In den vergangenen Jahren verzeichnete der weltweite Markt für erneuerbare Energien ein starkes Wachstum. Die weiter gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit zu konventionellen Kraftwerken und die internationalen Anstrengungen gegen den Klimawandel (Pariser Abkommen) haben den erneuerbaren Energien zusätzliche Märkte und Anwendungsfelder erschlossen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat vor kurzem zum fünften Mal seine Studie über die Gestehungskosten von Strom aus Erneuerbaren Energien vorgelegt. Wie aus der Studie hervorgeht, sei es mittlerweile billiger, Strom durch Photovoltaik oder Windkraft zu produzieren als mit konventionellen betriebenen Kraftwerken. Doch, warum steigen hierzulande trotzdem die Strompreise? Das hat viele Gründe, auf die wir hier kurz eingehen.
Der Strom sei vor allem aus zwei Gründen teurer geworden: Zum einen sind die CO2-Preise gestiegen – das heißt der Kohlestrom, den wir hier in Deutschland immer noch brauchen – ist teurer geworden. Zum anderen kostet die Energiewende auch Geld. Die Infrastruktur muss ausgebaut werden, die hier entstehenden Kosten werden umgelegt auf alle – der Strompreis steigt. Hinzu kommen zahlreiche Zulagen, wie das Portal www.strom-report.de aufzeigt. Den größten Anteil haben staatliche Abgaben von gut 50 Prozent. Doch das ist nicht alles – gleich dazu mehr.
Laut Fraunhofer-Institut seien die Investitionsbedingungen für erneuerbare Energien in vielen Ländern hervorragend, da die Einhaltung der Klimaziele deutlich an Priorität gewonnen hat. Deshalb seien Investitionen in Technologien mit Verbrennung von fossilen Energieträgern immer stärker limitiert und rechnen sich folglich nicht mehr. Das starke Marktwachstum von erneuerbaren Energien und die hohen Investitionen in neue Kraftwerke gehen einher mit intensiven Forschungsanstrengungen, die in verbesserten Systemlösungen mit höheren Wirkungsgraden, niedrigeren Produktionskosten sowie geringeren Betriebskosten mündeten. In Kombination mit Massenfertigung konnten die spezifischen Investitionen und damit die Stromgestehungskosten aller Technologien deutlich gesenkt werden.
Weiter sinkende Stromgestehungskosten werden Wettbewerbsfähigkeit und die Absatzpotentiale der Technologien weiter deutlich wachsen lassen und zu einer weiterhin dynamischen Marktentwicklung der erneuerbaren Energien beitragen. „Windkraftwerke und Solarkraftwerke in Deutschland besitzen nun deutlich geringere Stromgestehungskosten als konventionelle Kraftwerke. Durch die steigenden Kosten für CO2- Zertifikate ist selbst der Betrieb von bestehenden konventionellen Anlagen, betrieben mit Kohle und Gas, in den kommenden Jahren immer weniger wettbewerbsfähig“, erläutert ISE-Wissenschaftler Christoph Kost.
Grünstrom wird in Zukunft günstiger hergestellt
Die Marktentwicklung hänge laut des Institutes in den kommenden Jahren insbesondere von der Umsetzung der Pariser Klimaziele ab. Die tatsächliche Marktentwicklung jeder Technologie ist jedoch entscheidend für den zeitlichen Verlauf der Kostendegression. Sicher sei jedoch, dass das Stromproduzieren mit erneuerbaren Energiequellen billiger wird. Wie das Fraunhofer Institut erklärt, erzielen Photovoltaik-Anlagen (PV) aktuell je nach Anlagentyp und Sonneneinstrahlung Stromgestehungskosten zwischen 3,12 und 11,01 Cent pro kWh. Die spezifischen Anlagenkosten liegen je nach Anlagentyp bei 530 bis 1600 Euro pro kWp. Bei kWp handelt es sich um eine theoretische Nennleistung, die vom tatsächlichen Ertrag einer Photovoltaikanlage abweicht. In den standardisierten Messungen werden Solarmodule bei 25°C Betriebstemperatur mit einer Leistung von 1 Kilowatt (1.000 Watt) pro Quadratmeter bestrahlt.
