BYD investiert in Mega-Autofrachter: Baldige E-Auto-Flut aus China?

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Felix Katz
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  —  Lesedauer 5 min

Chinesische Autohersteller bauen ihre Kapazitäten in beeindruckendem Maße aus und setzen auf eine massive Expansion in Europa. Der Fokus liege dabei auf der Auslieferung von Elektroautos, die in riesigen Mega-Autofrachtern verschifft werden sollen. Ein Artikel des Manager Magazins spricht von einem regelrechten Auto-Tsunami aus China, der in den kommenden zwei bis drei Jahren den europäischen Markt erreichen könnte.

BYD ist inzwischen nicht nur der größte E-Autobauer Chinas, sondern mittlerweile auch der größte der Welt. Kaum ein anderer Hersteller von Elektroautos wächst so rasant, was auch an den ambitionierten Plänen des Unternehmens liegt. Im Zeitraum von Januar bis November des aktuellen Jahres konnte das Unternehmen laut Manager Magazin rund 2,7 Millionen elektrifizierte Fahrzeuge absetzen. Dies sei ein Anstieg um 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Weiterhin planen die Chinesen, die Drei-Millionen-Marke noch in diesem Jahr zu knacken – hauptsächlich auf dem heimischen Markt. Nun möchte der Hersteller aber auch in Europa verstärkt Fuß fassen.

Kürzlich wurden BYDs Pläne bekannt, in Europa ein neues Werk bauen zu wollen. Ungarn hat das Rennen gemacht, die geplante neue Elektroauto-Fabrik soll in der Stadt Szeged im Süden Ungarns entstehen. Mit der Fertigstellung sei nicht vor dem Jahr 2026 zu rechnen. Genaue Angaben mache BYD bislang nicht zum neuen Bauprojekt, jedoch vermuten Experten, dass das neue Werk künftig bis zu 200.000 E-Autos produzieren und Tausende von Arbeitsplätze schaffen könnte. BYD hat bereits bestehende Verbindungen nach Ungarn: In der Stadt Komarom produziert das Unternehmen derzeit Elektrobusse.

Chinesische Werften bauen Kapazitäten aus: Baldige E-Auto-Flut aus Fernost?
Die künftigen Mega-Frachter sollen eine Kapazität von bis zu 9000 Fahrzeugen aufweisen. Schiffe wie die Explorer One (hier zu sehen) sollen dazu beitragen, den europäischen Markt zu erobern | Bild: Screenshot CarNewsChina (Youtube)

Eigene Mega-Frachter für den E-Auto-Transport nach Europa

In den ersten zehn Monaten sollen vom Unternehmen 207.000 Fahrzeuge ins Ausland verschifft worden sein, wie das Manager Magazin weiter berichtet. Besonders im Oktober und November sei die Zahl auf jeweils mehr als 30.000 Fahrzeuge pro Monat angestiegen. Um die Expansion weiter zu beschleunigen, investiere BYD laut zahlreicher Medienberichte in eine eigene Flotte spezieller Autofrachter. Diese Schiffe sollen Kapazitäten für bis zu 9000 Fahrzeugen haben, wie weiter berichtet wird. Sie sollen dazu beitragen, den europäischen Markt zu erobern und die Position von BYD als globalen Marktführer im Bereich der Elektromobilität zu stärken. Wenn das stimmt, dürften europäische Autobauer vor einer ernstzunehmenden Herausforderung stehen. Das Manager Magazin spricht sogar von einem „Auto-Tsunami„, der Europa in ein paar Jahren fluten könnte.

Das mit LNG betriebene Schiff BYD Explorer No. I habe Ende November erfolgreich seine einwöchige Probefahrt absolviert, wie Firmenvideos auf YouTube dokumentieren. Auf Marinetraffic ist das 200 Meter lange und 38 Meter breite Schiff bereits verzeichnet. Dabei ist dieses laut verschiedenen Berichten, darunter auch aus China, erst der Anfang. BYD soll derzeit bis zu zehn solcher Riesentransporter auf den Werften in Yantai und Guangzhou bauen lassen.

Laut Prognosen des Center of Automotive Management (CAM) und des Mercator Institute for China Studies (Merics) könnte China in diesem Jahr Japan als weltgrößten Auto-Exporteur überholen. Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres hat China laut CAM etwa 3,4 Millionen Autos in andere Länder verschifft, wovon 825.000 Elektroautos waren. Außerdem sollen in diesem Jahr zwischen Januar und Oktober 121 Prozent mehr Elektroautos – etwa 632.000 – in europäische Häfen angekommen sein als noch im Jahr 2021, wie das Analyseunternhemen Sinolytics auf Berufung des Manager Magazins berichtet.

