Volkswagen: Ein Konzern im Umbruch

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Hannes Dollinger
Hannes Dollinger
  —  Lesedauer 4 min

Volkswagen macht schwierige Zeiten durch. Die schwächelnde Nachfrage nach Elektroautos, der Druck durch strengere Umweltauflagen und sinkende Einnahmen, machen dem Unternehmen zu schaffen. Volkswagens Marktanteil im lukrativen China sinkt, bedingt durch die wachsende Konkurrenz chinesischer Hersteller. Die umstrittenen Kürzungen bis hin zu Werkschließungen in Deutschland tragen dabei auch nicht unbedingt zur Beliebtheit der Marke auf dem heimischen Markt bei.  Es herrscht hoher Bedarf an guten Ideen im Konzern. Was plant VW für die Zukunft, und wie will man sich in schweren Zeiten neu aufstellen?

Martin Sander, seit Juli Vertriebschef bei Volkswagen, spricht offen über die Herausforderungen der Branche. Für ihn steht fest, dass die Unsicherheit im Automobilsektor nicht verschwinden wird. Energiepreise, geopolitische Konflikte und neue Wettbewerber aus China und den USA zwingen den Konzern zu größerer Flexibilität und mutigen Entscheidungen. „Wir müssen akzeptieren, dass unsere Branche nicht mehr so stabil ist wie früher. Statt langfristige Pläne zu verfolgen, müssen wir in Szenarien denken und flexibel agieren“, erklärt Sander. Er sieht das jedoch nicht nur als Bedrohung, sondern auch als Chance, Dinge anders anzugehen.

Besonderen Wert legt Sander darauf, die Akzeptanz von Elektroautos zu steigern. Dabei sieht er Probefahrten als Schlüssel: „Unsere Kunden müssen selbst erleben, wie einfach das Laden ist und wie viel Spaß das Fahren macht.“ Dabei steht auch das umstrittene Agenturmodell auf dem Prüfstand. VW will die Händler, die sich um ihre Kompetenzen und ihre Margen betrogen fühlen, wieder mehr beteiligen. Denn nur zufriedene Händler sorgen für ein positives Verkaufserlebnis.

Neue Designsprache für ID-Modelle

Gleichzeitig will VW mit E-Autos für unter 25.000 Euro die Elektromobilität für die verlorengegangenen Kunden attraktiver machen. Besonders der ID.2, der als Kompakt-Crossover auch mit einer GTI-Variante erscheinen soll, wird als wichtiger Baustein in der neuen Modellpalette gesehen. Das Modell wurde als Polo-großes E-Auto vorgestellt, und soll nicht nur durch seine Preisgestaltung die Elektromobilität unter Volkswagen-Fans beliebter machen. Die neue Designsprache orientiert sich am Konzeptfahrzeug ID.2all und greift vertraute Elemente früherer Golf-Generationen auf.

Volkswagen will ab 2026 auch die vorhandenen ID-Modelle wie den ID.3 und ID.4 umfassend überarbeiten. Kai Grünitz, Entwicklungschef bei VW, sagte dazu auf der Los Angeles Auto Show, dass die Autos nicht nur optisch moderner, sondern auch effizienter in der Herstellung werden sollen. „Wir wollen zeigen, dass sich mehr geändert hat, als die Kunden erwarten“, so Grünitz.

Fortschritte in der Software dank Rivian

Noch ein entscheidender Faktor für die Zukunft von Volkswagen sind die Aktivitäten auf dem US-Markt. Dazu wurde die Marke Scout präsentiert, mit der VW den Amerikanern Pick-ups im klassischem Design verkaufen möchte. Weitreichender ist die Zusammenarbeit mit Rivian. Das US-Start-up bringt wichtige Erfahrungen in der Entwicklung moderner Software-Architekturen und Over-the-Air-Updates ein. Diese Kompetenzen hat Volkswagen mit seiner Tochter Cariad selbst nicht hinbekommen. Jetzt will VW die Expertise des US Herstellers nutzen, um die Software in den eigenen Autos zu verbessern und seine Position im amerikanischen Markt zu stärken.

Grünitz betonte, dass auch Rivians agile Prozesse eine wertvolle Ergänzung zu Volkswagens eigener Expertise in der Fahrzeugproduktion darstellen: „Diese Partnerschaft erlaubt es uns, die neue SSP-Plattform so zu entwickeln, dass sie in ihrer Flexibilität und Effizienz neue Maßstäbe setzt.“ Die SSP-Plattform soll in Zukunft die Basis für alle Konzernmodelle bilden – vom Stadtauto bis zum Hochleistungsfahrzeug.

Anpassung an Euro-7: Schlankere Modellpalette

Mit der Einführung der Euro-7-Abgasnorm ab 2026 wird Volkswagen seine Verbrennerflotte weiter verkleinern müssen. Gleichzeitig plant der Konzern, mehr Autos mit Mild-Hybrid-Technologie anzubieten. Die gute Nachricht für den Kleinwagen Polo: Der bleibt als wichtiger Bestandteil der Produktpalette erhalten und soll auch umfassend überarbeitet werden. Das bestätigte Grünitz am Rande der Los Angeles Auto Show ebenfalls.

Volkswagen steht vor einer Doppelaufgabe: Während Stellenabbau und Werksschließungen die internen Strukturen verschlanken sollen, investiert der Konzern massiv und versucht sich mit neuen Marken und Kooperationen breiter aufzustellen. Technologische Innovation, neue Strukturen und Investitionen in neue und verbesserte Modelle sollen auch die elektrischen Volkswagen für die Kunden attraktiver machen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wohin die Reise für VW geht.

Quelle: Autocar – Volkswagen to overhaul entire electric car line-up in 2026

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Hannes Dollinger

Hannes Dollinger

Hannes Dollinger schreibt seit Februar 2023 für Elektroauto-News.net. Profitiert hierbei von seinen eigenen Erfahrungen aus der Welt der Elektromobilität.
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gnal:

Niemals!

Gerd:

Die Erkenntnis für mich: Wer jetzt noch einen dieser aufgedunsenen IDs kauft, ist 2026 mit dem Erscheinen der neuen Modelle der klassische Erstserien-Verlierer.
Immerhin bietet VW ab und zu schon Leasingoptionen an, die nicht mehr völlig am Markt vorbei gehen.

Willy:

Mit einem Skoda Elroq wäre er das eine Jahr besser gefahren.

Gregor:

„will ab 2026 auch die vorhandenen ID-Modelle wie den ID.3 und ID.4 umfassend überarbeiten“
da fährt mein alter VW geprägter Vater schon ein Jahr mit seinem EV3 herum. Weil der jetzt schon da ist und jetzt schon im Innenraum keine Zumutung ist.

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