Da PV-Batteriesysteme einen wachsenden Markt im deutschen Stromsystem ausmachen, wurden sie in der Fraunhofer-Studie zum ersten Mal in den Vergleich aufgenommen. Die Stromgestehungskosten für PV-Batteriesysteme liegen heute zwischen 5,24 und 19,72 Cent pro kWh. Die große Bandbreite ergibt sich durch hohe Kostenunterschiede zwischen den verschiedenen Batteriesystemen. Beim Windstrom führen sinkende Anlagekosten zu Gestehungskosten von 3,94 bis 8,29 Cent für Onshore-Windenergieanlagen, was sie zur zweitgünstigsten Erzeugungstechnologie macht. Trotz höherer durchschnittlicher Volllaststunden von bis zu 4.500 Stunden pro Jahr sind Offshore-Windenergieanlagen mit knapp 7,23 bis 12,13 Cent deutlich teurer, was an den höheren Installations-, Betriebs- und Finanzierungskosten liegt (3.000 bis 4.000 Euro pro kW).
Potenzielle neue, konventionelle Kraftwerke kommen in Deutschland unter der Berücksichtigung von höheren CO2-Kosten nicht unter Stromgestehungskosten von 7,5 Cent. Im Jahr 2040 werden die Stromgestehungskosten auf Werte zwischen 3,58 und 6,77 Cent bei kleinen PV-Dachanlagen und zwischen 1,92 und 3,51 Cent bei Freiflächenanlagen prognostiziert. Ab dem Jahr 2024 sollen die Stromgestehungskosten aller PV-Anlagen (ohne Batteriespeicher) unter zehn Cent liegen. Im Jahr 2030 könnte dann die Stromerzeugung aus einem PV-Batteriesystem günstiger als aus einem Gas- und Dampf- (GuD) Kraftwerk sein. Blickt man bereits ins Jahr 2040, könnten dann selbst kleine PV-Batteriesysteme Stromgestehungskosten zwischen 5 und 12 Cent pro kWh erreichen.
Auch der Ausbau regenerativer Energien macht den Strompreis teurer
Die staatlichen Belastungen liegen laut www.strom-report.de auch im Jahr 2021 mit 51,4 Prozent auf sehr hohem Niveau. Sie sind im Vergleich zum Vorjahr anteilig um einen Prozent gesunken und betragen nun 16,39 Cent pro kWh. Der Kostenblock ist in den letzten zehn Jahren von 11,59 Cent auf 16,39 Cent gestiegen (im 10-Jahres-Verlauf um plus 41 Prozent) und hat sich seit Liberalisierung des Strommarktes 1998 vervierfacht. Der größte Teil im Bereich „Steuern und Abgaben“ ist mit 20,4 Prozent die EEG-Umlage. Sie hat sich im 10-Jahres-Verlauf fast verdoppelt. Die EEG-Umlage wurde für 2021 auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt und für 2022 werde sie auf sechs Cent gesenkt.
Auf den Strompreis oben drauf kommen auch die Netzentgelte. Das sind Kosten, die vom Netzbetreiber für die Durchleitung des Stroms durch ihre Netze erhoben werden. Davon werden die Kosten für den Aufbau, den Betrieb und die Instandhaltung des Stromnetzes bezahlt. Diese Gebühren sind der zweitgrößten Kostenblock des Strompreises. Sie sind 2021 im bundesdeutschen Durchschnitt um 1,4 Prozent gesunken und haben aktuell einen Anteil von 24,1 Prozent am Strompreis. Der Anstieg der Stromtransportkosten wird mit dem erforderlichen Netzausbau im Rahmen der Energiewende begründet (plus 14 Prozent). Je nach Wohnort schwanken die Netznutzungsentgelte deutlich, weshalb die Strompreiszusammensetzung nicht in ganz Deutschland einheitlich ist.
Ein weiterer Kostentreiber ist die CO2-Bepreisung. Wie die Bundesregierung mitteilt, müssen seit diesem Jahr Unternehmen, die Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel in den Markt bringen, einen CO2-Preis bezahlen. Sie werden verpflichtet, für den Treibhausgas-Ausstoß, den diese Brennstoffe verursachen, Emissionsrechte zu erwerben. Das geschieht über den neuen nationalen Emissionshandel. Das Brennstoff-Emissionshandelsgesetz legt dar, wie das nationale Emissionshandelssystem (EHS) ausgestaltet werden soll. Diese Maßnahme ist Teil des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung. Für Gebäudewärme und Verkehr fehle bisher ein wirksames Preissignal, das die CO2-Intensität durch den Verbrauch von fossilen Heiz- und Kraftstoffen abbildet. Denn das europäische EHS gilt nicht für diese beiden Sektoren. Fakt ist: Der neue CO2-Preis wird den Verbrauch von fossilen Heiz- und Kraftstoffen teurer machen. Damit wird die Nutzung klimaschonender Technologien wie Wärmepumpen und Elektromobilität, das Sparen von Energie und die Nutzung erneuerbarer Energie lohnender.
