Ladeinfrastruktur-Anbieter: Paragraph 14a EnWG „gefährdet Betriebsabläufe“

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Benny Weisenfels
Benny Weisenfels
  —  Lesedauer 4 min

Der neue Paragraph 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), auch bekannt als „Spitzenglättungs-Paragraph“, gibt Verteilnetzbetreibern die Befugnis, private Ladestationen für Elektrofahrzeuge (und andere steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen) ferngesteuert zu drosseln, um eine drohende Überlastung des Stromnetzes zu verhindern. Diese Regelung betrifft ausschließlich nicht-öffentliche Ladepunkte im Niederspannungsnetz und gilt verpflichtend für Anlagen, die nach dem 1. Januar 2024 in Betrieb genommen wurden.

Diese gesetzliche Maßnahme könnte die Betriebsabläufe von Spediteuren und Flottenbetreibern gefährden, da sie auf zuverlässige Ladevorgänge angewiesen sind, glaubt ein Ladeinfrastruktur-Anbieter. Das Unternehmen Elexon hat Electrive zufolge ein Policy Paper veröffentlicht, das auf die potenziellen Auswirkungen dieses Paragrafen aufmerksam machen und Lösungsansätze anstoßen soll. Ursprünglich sah der Entwurf von „14a“ eine vollständige Abschaltung der Verbraucher vor, was jedoch nach erheblichem Widerstand angepasst wurde, einschließlich der Festlegung einer garantierten Mindestbezugsleistung von 4,2 kW.

„Gleichzeitigkeitsfaktor“ könnte ein Problem darstellen

Nach aktuellem Recht dürfen die Leistungen von Ladestationen nicht unter 4,2 kW gedrosselt werden, es sei denn, es werden über einen Anschluss mehr als neun steuerbare Verbrauchseinrichtungen betrieben. Flottenbetreiber mit mehreren 22-kW-Ladepunkten würden also in dieses Raster fallen. Die Situation wird laut Elexon noch problematischer, wenn bei größeren Betrieben mit mehreren steuerbaren Verbrauchseinrichtungen an einem Anschluss nicht nur die Ladeleistung auf 4,2 kW verringert, sondern auch der Gleichzeitigkeitsfaktor von 0,45 berücksichtigt werde.

Dadurch dürfe nur 45 Prozent der Leistung genutzt werden. Angenommen, ein Betrieb hat 30 Ladepunkte zu je 4,2 kW, dann stünde ihm aufgrund des Gleichzeitigkeitsfaktors nicht die volle Leistung von 126 kW zur Verfügung, sondern nur 56,7 kW. Aufgeteilt auf 30 Ladepunkte würde jede Ladestation daher nur noch 1,89 kW liefern, schlussfolgert das Logistikmagazin Logistra, das ebenfalls über die Thematik berichtet hat. Diese Regelung könne für größere Betriebe problematisch sein, da sie zu erheblich längeren Ladezeiten führen und die Betriebsabläufe stören könne, heißt es.

Insbesondere für E-Lkw mit durchschnittlichen Batteriekapazitäten von rund 400 kWh würde eine Reduzierung der Ladeleistung auf 4,2 kW den Ladevorgang erheblich verlängern. Zudem kann bei einer Leistung von 1,89 kW die Kommunikation mit dem Fahrzeug gestört sein, was zu Fehlermeldungen und Ladeabbrüchen führen könne, glaubt der Ladeinfrastrukturanbieter. Dies wäre ein erhebliches Problem für das nächtliche Laden auf Firmenarealen, auch wenn die Gefahr in der Theorie eher gering sei.

Dennoch möchte das Unternehmen auf das potenzielle Risiko für Flottenbetreiber aufmerksam machen. Dazu muss gesagt sein, dass das Gesetz auch klarstellt, dass die netzorientierte Steuerung als äußerst drastische Maßnahme betrachtet wird und daher nur solange angewendet werden darf, wie es eine objektive Notwendigkeit gibt. Eine kontinuierliche Drosselung der betroffenen Anlagen wäre demnach nicht erlaubt, da Netzbetreiber die Drosselungen öffentlich machen und an den betroffenen Stellen für Verbesserungen sorgen müssen.

Elexon fordert „vernünftige Ausnahmeregelung“

Elexon betont die praktischen Erfahrungen aus dem Aufbau von über 30.000 Ladepunkten, die zeigen, dass über 90 Prozent der Ladelösungen für die Logistik im Niederspannungsnetz angesiedelt sind – entgegen der Annahme, Gewerbetreibende würden vorrangig auf das Mittelspannungsnetz setzen, heißt es weiter. Die derzeitige Regelung führt laut Scholz zu einer Reihe von Problemen, darunter ein sinkendes Vertrauen in die Technologie und eine abnehmende Investitionsbereitschaft, da Unternehmen sich möglicherweise für überdimensionierte Mittelspannungsanschlüsse entscheiden müssten, um die Risiken einer Leistungsbegrenzung zu umgehen.

