Lyten muss nach Northvolt-Übernahme Investoren überzeugen

Cover Image for Lyten muss nach Northvolt-Übernahme Investoren überzeugen
Copyright ©

Alexanderstock23 / Shutterstock.com

Tobias Stahl
Tobias Stahl
  —  Lesedauer 5 min

Der US-amerikanische Batteriehersteller Lyten hatte im Juli bekannt gegeben, die Batteriespeicherfabrik des insolventen Herstellers Northvolt im polnischen Danzig übernehmen zu wollen. Anfang August gab das Start-up-Unternehmen aus dem Silicon Valley dann bekannt, sämtliche Vermögenswerte von Northvolt übernehmen zu wollen – zur Überraschung einiger Experten: „Lyten ist ein Name, den bis vor 24 Stunden niemand mit der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien in Verbindung gebracht hätte“, erklärte James Frith von Volta Energy Technologies, einem auf Batterietechnologie spezialisierten Risikokapitalunternehmen, kurz nach Bekanntgabe der Vereinbarung. Lyten konzentrierte sich bislang auf Lithium-Schwefel-Batterien, die in Drohnen und im Rahmen von Raumfahrtprojekten zum Einsatz kommen.

Damit die Übernahme sich für Lyten rechnet, muss das Unternehmen allerdings auch die Autobauer davon überzeugen, dass es dort erfolgreich sein kann, wo der insolvente schwedische Batteriehersteller Northvolt gescheitert ist: Als europäischer Marktführer in spe für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien, der die Abhängigkeit von chinesischen Zulieferern verringern könnte. Das Problem: Einige der wichtigsten europäischen Autobauer haben bisher vorrangig negative Erfahrungen mit Northvolt gemacht.

Autobauer und Investoren sind nach der Northvolt-Pleite zögerlich

Wie Reuters berichtet, zögern viele potenzielle Kunden und Investoren weiterhin, sich finanziell an dem Unternehmen zu beteiligen, da Northvolt nach wie vor keine fertige Technologie vorzuweisen hat, die in großem Maßstab produziert und geliefert werden kann. Das haben Gespräche mit mehr als einem Dutzend Experten aus der Batterieindustrie, Analysten und Quellen aus Automobilunternehmen ergeben, die die Nachrichtenagentur geführt hat.

Lyten will dem Bericht zufolge nicht nur die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien von Northvolt übernehmen, sondern auch eigene Lithium-Schwefel-Batterien für Elektroautos entwickeln. Dazu benötigt Lyten jedoch erhebliche Mengen an Kapital – gleichzeitig verfügt Lyten nicht über das ehemalige Auftragsvolumen des schwedischen Unternehmens, das sich zeitweise auf rund 50 Milliarden US-Dollar belief. Lithium-Schwefel-Batteriezellen könnten zwar eine leichtere, kostengünstigere Alternative zu den vorrangig chinesischen Lithium-Ionen-Akkus sein, die Technologie befindet sich aber noch in einem recht frühen Entwicklungsstadium, wenngleich Lyten in einer Pilotanlage im Silicon Valley bereits Lithium-Schwefel-Zellen produziert.

Der Automobil-Riese Stellantis arbeitet bereits seit 2023 mit Lyten zusammen und hält einen Anteil von 2 Prozent an dem US-Unternehmen. Die Partnerschaft erstreckt sich aber nicht nur auf die Herstellung von Batteriezellen, sondern auch auf die Entwicklung von leichten Verbundwerkstoffen und Bordsensoren. Ein Sprecher von Stellantis erklärte gegenüber Reuters, dass alle Lieferverträge von der technischen Validierung, der industriellen Skalierung, der lokalen Produktionskapazität und den kommerziellen Bedingungen abhängen würden.

