Axel Andorff ist seit gut einem Jahr Entwicklungschef der Volkswagen-Tochter Seat. In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung sprach er über kommende Elektroautos der spanischen Marke, wie sehr sie dabei vom Mutterkonzern VW profitiert und wie es Seat trotzdem schaffen will, seine eigene Identität zu bewahren.
An die Elektro-Studie Tavascan, auf der letzten IAA einer der absoluten Hingucker, stelle das Management höchste Ansprüche an das Serienmodell. „Da sind sowohl der Chefdesigner Alejandro Mesonero-Romanos als auch mein komplettes Entwicklungsteam und ich gefordert, den Wagen so nahe an die Studie zu bringen, wie es nur irgend möglich ist“, so Andorff. Er zeigt sich zuversichtlich, dies auch zu schaffen. Der SUV Tavascan, der bei Seats Performance-Tochter Cupra erscheint, soll zeigen, „was technisch auf der sehr flexiblen MEB-Plattform“ von Volkswagen möglich wäre.
Bei der Antriebstechnik schöpft der Tavascan aus den Möglichkeiten der MEB-Plattform des VW-Konzerns. Zwei Elektromotoren – jeweils einer an der Vorder- und an der Hinterachse – leisten als Allradantrieb insgesamt 225 kW / 306 PS, was den Cupra-SUV in weniger als 6,5 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen soll. Die Lithium-Ionen-Batterie mit 77 kWh Kapazität fasst genug Energie für eine Reichweite von bis zu 450 km.
Seat habe zwar einen „Fokus auf der Elektromobilität“, werde aber auch noch weiter an anderen Antrieben arbeiten. Andorff etwa ist „davon überzeugt, dass es noch für geraume Zeit Verbrenner geben wird“, sei es in elektrifizierter Form als Hybrid und Plug-in-Hybrid oder mit Erdgasantrieb. Man müsse die unterschiedlichsten Märkte bedienen mit unterschiedlichen Kaufkraftniveaus, weshalb sich die Elektromobilität auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreite, so der Seat-Chefentwickler. „Dieses heterogene Feld zeigt, dass es für geraume Zeit auch noch Verbrennungsmotoren braucht, darunter CNG-Antriebe“, wie etwa in Italien oder Spanien, beides „starke CNG-Märkte“.
„Es gibt nicht diesen einen oder anderen Weg“
„Es gibt nicht diesen einen oder anderen Weg“ erklärt Andorff diese Differenzierung bei Seat. „In Zeiten der Transformation kann man nicht auf einen Weg allein setzen“, begründet er Seats Strategie. Dabei profitieren die Spanier von der „guten Situation“, mit VW einer relativ großen Familie anzugehören. „So können wir uns durchaus erlauben, mehrere Dinge parallel zu entwickeln.“
Über das Elektroauto El-Born, das unter der Haube baugleich zum VW-Massenstromer ID.3 ist, sagt Andorff, es sei zunächst Seats oberstes Ziel, „gegenüber Fahrzeugen der anderen Konzernmarken ein deutlich anderes Design zu wählen.“ Seat sei natürlich „froh darüber, als zweite Marke nach VW den Modularen Elektrobaukasten nutzen“ zu dürfen, was auch ein Beweis sei für den gewachsenen Stellenwert von Seat im Konzern. Es soll aber „einige Merkmale geben, in denen sich die beiden Fahrzeuge El-Born und ID.3 unterscheiden werden.“ Letztendlich kann dann der Kunde entscheiden, „was ihm besser gefällt.“
Bei den Leistungsdaten sind sich ID.3 und El-Born naturgemäß ähnlich. Die auf dem Genfer Autosalon im vergangenen Jahr präsentierte Studie des Seat-Stromers kam auf eine Reichweite von bis zu 420 Kilometern. Von Null auf Hundert soll der 150 kW / 204 PS starke Elektromotor in 7,5 Sekunden beschleunigen. Dank einer Ladeleistung von bis zu 100 kW soll sich die Batterie in 47 Minuten auf 80 Prozent aufladen lassen. Oder anders ausgedrückt: Innerhalb von 20 Minuten lädt der El-Born an Schnellladesäulen im besten Fall genug Strom für gut 200 Kilometer.
Quelle: Neue Zürcher Zeitung — „Wir müssen die Kosten von E-Fahrzeugen signifikant absenken“