308 verschiedene Preise: ACE kritisiert Ladepreis-Chaos

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
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Der ACE Auto Club Europa kritisiert anlässlich der Ladeinfrastruktur-Konferenz des Bundesverkehrsministeriums kritisiert „hohe Preise, uneinheitliche Regelungen, eine Vielzahl an Ladetarifen sowie Blockier- und Servicegebühren an öffentlichen Ladesäulen“. Verbraucherinnen und Verbraucher, die auf öffentliche Ladepunkte angewiesen sind, zahlen laut ACE-Pressemitteilung oft doppelt so viel wie beim Laden zu Hause oder am Arbeitsplatz. „Um das Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Pkw bis 2030 zu erreichen, sind niedrigere Preise und eine höhere Preistransparenz an öffentlichen Ladestationen unerlässlich“, heißt es weiterhin.

Zu den geforderten Maßnahmen gehören zunächst vereinheitlichte Tarifstrukturen: „Der Ladepreis an den einzelnen Ladepunkten muss klar ersichtlich und nachvollziehbar sein, sodass er unkompliziert verglichen werden kann“, schreibt der ACE. Zu diesem Zweck fordert der Auto Club die Einführung einer Markttransparenzstelle für Ladestrom, die alle Tarife bündelt und öffentlich zugänglich macht. Ferner muss aus Sicht des ACE die verpflichtende Anzeige der tatsächlichen Ladekosten (Preis pro kWh, Gebühren) spätestens mit der Authentifizierung an der Ladesäule erfolgen – analog zum Tanken.

Um den Wettbewerb zu stärken und Kosten zu senken, sollte zudem die Einführung des Durchleitungsmodells für Pkw-Ladeinfrastruktur geprüft werden, fordert der ACE weiter. Dieses Modell würde es ermöglichen, die Lieferung des Stroms von der Bereitstellung der Infrastruktur zu trennen. Nutzerinnen und Nutzer könnten dann ihren eigenen Stromtarif zur Ladesäule „mitnehmen”, um unterwegs zum gleichen Preis zu laden wie zu Hause, zuzüglich eines Nutzungsentgeltes, das die Kosten für Errichtung und Betrieb der Ladeinfrastruktur abdeckt. Zum Beispiel Lichtblick setzt sich stark für ein entsprechendes Modell ein, das bei entsprechenden Rahmenbedingungen durchaus seinen Charme haben kann. Kritiker befürchten jedoch, dass bei diesem Weg zwar die öffentlichen Ladekosten etwas sinken würden, dafür aber die Ladekosten zuhause ansteigen – und in Summe viele E-Auto-Fahrer mehr bezahlen müssten.

1400 teure Kilometer durch Deutschland

Sven-Peter Rudolph, Vorsitzender des ACE, betont: „Elektromobilität muss erschwinglich sein: Neben günstigen Fahrzeugmodellen brauchen wir faire Ladepreise. Elektromobilität wird sich in Deutschland erst dann langfristig durchsetzen, wenn die Ladepreise für öffentliches Laden sinken. Ermöglichen könnten dies zum Beispiel deutlich niedrigere Abgaben und Entgelte, wie wir es vom Industriestrom bereits kennen – beispielsweise finanziert über die CO2-Abgabe.“

Eine vom ACE durchgeführte rund 1400 Kilometer lange Testfahrt von Stuttgart nach Hamburg und zurück, die im Positionspapier enthalten ist, belegt enorme Kostenunterschiede zwischen Ladestrom und Kraftstoff – allerdings bei einer sehr zweifelhaften Herangehensweise. Die reinen Energiekosten des genutzten Elektroautos lagen bei diesem Test deutlich über denen eines vergleichbaren Verbrenners: Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 22 kWh/100 km auf der Autobahn liegen die Kosten demnach aktuell zwischen 10,80 Euro und 21,10 Euro pro 100 Kilometer. Der Vergleich zeigt laut ACE: Das Laden an Schnellladesäulen ist derzeit 44 bis 94 Prozent teurer als das Tanken eines Verbrenners.