Als Lösung schlägt Scholz Electrive zufolge eine „vernünftige Ausnahmeregelung“ vor, die es Gewerbetreibenden ermöglichen würde, zwischen einer Drosselung und einem finanziellen Beitrag zum Netzausbau zu wählen. Diese Regelung würde Unternehmen erlauben, die potenziellen Auswirkungen einer Drosselung im Voraus abzuwägen und gleichzeitig eine Lenkfunktion durch variable Stromtarife für den Spitzenbezug zu etablieren. Und das würde schließlich auch das Stromnetz entlasten.

Elexon unterstütze grundsätzlich die jüngste Gesetzesnovelle, die Eingriffe ins Stromnetz ermöglicht. Dennoch sehe man Nachbesserungsbedarf, besonders für Schlüsselakteure der Mobilitätswende wie Logistiker, Handwerker und Flottenbetreiber. Berichtet wird auch, dass das Unternehmen bei einem Treffen mit Politikern und Logistikern auf Probleme wie drohende Ladeabbrüche hingewiesen habe. Politische Vertreter seien sich dessen nicht bewusst gewesen. Deshalb sei es besonders wichtig, dass Ladeinfrastrukturanbieter aufgrund ihrer praktischen Erfahrung in die Gesetzgebung einbezogen werden.

Quellen: electrive – Paragraf 14a: Warum im Depot Lade-Abbrüche per Gesetz drohen / Logistra – Drosselung der Ladeleistung: Elexon fordert praktikable Regelung des EnWG für Speditionen

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Benny Weisenfels

Benny Weisenfels

Schon als Kind hatte Benny im wahrsten Sinne des Wortes eine Schraube locker. All sein Taschengeld floss in neue Modellautos, um den Spielteppich mit schönen Flitzern zu füllen. Mit dem Erwachsenwerden wurde aus seiner Leidenschaft für Miniaturen eine Faszination für die echten Vorbilder. Heute begeistert ihn alles, was sich Auto nennen darf – egal ob Oldtimer, Sportwagen oder Elektroautos. Vor allem das lautlose Stromern hat es ihm angetan, nachdem er den ersten Tesla Roadster fahren durfte (schon ein paar Jahre her). In und nach seinem Journalismus-Studium schreibt er seit nunmehr mehr als zehn Jahren mit Leidenschaft und Erfahrung für renommierte Fachmedien und Tageszeitungen, stets mit dem Ziel, technologieoffen zu bleiben.

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E. Wolf:

Der §14a EnWG ist übergriffig für Privatpersonen.

Es gibt keine Probleme im Niederspannungsnetz, zumindest keine die einmal transparent seitens der Netzbetreiber dokumentiert wurden.

Das es zu Verzögerungen beim Netzanschluß kommen kann, logo, dann kommt ein anderer Trafo plus zugehörige Abgänge. Aber Ladepunkte und Wärmepumpen fallen nicht vom Himmel, sondern werden geplant, da haben Netzbetreiber entsprechenden Vorlauf.

Und jetzt bitte nicht mit Lieferzeiten argumentieren! Wir haben ca. 900 Netzbetreiber in DE, mit eigenen TAB’s für „ihre“ Trafo’s. Wie wäre es einmal hier zu standardisieren.

Kosten UND Lieferzeiten kämen runter.

Aber dafür 15+ Mio Haushalten sog. SmartMeter auf’s Portemonnaie drücken, plus persönliche Daten absaugen, das soll helfen ?

Melvin:

Mit welchem Auto wurde an was für einem AC-Lader geladen? Wie war die Lastsituation vor Ort – hat hier ggf. ein lokales, auf die Verteilung der lokalen Ladestationen beschränktes Lastmanagement eingegriffen?
Das liegt dann nicht am Verteilnetz, um das es hier im Artikel ging, sondern an der maximal verfügbaren Einspeiseleistung der Ladeverteilung vor den Stationen.

Zum Rest haben die anderen schon ausreichend Infos geliefert, das möchte ich an dieser Stelle nicht wiederholen.

GS Bonn:

Mein Netzbetreiber hat mir 2000 Euro als Investitionskostenbeteiligung abgerechnet, als ich mit einem Nachbarn zusammen zwei WBen in einer Gemeinschaftsgarage mit gesonderten Zähler aufgebaut habe.
Dass die jetzt trotzdem noch das Recht haben meine WB zu drosseln ist eine Sauerei. Unglaublich, dass die sich nicht freuen, dass sie jetzt viel mehr Strom verkaufen können und jedem WB Installateur die Füsse küssen, sondern auch noch Hürden aufbauen.

