassen. Ich denke, wir tauschen uns da vielleicht in naher Zukunft dann noch mal aus, wenn die Gespräche vorangeschritten sind, mit den sieben OEMs und wahrscheinlich mit der Industrie an sich und würde mich interessieren und wir werden es auch definitiv verfolgen bei uns auf dem Portal, wo die Reise für euch dann hingeht.