Allerdings hinkt der Vergleich massiv: Denn es wurde als Vergleichswert ein Benziner mit 5,6 Litern Benzinverbrauch und einem Literpreis von 1,68 Euro herangezogen, was eher nicht dem Durchschnittsverbrauch und den Kosten für Sprit auf der Autobahn entsprechen dürfte, wie es einseitig nur für das E-Auto ermittelt wurde. Laut ADAC beträgt die Preisdifferenz für das Tanken auf der Autobahn bei Super-Benzin bis zu 57 Cent, bei Diesel bis zu 54 Cent, im Schnitt sind es demnach deutlich mehr als 40 Cent pro Liter. Leider unterschlägt der ACE dies bei seinen tendenziösen Berechnungen.

Gleichzeitig ermittelte der ACE auf der Testfahrt an zehn Ladesäulen ganze 308 unterschiedliche Tarife, wobei nur Tarife ohne monatliche Grundgebühr berücksichtigt wurden. Die Ergebnisse belegen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem intransparenten und oft teuren Tarifmarkt konfrontiert sind. Allerdings verkennt dieser Test, dass solche Tarife im Regelfall nur diejenigen E-Auto-Fahrer nutzen, die vorwiegend zuhause oder am Arbeitsplatz laden und nicht oft auf öffentliche Ladeinfrastruktur zurückgreifen müssen. Sie sind im Alltag also deutlich günstiger als Verbrennerfahrer unterwegs, auch wenn sie hin und wieder solch hohe öffentliche Ladepreise zahlen – so wie auch Benzin und Diesel auf Autobahn-Tankstellen deutlich teurer sind als abseits davon, auch das unterschlägt der Test des ACE.

Wer oft und regelmäßig auf öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen ist, ist indes gut damit beraten, Tarife mit Grundgebühr zu wählen und bei der Wahl der Ladestation entsprechend zu filtern – und dann sind auch diese Fahrer meist günstiger als Verbrennerfahrer unterwegs, was nachfolgende Berechnungen des ACE stützen.

Kombinierte Betrachtung notwendig

Ab wann ein Elektroauto hinsichtlich der reinen Energiekosten günstiger ist als ein Verbrenner, ist vor allem abhängig von der Strecke, erläutert Constantin Hack aus dem Kompetenzteam Elektromobilität beim ACE: „Eine Autobahn-Langstrecke ist hinsichtlich Effizienz nicht die Parade-Disziplin für ein Elektroauto. Eine Kostenparität zwischen Elektro- und Benzinfahrzeugen würde sich auf der für unseren Test gewählten Langstrecke und mit dem genutzten Fahrzeug erst bei Ladepreisen unter 0,42 Euro pro kWh einstellen. Auf Überlandstrecken oder im städtischen Bereich ist der Verbrauch des E-Autos hingegen deutlich geringer, während der Verbrauch des Verbrenners sogar zunimmt – eine Preisparität gegenüber einem Benziner ergibt sich hier schon bei etwa 60 ct/kWh. Der durchschnittliche Ladepreis liegt allerdings bei etwa 66 ct/kWh für Wechselstrom und 70 ct/kWh für Gleichstrom.“

Bei Tarifen mit entsprechender Grundgebühr liegen die Preise jedoch in der Regel selbst unter Berücksichtigung dieser monatlichen Gebühr deutlich darunter. Die Forderung des ACE nach übersichtlicheren Tarifstrukturen ist dahingehend unterstützenswert, dass auch weniger recherchebegeisterte E-Auto-Fahrer einen für sie persönlich günstigen Weg finden könnten, ihr Fahrzeug aufzuladen. Pauschal zu behaupten, dass die Ladekosten für E-Autos höher sind als für Verbrenner, greift aber viel zu kurz.

Quelle: ACE Auto Club Europe – Pressemitteilung vom 19. November 2025

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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