Die EEG-Umlage, die im Jahr 2000 von der rot-grünen Bundesregierung eingeführt wurde, um die Energiewende zu finanzieren, ist sicherlich zurzeit auch ein großer Preistreiber. Sie stieg von 0,19 Cent im ersten Jahr auf mittlerweile 6,5 Cent pro Kilowattstunde, soll aber, wie bereits erwähnt, gedeckelt werden. Ökostrom-Produzenten erhalten durch die Umlage von den Betreibern der Übertragungsnetze über 20 Jahre eine Vergütung für jede Kilowattstunde. Allerdings liegt der Börsenstrompreis, und somit der echte Marktwert des Stroms, deutlich niedriger. Wie auf stern.de zu lesen ist, hänge der aktuelle Anstieg bei den Strompreisen diesmal nicht nur an Preistreibern wie der EEG-Umlage oder den Netzentgelten. Als einer der Hauptgründe wird hier der gestiegenen Großhandelspreis genannt, weil folglich auch Stromanbieter den Strom teurer einkaufen müssen. So hat sich der Großhandelspreis für Strom an der Energiebörse EEX seit vergangenem Herbst etwa verdoppelt.
Die Strompreise für Elektroautos schwanken stark – zuhause ist es am günstigsten
An der heimischen Wallbox kostet die Kilowattstunde Strom zum Laden des Elektroautos im Schnitt genau so viel wie Haushaltsstrom, deshalb sollten E-Auto-Fahrer vorzugsweise auch hier laden – zumal Wallboxen vom Bund subventioniert werden. Die Netzbetreiber werden für die Differenz aus EEG-Mitteln entschädigt, damit sie nicht auf den Kosten sitzenbleiben. Zudem finanziert der Staat auch Netzeingriffe zum Ausgleich schwankender Einspeisungen aus EEG-Mitteln. Die EEG-Umlage wird jedes Jahr von den Übertragungsnetz-Betreibern neu kalkuliert. Häufig können sich Unternehmen mit hohem Stromverbrauch von der Umlage befreien lassen.
Die Berechnung der Stromkosten für 100 Kilometer ist bei einem Elektroauto recht einfach, wenn der Verbrauch bekannt ist. Beim Nissan Leaf liegt der Verbrauch zum Beispiel bei circa 17 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Vorausgesetzt man lädt an der heimischen Wallbox, wo der Ladestrom so viel wie Haushaltsstrom kostet, kosten 17 Kilowattstunden beim derzeitigen Strompreis von 31,94 Cent pro Kilowattstunde (laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW)) insgesamt 5,42 Euro (Stand Juli 2021). In der Realität schwankt der tatsächliche Preis jedoch – in Abhängigkeit von Abrechungsmodell, Ladeleistung und Ladepunkt. Die einfache Berechnung der Strom-Kosten auf 100 Kilometern sollte daher als grobe Orientierung gesehen werden. Laut auto-motor-und-sport.de lassen sich die realen Kosten pro 100 Kilometer als Durchschnitt meist erst nach ein paar Monaten errechnen, wenn regelmäßig die selben Ladestationen angefahren wurden.
Dass der Umstieg auf die erneuerbaren Energien gelingt, wird davon abhängen, ob sich neben dem Ausbau der Infrastruktur auch genügend zusätzliche Grünstrom-Anlagen errichten lassen. Denn der Strombedarf in Deutschland wächst weiter. Zudem muss sich an der regulatorischen Seite einiges ändern, bevor der billige Ökostrom Wirklichkeit wird und beim Endverbraucher tatsächlich ankommt. Und dann ist immer noch fraglich, in wie weit die Ersparnisse weitergegeben werden. Folglich wird nicht nur jede Menge Strom ins Land gehen, sondern vermutlich auch viel Zeit.
Quellen: Fraunhofer Institut, BDEW, BMU, bundesregierung.de, auto-motor-und-sport.de, stern.de, www.strom-report.de