Elektroplattformen von BYD, BMW, Mercedes, Stellantis und VW im Vergleich

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Stellantis

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 5 min

BYD schockt die internationale Konkurrenz nicht nur mit seinen wirtschaftlichen Steigerungsraten im mittleren zweistelligen Bereich, sondern insbesondere der neuen Elektroplattform, die das Nachladen von E-Autos so schnell wie Tanken werden lässt. Was können die Plattformen von Audi, BMW, Mercedes, Volkswagen oder Stellantis dem entgegensetzen?

Die europäische Autoindustrie taumelt – und das begann weit vor den jüngsten Zollandrohungen von US-Präsident Donald Trump, die Fahrzeuge in den Vereinigten Staaten 25 Prozent teurer machen. Technologisch gesehen kommt der härteste Gegenwind derzeit aus China, denn hier ist die Schlagzahl bei Elektromotoren, Batterie- und Ladetechnik deutlich größer als anderswo. Was ein Auto kann und wieviel der Hersteller mit ihm verdienen kann, wird längst durch die Plattform entschieden. Ist das Skateboard flexibel für mehrere Antriebsarten einzusetzen und ist die Größe bei Radstand, Spurweite oder Aufbau variabel anzupassen?

Mercedes führt mit seiner neuen Einstiegsfamilie rund um den CLA die MMA-Elektroplattform ein, die erstmals vernetzte Fahrerassistenzsysteme, 800-Volt-Bordnetz und sogar Verbrennertriebwerke ermöglicht. Die Ladeleistung der neuen Mercedes-Modelle von mehr als 320 kW hilft, die Stromtank-Pausen mit den zukünftigen vier Modellen auf der MMA-Plattform möglichst kurz zu halten. In zehn Minuten soll so Energie für mehr als 300 km in die Akkus fließen, die von Mercedes selbst entwickelt worden und sich durch eine besonders flache Bauweise auszeichnen. Die größeren Akkus haben eine Siliziumoxid-Anode, die anderen sind mit einer Lithium-Eisen-Phosphat-Kathode bestückt. Vorteil: Hardcase-Zellen sind in vier großen Modulen zusammengefasst und daher reparaturfähig.

BMW setzt demnächst alles auf die E-Autos der sogenannten Neuen Klasse. Das erste Modell wird Ende des Jahres der neue iX3 sein, im kommenden Jahr die Limousine i3 folgen. Nicht nur bei Batterie und Motoren, sondern gerade auch bei Steuergeräten und Software wird ab diesen beiden Modellen kaum noch etwas so sein wie bisher. Mit der neuen Plattform wechseln die Münchner auf selbstentwickelte zylindrische Zellen. Zwei Varianten stehen zur Wahl: eine mit 95 Millimetern und eine mit 120 Millimetern Höhe. Der Durchmesser bleibt mit 46 Millimetern gleich. Das Pack-to-open-Body-Konzept sorgt für eine niedrige Bauhöhe und eine Verringerung von Gewicht und Kosten. Vernetzt sind die Plattformmodule durch vier Hochleistungsrechner, die Funktionen wie Infotainment, automatisiertes Fahren, Betrieb oder Fahrdynamik miteinander vernetzen. Diese Superhirne bringen gegenüber der aktuellen Fahrzeuggeneration mehr als die 20-fache Rechenleistung.

Große Schritte bei seinen Plattformen vergeblich sucht man bei VW, der Kernmarke im gewaltigen Volkswagen-Konsortium. VW konzentriert sich aktuell auf das Kleinwagen-Doppel ID.1 und ID.2, das rein elektrisch an alte Wolfsburger Erfolge anknüpfen soll. Auch wenn es beim Design in die richtige Richtung geht, selbst Vorzeigemodelle wie ID.7 oder ID Buzz sind mit 400-Volt-Technik unterwegs und laden mit maximal 200 Kilowatt. Viele Volkswagen-Modelle riegeln auf der linken Autobahnspur bei Tempo 160 ab und der modulare Elektrobaukasten ermöglicht mit seinen derzeit maximal 250 kW / 340 PS selbst für vermeintliche Sportversionen nur 210 km/h Maximaltempo.

BYD hängt alle ab

Ganz anders sieht es bei BYD aus, insbesondere in China der größte Volkswagen-Konkurrent. BYD bietet auf seiner neuen Elektroplattform eine gigantische Ladeleistung von bis zu 1000 Kilowatt an. Die neuen Hypercharger mit speziell flüssigkeitsgekühlten Kabeln schaffen sogar bis zu 1360 Kilowatt. Die sogenannte Super-E-Plattform lässt den Energieriegel in einer neuen Abstimmung von Elektromotoren, Steuergeräten und Akkupaket pro Sekunde um zwei Kilometer erstarken. In fünf Minuten sind somit 400 zusätzliche Kilometer drin – das ist Verbrennerniveau an der Tankstelle.

