Alles dreht sich um das Elektroauto – diesen Eindruck gewinnt man, wenn man die Medienlandschaft betrachtet. Aber entspricht das auch dem Kundeninteresse? Nicht unbedingt, geht es nach dem “Trendmonitor Deutschland”, in dem Nordlight Research Potentiale und Perspektiven für Elektroautos aus Verbrauchersicht untersucht. Aktuell plane jeder zweite deutsche Autofahrer, innerhalb der nächsten vier Jahre privat ein neues Auto anzuschaffen – nur 25 Prozent davon können sich auch den Erwerb eines Elektroautos vorstellen. Das ist also nur jeder achte deutsche Autofahrer.
Trotz zahlreicher neuer Modelle und Umweltbonus liegt die relative Kaufwahrscheinlichkeit für rein batteriebetriebene Fahrzeuge damit immer noch weit unter der von Verbrennern. Die große Mehrheit präferiert für den Neukauf immer noch den klassischen Verbrenner (Benziner: 45 Prozent, Diesel: 17 Prozent). Hybridmodelle sind ebenfalls gefragt (Plug-in: 26 Prozent, Hybrid ohne Plug-in: 16 Prozent). Jeder zweite Autofahrer in Deutschland hegt sogar eine persönliche Abneigung gegen Elektroautos. Bei den grundsätzlich aufgeschlossenen Interessenten herrscht große Unsicherheit: nur 53 Prozent der potenziellen Autokäufer haben sich bereits auf eine Antriebsart festgelegt, der Rest ist noch unentschlossen.
Der deutsche Interessent für Elektroautos ist jung – mit dem Alter nimmt die Affinität kontinuierlich ab – und wohnt in der Stadt. Keine wesentlichen Unterschiede gibt es hingegen beim Geschlecht. Deutlich elektroautoaffiner sind außerdem Vielfahrer und Vertreter des Verbrauchertyps “Early Adopter”. Aktuell fährt der deutsche Elektroautointeressent eher Audi oder BMW denn Volkswagen. Letztere liegen jedoch bei der generellen Markenpräferenz für den nächsten Autokauf mit 27 Prozent deutlich voran.
Die Markenbindung nimmt hingegen stetig ab. Nur gut die Hälfte (55 Prozent) der autofahrenden Deutschen wollen beim nächsten Autokauf sicher oder vermutlich ihrer Automarke treu bleiben. Wesentlich wichtigere Kriterien sind eine hohe Reichweite (94 Prozent), Antriebsart inkl. Verbrauchskosten (86 Prozent), hohe Bequemlichkeit (85 Prozent), Umweltverträglichkeit (78 Prozent) und ein attraktives Design (72 Prozent). Die angebotenen staatlichen Förderungen sind hingegen nur für etwa die Hälfte der Autofahrer ein kaufentscheidendes Argument.
Bei den Elektroauto-Skeptikern überwiegen die altbekannten Argumente: zu geringe Reichweite (86 Prozent), zu hohe Anschaffungspreise (81 Prozent) und fehlende Lademöglichkeiten im privaten oder öffentlichen Raum (75 Prozent). Der Zeitreihenvergleich zeigt außerdem, dass das Interesse an Elektroautos nach einer Anfangseuphorie stagniert. Die Corona-Krise und die steigenden Energiepreise haben das Konsumklima zusätzlich getrübt. “Aktuell sind viele Bundesbürger von der Elektromobilität noch nicht voll überzeugt oder sind verunsichert. Daraus resultieren Abwarten und Festhalten am Gewohnten“, resümiert Rafael Jaron, Geschäftsführer von Nordlight Research.
Was die Geschwindigkeit der Mobilitätswende betrifft, sind sich die Bundesbürger ebenfalls uneins: der Mehrheit geht es zu langsam (47 Prozent), einem Gutteil (13 Prozent) aber auch zu schnell. Nur 13 Prozent sehen den aktuellen Weg als den richtigen an. 27 Prozent haben dazu keine feste Meinung. Entgegen der Expertenmeinung sehen viele den Wasserstoff als zukünftig führende Antriebsart im PKW-Bereich (44 Prozent). Und es zeichnet sich – langsam, aber doch – eine generelle Abkehr vom Auto ab: jeder Vierte (25 Prozent) kann sich vorstellen, künftig gar kein Auto mehr zu fahren, jeder Zweite (27 Prozent) will weniger fahren, jeder Dritte (35 Prozent) mehr öffentliche Verkehrsmittel nutzen.
Quelle: Nordlight Research – Trendmonitor Deutschland: Elektroautos haben Potenzial, sind aber keine Selbstläufer