Trotz zusätzlicher Transport- und Einfuhrkosten in Europa seien chinesische Elektroautos immernoch deutlich günstiger als Fahrzeuge nichtchinesischer Marken. Ein Grund, warum Hersteller wie BYD zunehmend an Einfluss gewinnen | Bild: Auto Shanghai / Messe München

Westliche Hersteller haben bisher wenig entgegenzusetzen

Der starke Fokus chinesischer Hersteller auf Europa wird von Experten nicht als Überraschung wahrgenommen. Die politische Entscheidung zum Verbrenner-Aus in Europa spiele hierbei eine zentrale Rolle. Während der US-Markt für Elektroautos aus China weitgehend geschlossen sei, biete Europa attraktive Bedingungen mit vergleichsweise niedrigen Einfuhrzöllen von etwa zehn Prozent.

Fabian Piontek von AlixPartners betont im Gespräch mit dem Manager Magazin, dass Elektroautos chinesischer Hersteller, trotz zusätzlicher Transport- und Einfuhrkosten durchschnittlich noch um 20.000 Euro günstiger seien als Fahrzeuge nichtchinesischer Marken. Gleichzeitig sehe er darin auch ein Versäumnis westlicher Hersteller. Diese böten derzeit offenbar zu wenige oder gar keine konkurrenzfähigen Produkte an, was dazu führe, dass chinesische Automarken ihre Präsenz auf dem europäischen Markt weiter ausbauen und sich etablieren könnten.

Die chinesische Regierung hat die Elektroautoindustrie als einen Schlüsselsektor identifiziert und in den vergangenen Jahren schätzungsweise bis zu 100 Milliarden Dollar an Subventionen investiert. Die Hersteller haben in dieser Zeit enorme Produktionskapazitäten aufgebaut, von denen die inländische Nachfrage nicht einmal die Hälfte decken könne, wie Jörg Wuttke, ehemaliger langjähriger Präsident der EU-Handelskammer in Peking, laut des Branchenmagazins sagt. Dies würde zu erheblichen Überkapazitäten von bis zu 27 Millionen Autos pro Jahr (Verbrenner- und E-Antrieb) führen – die ab 2025 ihren Weg über das Meer nach Europa finden könnten.

Quellen: Manager Magazin – „Wir werden einen Auto-Tsunami aus China erleben“ / IT-times.de – BYD lässt Schiffe bauen, um Logistik-Kapazitäten zu erhöhen und Transportkosten zu senken / F.A.Z. – BYD baut neue Elektroauto-Fabrik in Ungarn / Münchner Merkur – E-Autos als Exportschlager: China-Hersteller BYD baut nun eigene Frachtschiffe

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Felix Katz

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Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.
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Roma:

Ein Eisenbahntransport würde auch zu mehr Schäden und Diebstählen führen.
Mit dem Problem hatte auch der VW-Konzern öfters zu kämpfen und da waren die Strecken verhältnismäßig kurz, da nur innerhalb Europas.

Wolfbrecht Gösebert:

Bei der Frage, warum BYD speziell (auch) in Mega-Autofrachter investiert, spielt bei aktueller Lage womöglich auch der weitgehend unbekannte Umstand ein Rolle, dass nämlich eine größere Zahl der vorhandenen Autofrachter „mit einer Verbindung der Reederei zu Israel“ betrieben wird und deshalb u.U. einem höheren Transport-Risiko auf den Weltmeeren ausgesetzt sein kann … ein Eisenbahn-Transport – der nach Europa ja auch möglich ist! – erfordert zumindest höhere Kosten.

Jan:

Bislang ist BYD in Europa nicht besonders erfolgreich. Ich denke, sie hatten auch eine unsinnige Strategie: Lasst uns mal im Hochpreissegment starten. Auf diese grandiose Idee waren zuvor die deutschen Premiumhersteller und fast alle anderen gekommen. Und das mit wenigen (3) Fahrzeugmodellen. Die eigentlichen Vorteile hat BYD nicht ausgespielt: Modellvielfalt und günstige Preise. In China ist MG eine unbekannte Marke, aber in Deutschland sehr erfolgreich. Bin mal gespannt, wann BYD seine Strategie ändert und mehr und billigere Modelle auf den Markt bringt. Zumindest sieht es jetzt im Segment bis 25.000 Euro nicht mehr gar so schlimm aus wie zuvor. Es sollte aber auch Autos unter 20.000 Euro geben.

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