Ehemalige Kunden sollen zurückkehren: Lyten-CEO gibt sich optimistisch

Northvolt konnte wiederum wichtige Geldgeber wie Goldman Sachs gewinnen, musste mit Schulden in Höhe von 8 Milliarden US-Dollar aber im März dieses Jahres Insolvenz anmelden, nachdem die Schweden größere Aufträge und die Unterstützung wichtiger Investoren verloren und Produktionsziele verfehlt hatten. Der Haupt-Produktionsstandort im schwedischen Skelleftea verzeichnete jedoch in den Wochen vor der Schließung eine Trendwende und konnte seine Produktion immerhin auf 30.000 Lithium-Ionen-Zellen pro Woche steigern.

Lyten-CEO Dan Cook erklärte, er hoffe, dass die früheren Kunden von Northvolt – darunter auch Marken des Volkswagen-Konzerns – zurückkehren würden, wenn das Unternehmen sich durch konsistente Lieferungen an einen einzigen, noch nicht feststehenden Kunden in geringen Mengen und mit guter Qualität bewährt.

Der Nutzfahrzeughersteller und ehemalige Northvolt-Investor Scania erklärte, es sei noch zu früh, um über Bestellungen bei Lyten zu sprechen. Volvo Cars, das über seine Batteriesparte Novo Energy mit Northvolt zusammengearbeitet hatte, bevor der Autobauer die Beziehungen abbrach, lehnte es ab, sich zur Frage nach neuen Aufträgen bei Northvolt zu äußern.

Eine Person aus dem Umfeld des ebenfalls von Stellantis unterstützten Batterieherstellers ACC sagte, dass ACC sich derzeit in Verhandlungen mit drei ehemaligen Northvolt-Kunden befinde, aber vor Mitte 2026 keine neuen Vertragsabschlüsse zu erwarten seien.

Lyten-Chef Dan Cook: „Haben eine starke Investorenbasis“

Lyten hat bislang nicht bekannt gegeben, zu welchem Preis das Unternehmen die Vermögenswerte von Northvolt übernommen hat. Bekannt ist lediglich, dass Lyten einen „erheblichen Preisnachlass“ erhalten hat, der vollständig durch Kapitalbeteiligungen privater Investoren finanziert wurde.

Lyten-Chef Cook erklärte gegenüber Reuters, dass sein Unternehmen über eine starke Investorenbasis verfüge, darunter Vermögensverwalter und vermögende Privatpersonen. Die Investorenbasis sei nach der Northvolt-Transaktion weiter gewachsen. „Dies ermöglicht es uns, Investorenkonsortien zu bilden, und auf dieser Grundlage werden wir weiterhin große Investitionen erhalten”, ist sich Cook sicher. Das Unternehmen hofft auch auf finanzielle Unterstützung im Rahmen europäischer Förderprogramme wie des Batterie-Förderpakets der Europäischen Union.

Der Münchener Autobauer BMW hatte im vergangenen Jahr aufgrund von Qualitätsproblemen einen Auftrag im Wert von 2 Milliarden Euro bei Northvolt storniert und erklärte nun, man sei sehr an der Gründung eines europäischen Herstellers hochwertiger nachhaltiger Batteriezellen interessiert. Der Hersteller gab allerdings zu bedenken, dass Verträge über die Lieferung von Batteriezellen eine „lange Vorlaufzeit” erfordern. „In dieser Hinsicht würde der Nachfolger von Northvolt nur für ein zukünftiges Batteriezellenprojekt in Betracht gezogen werden – das ist noch in weiter Ferne, und wir können dazu zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben“, so ein BMW-Sprecher.

Lithium-Schwefel-Batterien müssen noch einige technische Herausforderungen überwinden

Ein Batteriewissenschaftler, der für einen weiteren europäischen Autohersteller tätig ist, aber anonym bleiben wollte, erklärte, sein Arbeitgeber habe sich vor sechs Monaten von der Zusammenarbeit mit Lyten zurückgezogen, weil das US-Unternehmen nur im Forschungs- und Entwicklungsmaßstab produziere. Der Northvolt-Deal könne nach Ansicht der anonymen Quelle aber dazu beitragen, die Türen für Gespräche mit Automobilherstellern wieder zu öffnen.