In einem ersten Schritt ist die Plattform am Heck mit einem einzelnen Elektroantrieb (bis zu 30.000 U/min) unterwegs, der gewaltige 580 kW / 789 PS stark ist. Modelle wie der Han L oder ein Tang L sind damit auf Wunsch bis zu 300 km/h schnell. „Diese neue Technologie wird dazu beitragen, den größten verbleibenden Kritikpunkt der Nutzer von Elektroautos zu beseitigen“, sagt Wang Chuanfu, Vorstandsvorsitzender der BYD Group, „unser Ziel ist es, das Laden von E-Autos so schnell wie das Tanken eines Verbrenners zu machen.“ Zudem verfügt das BYD-Paket über eine sogenannte Flash Charging Battery, die über einen besonders schnellen Ionenkanal von der Anode zur Kathode verfügt.

Auch Stellantis hat als Konzernmutter von Marken wie Peugeot, Citroen oder Opel gerade keine technologische Antwort auf BYD. Die neue STLA-Plattform liefert gerade einmal 160 Kilowatt an einem Hypercharger, der bei diesem Tempo an sich gar keiner ist. Immerhin ist die Plattform so flexibel, dass sie mit dem 1500er Ram Charger auch einem Fullsize-Pick-Up eine wohlige Heimat bieten soll. Der ist nicht rein elektrisch, sondern der Elektroantrieb ist mit einem Drei-Liter-Sechszylinder gekoppelt. Für Modelle auf dem europäischen Markt wie E-3008 und E-5008 produziert beispielsweise Peugeot seine Batteriepakete in Sochaux mit Modulen aus der Gigafactory in Billy Berclau/Douvrin. Die STLA-Medium-Plattform ermöglicht eine um 15 Millimeter dickere Batterie, ohne dass das Platzangebot im Innenraum leidet.

Deutsche Premiumhersteller wollen aufholen

Etwas besser sieht es bei der deutschen Premiumkonkurrenz aus. Porsche und Audi sind bereits seit Jahren mit einem 800-Volt-Bordnetz unterwegs. Konnten Modelle wie Audi E-Tron GT oder Porsche Taycan anfangs bereits mit 270 Kilowatt laden, so sind nunmehr bis zu 320 Kilowatt drin und die Realreichweiten verärgern die Kunden nicht mehr, wie sie es in der ersten Generation getan haben. Nachdem Volvo, Mercedes und BMW bei ihren Elektromodellen bisher beim Ladetempo ebenfalls patzten und selbst Luxusmodelle wie BMW i7, Mercedes EQS oder Volvo EX90 bei rund 200 Kilowatt einschliefen, kommt mit den neuen Modellgenerationen ein großer Schritt nach vorn.

Der Mercedes CLA als erstes Modell auf der MMA-Plattform mit 800-Volt-Netz und 320 Kilowatt Maximalladung soll Tesla ebenso wehtun wie BMW, die mit dem Doppelpack aus i3 / iX3 als erste Modelle der Neuen Klasse endlich ebenfalls 800 Volt und eine neue, deutlich verschlankte Architektur aus Zentralrechnern bieten. Mindestens ebenso wichtig: Die Modelle der Neuen Klasse sollen 20 Prozent effizienter sein, 30 Prozent schneller laden und das elektrische Antriebssystem nur rund die Hälfte der bisherigen kosten. Möglich gemacht durch die neue Plattform.

Volvo steigt mit der neuen Elektrolimousine ES90 ab Ende des Jahres ebenfalls auf 800-Volt-Technik um. Schmerzhaft für die Kunden des aktuellen Topmodells EX90, der bis zur Modellpflege mit 400-Volt-Plattform noch hinterherfährt. „Auf dem Weg zur vollständigen Elektrifizierung ist unsere 800-Volt-Technik ein weiteres wichtiges Upgrade für unsere Kunden“, sagt Anders Bell, Chief Engineering Officer bei Volvo, „sie macht unsere Elektroautos noch effizienter, hilft beim schnelleren Laden und sorgt dafür, dass man mit einer einzigen Ladung weiter kommt.“ Mit dem größeren 106-kWh-Batteriepaket schafft der Volvo ES90 AWD 700 Kilometer Normreichweite und dank 350-kW-Ladetempo erstarkt das Batteriepaket im Unterboden von 10 bis 80 Prozent in 20 Minuten.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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Oliver:

Etwas dürftig was hier über Stellantis berichtet wird. Zum einen ist die Plattform bereits für 800 Volt vorbereitet und kann daher quasi sofort umgestellt werden. Zudem ist auch hier die Verbrenner Implementierung möglich beziehungsweise wird ja umgesetzt.

Hans-Peter Leemann:

Die Formel wäre eigentlich ganz einfach: Maximum 300 KW, maximum 160 KMH, minimale Reichweite für Stadtmodelle 200 km, für übrige Modelle 800 km, Preise für Stadtmodelle 15000-35000, für übrige Modelle maximal 150000 , alles andere wird durch Querfianzierung verzehrt !

