Der chinesische Elektroautobauer BYD will in Europa aggressiv expandieren – und fällt damit in Spanien auf fruchtbaren Boden: BYD hat laut einem Reuters-Bericht inzwischen einen Anteil von mehr als 10 Prozent am spanischen Markt für Elektroautos und Plug-in-Hybride. Damit hat BYD in Spanien einen rund dreimal so hohen Marktanteil wie Tesla und einen mehr als doppelt so hohen Marktanteil wie im europäischen Durchschnitt.
Grund für die zunehmende Beliebtheit des chinesischen Herstellers ist vor allem seine aggressive Preisgestaltung, heißt es in dem Bericht weiter. Dort wird beispielhaft die Geschichte des 51-jährigen Baggerfahrers Javier Hernandez erzählt, der ein neues Auto kaufen wollte und sich kurzerhand für einen Plug-in-Hybrid von BYD entschied – beeinflusst durch den Kaufpreis, der knapp 10.000 Euro unter dem der europäischen Konkurrenten lag.
Hernandez habe ein günstiges und vielseitiges Fahrzeug für Fahrten in der Stadt und Ausflüge in die katalanischen Berge gesucht, habe jedoch zunächst Zweifel an chinesischen Elektroautos gehegt, da die Marken ihm unbekannt waren. Der Niedrigpreis für den BYD Seal U DM-i habe Hernandez aber überzeugt. Der Teilzeitstromer kostet in Spanien rund 30.000 Euro und somit deutlich weniger als etwa der VW Tiguan oder der Peugeot 3008, die erst ab über 40.000 Euro zu haben sind. „Das Preis-Leistungs-Verhältnis war besser, ich habe eine Probefahrt gemacht und sie konnten ihn mir sofort geben”, erinnert sich Hernandez. Es seien preisbewusste Käufer wie Hernandez, die das überdurchschnittlich schnelle Wachstum chinesischer Elektroautohersteller wie BYD in Spanien und ganz Europa vorantreiben und den Wettbewerb mit einheimischen Herstellern weiter verschärfen.
BYD konnte sein Händlernetz in einem Jahr vervierfachen
„Bis zur Ankunft von BYD musste man, wenn man ein Elektroauto kaufen wollte, verdammt viel Geld ausgeben“, so Alberto De Aza, BYD-Landesleiter für Spanien und Portugal, gegenüber Reuters. Das spanische Händlernetz von BYD habe sich von 25 Händlern im vergangenen Jahr auf knapp 100 Händler nahezu vervierfacht, rechnet De Aza vor – und das in einer Zeit, in der die meisten etablierten Automarken eher Standorte schließen als neue zu eröffnen.
Daten von Faconauto zeigen, dass traditionelle Marken im Jahr 2024 insgesamt 1648 Händlerstandorte hatten, während es vor zehn Jahren noch 2164 waren. Die Zahl der Volkswagen– und Audi-Händler sank im vergangenen Jahrzehnt um 40 Prozent. „Die chinesischen Konkurrenten erhöhen den Druck, und das nicht nur auf uns“, so Markus Haupt, Interim-CEO der Volkswagen-Tochter Seat.
BYDs Anteil am gesamten spanischen Automarkt ist laut Daten der Branchenvereinigung ANFAC von 0,3 Prozent im Vorjahr auf 1,8 Prozent im August gestiegen. Damit übertrifft der in Europa noch junge Hersteller auch gestandene Marken wie Jeep oder Volvo. Der Seal U ist im bisherigen Jahresverlauf der beliebteste Plug-in-Hybrid in Spanien.
Die spanische Automobilindustrie hat BYD wenig entgegenzusetzen
BYD profitiert in Spanien außerdem von einer vergleichsweise schwachen heimischen Autobranche, geben Analysten zu bedenken. Da das Land keinen echten nationalen Automobilchampion habe, sei es ein fruchtbarer Boden für die Expansion chinesischer Hersteller. „Es gibt keinen starken lokalen Autobauer“, so Felipe Munoz, Analyst bei Jato Dynamics. Seat habe durch die Übernahme durch den Volkswagen-Konzern einen Teil seiner spanischen Identität verloren und sei deshalb am stärksten exponiert. Seats Umsatz ist in diesem Jahr um 4 Prozent gestiegen. Damit hinkt der Hersteller dem spanischen Gesamtmarkt hinterher, der laut ANFAC-Daten um 15 Prozent gewachsen ist. Seats sportliche Schwestermarke Cupra schnitt mit einem Umsatzplus von 17 Prozent deutlich besser ab.
Allein: Chinesische Hersteller wachsen noch deutlich schneller, wenn auch von niedrigem Niveau aus. MG verzeichnete Umsatzplus von 58 Prozent, Chery Omoda konnte seine Verkäufe in Spanien bis August gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppeln. BYDs Verkaufszahlen stiegen bis August im Vergleich zum Vorjahr um 675 Prozent auf mehr als 14.000 Fahrzeuge.
Innerhalb von drei Jahren will BYD alle Autos, die das Unternehmen in Europa verkauft, vor Ort produzieren. Dazu baut das Unternehmen derzeit ein Werk in Ungarn und ein weiteres in der Türkei. Spanien könnte dank seiner industriellen Infrastruktur und günstigen Strompreise ein idealer Standort für die weitere Expansion sein, so De Aza.
Im Vergleich zu mittel- und nordeuropäischen Ländern entwickelt sich Spaniens Verkehrswende jedoch vergleichsweise träge. Batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride machten in Spanien im Juli zwar 21 Prozent des Gesamtabsatzes aus, nachdem dieser Wert im August 2024 noch bei 10 Prozent lag. Der europäische Durchschnitt liegt jedoch bei 27 Prozent Marktanteil. Einer der Hauptgründe dafür dürfte die lückenhafte Ladeinfrastruktur sein. In Südeuropa ist das Ladenetz in der Regel deutlich weniger dicht: Spanien verfügt über rund 50.000 öffentliche Ladestationen bei rund 48,8 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: In den Niederlanden gibt es rund dreimal so viele öffentliche Ladestationen bei nur 18 Millionen Einwohnern.
Quelle: Reuters – China’s BYD makes gains in Spain with low EV prices, fast expansion