Durch den Erwerb der Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsanlagen von Northvolt könnte Lyten bis 2028 eine groß angelegte Produktion von Lithium-Schwefel-Batteriezellen für Elektrofahrzeuge auf die Beine stellen, anstatt wie bisher prognostiziert bis zum Ende des Jahrzehnts dafür zu benötigen, rechnet Lyten-CEO Cook vor. Experten warnen jedoch, dass die Lithium-Schwefel-Technologie vor 2030 wahrscheinlich nicht für den Einsatz in Autos geeignet sein wird.

Lithium-Schwefel-Batterien erzielen im Rahmen von Labortests zwar teils deutlich höhere Energiedichten als gängige Lithium-Ionen-Akkus. Sie weisen aber in der Regel auch eine deutlich kürzere Lebensdauer auf und verlieren nach wenigen hundert Ladezyklen einen bedeutenden Teil ihrer Speicherkapazität. Einzelne Forschungsgruppen konnten zwar bereits Lithium-Schwefel-Batteriezellen herstellen, die zehntausende Ladezyklen überstehen und dabei einen Großteil ihrer ursprünglichen Kapazität beibehalten – bis solche Systeme in Serie und zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden können, ist aber noch viel Forschungsarbeit nötig.

Quelle: Reuters – Battery startup Lyten yet to convince carmakers over Northvolt revival

worthy pixel img
Tobias Stahl

Tobias Stahl

Tobias Stahl kann sich für alle Formen der Fortbewegung begeistern, aber nachhaltige Mobilität begeistert ihn besonders. Da ist es kein Wunder, dass er schon seit 2019 über E-Autos, erneuerbare Energien und die Verkehrswende berichtet.

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Ähnliche Artikel

Cover Image for Grünen-Politiker fordert gezielte E-Auto-Förderung für ländliche Regionen

Grünen-Politiker fordert gezielte E-Auto-Förderung für ländliche Regionen

Michael Neißendorfer  —  

Menschen auf dem Land seien stark aufs eigene Auto angewiesen, während Menschen in Großstädten auch gut ohne vorankommen, so der Grünen-Abgeordnete Kellner.

Cover Image for Porsche fokussiert Batterieaktivitäten auf Zell- und Systementwicklung

Porsche fokussiert Batterieaktivitäten auf Zell- und Systementwicklung

Michael Neißendorfer  —  

Eine eigene Fertigung von Batteriezellen verfolgt Porsche aus Volumengründen und fehlenden Skaleneffekten nicht weiter.

Cover Image for Lyten muss nach Northvolt-Übernahme Investoren überzeugen

Lyten muss nach Northvolt-Übernahme Investoren überzeugen

Tobias Stahl  —  

Nach der Übernahme des insolventen Batterieherstellers Northvolt muss Lyten die nächste Herausforderung meistern: Autobauer zur Rückkehr zu überzeugen.

Cover Image for Kia-Europachef: „Wir halten am E-Auto-Kurs fest“

Kia-Europachef: „Wir halten am E-Auto-Kurs fest“

Michael Neißendorfer  —  

Kia bleibt auf E-Auto-Kurs: Bis 2030 will die zum Hyundai-Konzern gehörige Marke 15 Elektroauto-Modelle im Angebot haben und am Verbrenner-Ende nicht rütteln.

Cover Image for Vision O: Škoda zeigt erste Bilder seines künftigen Innenraumdesigns

Vision O: Škoda zeigt erste Bilder seines künftigen Innenraumdesigns

Michael Neißendorfer  —  

Nach ersten Exterieur-Andeutungen vor wenigen Wochen hat Škoda nun auch die ersten Details zum Innenraum des Konzeptfahrzeugs Vision O enthüllt.

Cover Image for Formel E will mehr Rennen in China austragen

Formel E will mehr Rennen in China austragen

Michael Neißendorfer  —  

Die Formel E könnte ihre Präsenz in China deutlich ausbauen. Serienchef Agag brachte nun sogar bis zu vier Rennwochenenden im Reich der Mitte ins Spiel.