Gastschreiber:

In der Theorie und bei Marketingveranstaltungen sieht es wohl gerne für die Presse so aus, als ob die hiesige Industrie hinterherhinkt.
Ich kann nur auf Basis meiner beschränkten Sicht die Plattformen, natürlich nur die aktuellen und nicht kommenden beurteilen und da stelle ich dann regelmäßig fest, von den blumigen Ansagen bleibt bei Tesla und BYD am Ende sehr wenig übrig im Auto.
Mir ist ein zulässiges und konstant funktionierendes 400V System inzwischen lieber als ein Papier-800V SuperDuper System wie die Bladetechnologie.
Wie es besser geht in 800V, das zeigen bspw. Audi und Porsche aktuell. Kein Cold- oder Rapidgateverhalten wie die Blades.
Auf die kommenden BMW und Mercedesplattformen darf man gespannt sein und VW optimiert, eher still, kontinuierlich seinen MEB Baukasten immer mehr in Richtung bessere Alltagsperformance.

Wolfbrecht Gösebert:

„Wie immer gegen alles und jeden[,] egal welche Technologien es sind.“

Bitte nicht plappern: Ich nenne EINEN KONKRETEN Kritikpunkt–> 210/300 km/h –> NICHT »alles« und »jedes«!

Wolfbrecht Gösebert:

„Allerdings sollte man den Kontext nicht einfach weglassen[ ]…“

Habe ich nicht –> lies einfach genauer: Ich sprach WÖRTLICH von »Sätzen« UND »Zitaten« des Autors«.

Und Wang Chuanfu (Vorstandsvorsitzender der BYD Group) wurde mit GENAU diesem Satz von S.G. zitiert!
Kann ja jeder gaaanz einfach hier in obigem Artikel nachlesen. Merke: Eben DIESE *Auswahl* ist kein Zufall.

Stefan S:

Ja, die Chinesen sind schneller und haben mehr Leistung. Wo man in China so schnell fahren soll bzw. Im rest der Welt so schnell fahren soll und darf ist mir nicht klar. Aber auf dem Nürburgring sollte es gehen.
Da geht es immer um Autos mit Preisen über 50k für Leute die für einen besseren Sitz auch 1-2kEuro oder mehr ausgeben.
Die kleine Preiswerten Autos für den Normalbürger laden auch immer n China nicht so schnell. Und mal ehrlich, schnell laden muss man nur bei Langstrecken Fahrten.
Bei mir wären das bei ca. 10000 km pro Jahr etwa 4-6 mal im Jahr. Dafür würde ich kein Auto für 10k mehr ausgeben.
Berufsfahrer Vertreter usw. Haben davon eine Nutzen. Normal Autofahrer warten noch ein paar Jahre, dann wird die Technik auch preiswerter verfügbar sein.
An ein Fahrgefühl wie bei einem Rolls-Royce kommt keins der genannten Autos ran, aber ist das wirklich erstrebenswert?
Ich möchte trocken und gut temperiert in annehmbarer Zeit von a nach b kommen. Schnell laden ist schön, aber nicht mehr das Problem.
CO2 Ausstoß und Erderwärmung sind die Probleme, nicht Luxusmobilität.

R. D.:

Allerdings sollte man den Kontext nicht einfach weglassen… „…den größten verbleibenden Kritikpunkt der Nutzer von Elektroautos zu beseitigen“, stammt nicht von Autor hier und bezieht sich offensichtlich auf die Plattform sowie konkret auf das Ladeverhalten, denn im Kontext wurde geschrieben „Diese neue Technologie wird dazu beitragen, den größten verbleibenden Kritikpunkt der Nutzer von Elektroautos zu beseitigen“, sagt Wang Chuanfu, Vorstandsvorsitzender der BYD Group, „unser Ziel ist es, das Laden von E-Autos so schnell wie das Tanken eines Verbrenners zu machen.“

Groß:

Wann öffnet man in Deutschland die Augen?
Wie immer gegen alles und jeden egal welche Technologien es sind.
Das ist eine Sichtweise mit Scheuklappen und genau diese lässt Deutschland immer mehr verlieren.
Traurig aber Wahr.

Eauto:

Was willst du mit 210 km/h auf deutschen Autobahnen ist ja nur Staus oder Baustellen

Wolfbrecht Gösebert:

„Ein FCEV ist in Produktion und Verbreitung halt tatsächlich etwas schwieriger, …“

Sag‘ ich doch seit Jahrenden :) –> und AUßERDEM wartungsaufwendig, mit heftigem Wertverlust, … (tbc).

Zum Inster sag‘ ich mal nichts – dessen Frontansicht kann ich einfach nicht ertragen (sorry!).

„Das Problem mit dem Frontera ist, dass es ihn hierzulande bisher nur auf dem Papier gibt.“

Im weitgehend positiven ADAC-Bericht („Opel Frontera: Mehr Auto braucht niemand“) lese ich:
„Im März 2025 rollt der *neue* Opel Frontera […] zu den Händlern.“ –> Wenn der für Dich passt?!
Klar ist: Wenn der Händler weiß :) dass ein neues Modell kommt, stellt er sich den „Alten“ eher nicht hin …

BTW: Beim Frontera unbedingt an den 3-Phasen-Lader denken (11 kW); 7,4 kW 1-Ph. sind ein KRAMPF!

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