Konservative Verbrenner-Liebe gefährdet deutsche Autoindustrie

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Daniel Krenzer
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Zahlreiche Politiker, vorrangig aus dem eher rechts-konservativen Spektrum, fordern hierzulande ein längeres Festhalten am Verbrenner als Option für den Pkw-Verkehr und sehen darin wohl nicht zuletzt im Sinne ihrer Wählerschaft die vermeintliche Rettung der deutschen Automobilindustrie. Dass jedoch das Gegenteil der Fall ist, stellt nun auch der Spiegel in einer Analyse fest, unter dem Titel: „Gefährliche Liebe zum Verbrenner – Geht die deutsche Autoindustrie an ihrer konservativen Kundschaft zugrunde?“

Autor Martin Wittler schreibt, dass in Deutschland selbst dort die Menschen mit Elektroautos noch überwiegend fremdeln, wo sie hergestellt werden. Als Beispiel führt er Zwickau auf, wo VW zwar zahlreiche Elektroautos vom Band rollen lässt, doch kaum jemand aus der Bevölkerung zu batterieelektrischen Antrieben greift. Für die Hersteller werde dies zunehmend zum Problem.

Denn BMW, Mercedes, VW und Co. wollen auch in Zukunft auf den weltweiten Märkten eine wichtige Rolle spielen, doch Verbrenner sind weltweit klar auf dem absteigenden Ast. Die Zukunft gehört klar den Elektroautos, doch wie sehr können sich die deutschen Hersteller auf deren Fortentwicklung konzentrieren, wenn die eigene Bevölkerung noch überwiegend an Vergehendem festhält?

Verheerende Außenwirkung in anderen Ländern

Die Spiegel-Analyse kommt zu dem Schluss, dass sich diese Haltung für die Hersteller sogar doppelt rächt. Denn wenn die Deutschen von ihren Herstellern weiterhin lieber Verbrenner kaufen statt Elektroautos, so wirkt dies im Ausland zwangsläufig so, als seien die deutschen Elektroautos nicht gut genug. Und darüber freuen sich weltweit allen voran die Chinesen, die inzwischen mit einigen Marken hochwertige und vor allem preisgünstige Elektroautos anzubieten wissen. Junge Menschen in China empfinden die lange Zeit allen Zweifeln erhabene europäische Automarken inzwischen als veraltet – und greifen lieber zu Autos von BYD, Xiaomi, Xpeng und Co.

„Wir brauchen einen starken Heimatmarkt, damit unsere Industrie bei dieser Zukunftstechnologie weiter vorn mitspielen kann“, zitiert der Spiegel die IG Metall. Das heißt: Wenn deutsche Kunden nicht endlich verstärkt die Zukunft zulassen, dann könnten große Teile der deutschen Industrie zugrunde gehen – vor allem in der weit verzweigten und derzeit noch bedeutenden Automobilindustrie im Land. Denn nur wenn die europäischen Hersteller mehr Elektroautos absetzen und die Produktion entsprechend hochskalieren, können sie preislich mit der starken asiatischen Konkurrenz mithalten.

Das hat allen Wählerschmeichlungen zum Trotz offenbar auch die Bundesregierung erkannt, die zukünftig vor allem einkommensschwächere Haushalte bei der Anschaffung von Elektroautos unterstützen will, um deren Absatz endlich auch stärker in der Breite zu ermöglichen.

„Verbrennerverbot“ heizt populistisch auf

Doch warum ticken die Deutschen so, dass sie sich krampfhaft an veraltete Technologien festhalten wie ein Kleinkind, das im Sandkasten an seiner alten Schaufel klammert? „E-Mobilität wurde hierzulande von Beginn an als Verzichtsmobilität gelabelt“, erklärt Psychologe Claus-Christian Carbon von der Universität Bamberg dem Spiegel. In der öffentlichen Debatte sei immer nur über die zum großen Teil längst überholten Schwächen der Elektromobilität lamentiert worden anstatt die positive Seite und die vielen Vorteile zu thematisieren.

Schädlich sei zudem der populistisch verwendete Begriff des „Verbrennerverbots“, der nicht nur inhaltlich falsch ist, sondern zudem eine abschreckende und störende Wirkung habe. Die Kommunikation müsse mehr dahin gehen, dass man mit Elektroautos tolle neue Chancen geschenkt bekomme anstatt etwas altes, wenn auch liebgewonnenes, abgenommen zu bekommen. So entstehe aber eine sogenannte Reaktanz, also ein Bemühen in der Bevölkerung, eine vermeintliche Freiheitsberaubung korrigieren zu wollen.

Diese weit verbreitete Reaktanz in der deutschen Bevölkerung bleibt nicht folgenlos, denn Politiker springen natürlich gerne darauf an, was die Menschen umtreibt – um bei den nächsten Gelegenheiten mehr Kreuzchen in der eigenen Spalte zu wissen. Und auch einige Hersteller schwenken inzwischen wieder mehr auf den Verbrennerkurs, schließlich gibt es für diese Fahrzeuge aktuell noch eine große Nachfrage.

Für die heutige Manager-Generation dürfte das auch noch gutgehen, die Folge dürfte jedoch sein, dass einige dieser Hersteller sehenden Auges auf die Wand zurasen, die irgendwann zur Freude von BYD und Co. das Ende des Herstellers bedeutet. Mit etwas Glück nimmt den Markennamen dann ein chinesischer Hersteller mit ins Portfolio auf. „Wir Deutschen neigen in Bezug auf unsere E-Autos nicht nur zur Selbstkritik, sondern regelrecht zur Selbstvernichtung“, trifft Carbon eine ernüchternde Feststellung.

Quelle: Spiegel.de – Geht die deutsche Autoindustrie an ihrer konservativen Kundschaft zugrunde?

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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