Andreas Müller:

Das lag sicher nicht am Verteilnetzbetreiber, dass da nur noch 7kW geladen wurden…der weiß nämlich heute noch überhaupt nicht welche Leistung im Ortsnetztrafo fließt und ob Ladestationen das Netz zu überlasten drohen…von daher kann der auch noch nichts auf der Lastseite regeln

§14 EnWG ist nur die rechtliche Grundlage. Um diese zu nutzen müssen die Verteilnetzbetreiber aber noch gehörig nachrüsten. Bislang sind >90% der Ortsnetztrafos noch „analog“ ohne jede Messtechnik oder irgendeune digitale Anbindung. Der Netzbetreiber bemerkt eine Überlastung heute noch meist erst dann, wenn der Trafo ausfällt und besorgte Kunden wegen dem Stromausfall anrufen…

Andreas Müller:

Die Verteilnetzbetreiber sind noch weit davon entfernt auf Basis von §14a EnWG die Leistung von Ladestationen zu begrenzen. Dafür müssten diese zunächst selbst erst einmal wissen, welche Netze / Leitungen zu überlasten drohen. Bislang sind >90% der Ortsnetztrafos ungeregelt und ohne Messtechnik. Der Netzbetreiber merkt oft nicht mal selbst, wenn ein ONT ausfällt…da müssen erst die Kunden anrufen damit der Netzbetreiber vom Stromausfall erfährt.

Erst wenn flächendeckend Netzbetreiber die Livedaten von Niederspannungs-Netzen einsehen und bewerten können, ist man in der Lage aktiv die Lasten zu regeln. Zudem muss dies diskriminierungsfrei geschehen, was allein schon eine große Herausforderung ist. Das wird mutmaßlich noch 10Jahre und länger dauern…und ist wirklich noch Zukunftsmusik. Derzeit agieren die Netzbetreiber mit statistischen Berechnungsmethoden anhand der techn. Regeln und rüsten die Netzte nach/ erweitern. Überlastungssituationen sind dabei reine Simulationsdaten aus der Netzmodellierung. Keinerlei reale Livedaten…

Ein mittelgroßer Netzbetreiber schafft es bspw..in dem nächsten Jahren nur ca 3% seiner Trafos mit Messtechnik nachzurüsten. Bis 2050 könnte es also knapp werden . Regelbare Ortsnetztrafos haben derzeit WG großer Nachfrage übrigens Lieferzeiten von ca 2Jahren. Also keine Panik als Ladestellenbetreiber/-Nutzer

Peter:

Bitte kurz verlinken wo denn zuletzt aktiv gedrosselt wurde, in dem Arikel geht es nur um ein Gesetz das im absoluten Ernstfall Ladestationen drosselt und selbst das nur mit öffentlich einsehbaren sinnvollen Bergründung und wärend der Kunde für die Drosselung sogar noch bezahlt wird, bei privaten Ladenanschlüssen bzw. Wärmepumpen sind dies ca. 200€ im Jahr Ausgleich, bitte erst informieren und dann darüber Hetzen, danke.

P.S.:

Laut Aussagen diverser Netzbetreiber gäbe es nichtmal ein Stromproblem wenn wir moregen auf einmal 10 Mio. E-Autos hätten

casimir374:

Warum dann nicht statt 30*4,2 kW 30*11 kW Lader aufstellen? Die Kosten für eine 11kW WB die man auf 4,2 kW drosseln kann sollten nicht viel höher sein. Dann bin ich mit den 45% bei fast 5 kW / Box.

FaWu:

Man muss aber auch sehen, dass Speditionen der im Beispiel genannten Größe in der Regel eigene Anbindungen ans Stromnetz haben, also vermutlich gar nicht gedrosselt werden müssen.

Davon ab haben viele mit PV nach- oder aufgerüstet, sodass da – wenn überhaupt – nur nachts Engpässe entstehen dürften.

Philipp:

Als wenn immer alle gleichzeitig laden und immer alle gleichzeitig eine Überlast im lokalen Netz hat.

Ach, wie einfach es sich manche machen.

Neulich war eine Tankstelle voll und man mußte warten. Also betrifft das alle Tankstellen weltweit, dass man immer warten muss?

„Ich war schon am Laden und konnte erst 3h später die Heimreise antreten, weil der AC Lader plötzlich nur noch 7kw lieferte.“
Selbst wenn das mal passiert: Warum fährst du dann nicht zum nächsten DC-Lader?

MiMaTu:

Ich dachte wir haben überhaupt kein Problem den kompletten Verkehr elektrisch zu befahren? Jetzt reden wir schon vom Drosseln, obwohl Deutschland nur 3% der Fahrzeuge elektrisch fahren. Welche Experten haben denn das damals gerechnet? Ich war schon am Laden und konnte erst 3h später die Heimreise antreten, weil der AC Lader plötzlich nur noch 7kw lieferte.
Zu oft versagt einfach das Versprechen, dass die E-Auto so die Lösung sei….

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