Porsche: Nicht jeder Markt ist bereit für Elektro

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
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Porsche steht unter Druck, hält aber an seiner langfristigen Strategie fest. Entwicklungschef Dr. Michael Steiner beschreibt im Gespräch mit Press-Inform, wie der Sportwagenhersteller den verlangsamten Markt für Elektroautos, schwächere Absatzzahlen und sinkende Erwartungen managen will – ohne den über Jahre aufgebauten Technologiekurs zu verlassen.

Steiner nennt die Lage offen „herausfordernd“ und verweist auf globale Trends: „Die E-Mobilität setzt sich weltweit deutlich langsamer durch als ursprünglich erwartet – insbesondere im Exklusivsegment.“ Porsche habe darauf reagiert und „gezielt nachjustiert“. Große Erwartungen setzt der Hersteller nun in zwei Modelle: den neuen Porsche 911 Turbo S mit Hybridantrieb sowie den Cayenne Electric. Letzterer sei ein Angebot „das viele Verbrenner-Fans zum Elektroauto herüberholen wird“. In Europa liegt der Elektroanteil bei Porsche bereits über 30 Prozent, insgesamt seien mehr als die Hälfte aller ausgelieferten Modelle elektrifiziert.

Taycan und Macan bleiben hinter Erwartungen – Kurskorrektur statt Kurswechsel

Steiner bestätigt, dass sowohl Taycan als auch Macan Electric die internen Absatzprognosen verfehlt haben. Dennoch bleibt er klar: „Es ist nicht so, dass wir nun unsere gesamte Strategie umwerfen müssen.“ Porsche habe seine Investitionen in Elektroantriebe bewusst hochgefahren, gleichzeitig aber die Verbrennerentwicklung nie eingestellt.

Mit Blick auf globale Märkte spricht Steiner von einer wichtigen Erkenntnis: „Nicht alle Märkte auf der Welt sind gleichermaßen bereit für Elektroantriebe.“ Dies führt zu einer zentralen strategischen Anpassung: „Wir werden dem Kunden in jeder unserer Fahrzeugklassen die Wahl des bevorzugten Antriebs überlassen.“ Porsche wolle sich „nicht über Kundenwünsche hinwegsetzen“, sondern flexibel bleiben.

Zu Modellen wie dem großen SUV K1 oder den elektrischen 718-Derivaten stellt Steiner klar: „Wir haben keine Modelle gestrichen, sondern nur das Tempo angepasst.“ Der K1, vor allem für USA und China gedacht, werde „erst einmal als Verbrenner und Hybridversion“ kommen. Elektro spiele in diesen Segmenten aktuell „nicht die führende Rolle“. Eine rein elektrische Variante bleibe jedoch im Gespräch.

Parallel arbeitet Porsche daran, einen elektrischen Sportwagen im 718-Segment als Coupé und Cabrio einzuführen. Gleichzeitig denkt das Unternehmen über weitere emotional aufgeladene Verbrenner nach: „Wir überlegen hochemotionale Verbrenner-Derivate am oberen Ende der Modellpalette.“ Auch im Macan-Segment ist eine eigene neue Verbrenner-Baureihe geplant, deren Name und Marktstart jedoch noch offen sind.

Kritik an fehlender Emotionalität der E-Modelle – Porsche kündigt neue Akzente an

Auf den häufig geäußerten Vorwurf, Elektro-Porsche hätten zu wenig Markencharakter, reagiert Steiner mit einer Mischung aus Zustimmung und Gegenrede: „Wer unsere elektrischen Modelle fährt, bewegt einen echten Porsche.“ Zugleich räumt er ein: „Es ist schwerer, einem Elektromotor diese einzigartige Porsche-DNA mitzugeben.“

Porsche habe deshalb an emotionalen Elementen gearbeitet, besonders am Klang: „Wir werden den Klang neu inszenieren und haben darüber hinaus interessante Ideen, um einen elektrischen Porsche emotional aufzuladen.“

Hybridmodelle, ursprünglich als Übergangslösung gedacht, werden länger bleiben als geplant. Steiner ist deutlich: „Die Hybridantriebe sind elementarer Teil unserer Strategie – und das seit Jahren.“ Erfolgreiche Plug-in-Hybride gebe es vor allem bei größeren Modellen. Ein Plug-in-Hybrid für den 911 sei jedoch gescheitert: „Der Porsche 911 wurde damit einfach zu schwer – mit erheblichem Einfluss auf die Fahrdynamik.“ Auch generell sieht Steiner klare Grenzen bei PHEV-Systemen: steigende Reichweitenanforderungen führten zu Gewicht, Kosten und schlechter CO2-Bilanz.

Sein Idealbild: „Ein Elektromotor für die Stadt und ein Verbrenner für Landstraße und Autobahn – mit 50 bis maximal 100 Kilometern elektrischer Reichweite. Mehr ist aus Sicht der Kosten und des Kundennutzens nicht sinnvoll.“ Die aktuelle T-Hybridtechnik könne künftig auch in anderen Baureihen zum Einsatz kommen.

Beim Thema automatisiertes Fahren bleibt Porsche traditionell zurückhaltend. Steiner stellt klar: „Einen Porsche 911 will man fahren und nicht in ihm gefahren werden.“ Bei SUVs und Limousinen ist der Anspruch ein anderer. Hier wolle man das Innodrive-System weiterentwickeln, jedoch mit Augenmaß. „Wir müssen Kosten, Aufwand und die global unterschiedlichen Rechtsrahmen im Blick behalten.“ Deshalb setze Porsche zunächst auf Level-2+ und 2++. Der Fahrer könne die Hände vom Lenkrad nehmen, müsse aber aufmerksam bleiben. „Level 3 wird in der nächsten Dekade ein Thema – auch für uns.“

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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