William Li, CEO von Nio: „Wir müssen 2025 profitabel werden“

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Sebastian Henßler
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  —  Lesedauer 5 min

Nio-CEO William Li hat im Nachgang der Quartalszahlen für das vierte Quartal 2024 betont, dass das Unternehmen in diesem Jahr die Profitabilität erreichen muss. „Wir können nicht erwarten, dass wir erst im 16. oder 20. Jahr profitabel werden wie Amazon oder Tesla“, erklärte er. Nio habe massiv in neue Technologien, Infrastruktur und die Entwicklung neuer Modelle investiert, sodass sich diese Investitionen nun auszahlen müssten, wie Late Auto berichtet.

Ein zentraler Treiber sei die starke Produktoffensive. 2025 bringt Nio insgesamt neun neue Modelle auf den Markt. Besonders der ET9, dessen Auslieferung Ende der Woche startet, und weitere überarbeitete Modelle wie der ET5, ET5T, ES6 und EC6 seien wichtige Umsatzträger. Zudem werde ein besonders strategisches Modell im vierten Quartal erwartet. „Dieses neue Modell wird in puncto Produktdefinition und Kostenstruktur sehr wettbewerbsfähig sein und unsere neueste Technologie nutzen“, so Li. Auch die Submarke Onvo (in China bekannt als Ledao) setzt auf Expansion mit dem Onvo L60, dessen stabile Auftragseingänge trotz herausforderndem Marktumfeld optimistisch stimmen, sowie den neuen Modellen L90 und L80, die 2025 folgen.

Ein weiterer Faktor sei der technologische Fortschritt. „2025 ist ein großes Jahr für Technologie“, betont Li. Der ET9 bringe 17 weltweit führende neue Technologien, darunter das Tianxing-Fahrwerk mit vollaktiver hydraulischer Federung. Zudem habe Nio massiv in Chips und Betriebssysteme investiert, um die Fahrzeugleistung und -effizienz zu steigern. „Unsere eigene Entwicklung der Steuerchips erlaubt uns nicht nur eine bessere Performance, sondern hilft uns auch, Kosten zu senken“, erklärte er.

Nio: Partnerschaften für Batteriewechsel und neues Vertriebskonzept für Europa

Neben Produkten und Technologie setzt Nio verstärkt auf den Ausbau des Batterietausch-Netzwerks. „Wenn ich in der Zeit zurückgehen könnte, hätte ich früher mit der Expansion begonnen“, gibt Li zu. In China stammen 50 Prozent der Nio-Verkäufe aus Jiangsu, Zhejiang und Shanghai, wo auch ein Drittel der bisherigen 3188 Batterietauschstationen stehen. „Das zeigt, wie stark sich die Infrastruktur auf den Absatz auswirkt.“

Künftig werde Nio vermehrt auf Partnerschaften setzen: „Wir arbeiten mit Provinzbehörden, Energieunternehmen und Tankstellenbetreibern zusammen, sodass wir die Kosten reduzieren und schneller expandieren können.“ Ziel sei es, bis Jahresende „Batterietausch in allen Landkreisen“ zu ermöglichen. Auch international werde die Strategie optimiert: „Wir haben aus Europa gelernt und setzen dort künftig auf Partnerschaften statt auf kapitalintensive Direktvertriebsmodelle.“

Eine Umstellung gibt es auch beim internationalen Vertrieb. Die bisherigen Direktvertriebsstrategien in Europa, insbesondere in Deutschland, hätten sich als zu kapitalintensiv erwiesen. „Norwegen war kein gutes Beispiel für den gesamten europäischen Markt“, erklärt Li. Künftig werde Nio daher auf nationale Partner setzen, die nach dem direkten Vertriebsmodell operieren, aber eigene Ressourcen einbringen. „Diese Strategie ist kosteneffizienter und verringert unser Risiko.“ In China hingegen wird weiterhin auf eine flächendeckende Präsenz gesetzt, um den Wettbewerbsvorteil durch eine enge Kundenbindung zu wahren.

Ein entscheidender Hebel zur Profitabilität sei die konsequente Kostenkontrolle. Unter dem Namen „Cost Mining“ habe Nio einen neuen Ansatz implementiert, um Einsparpotenziale in der gesamten Wertschöpfungskette zu identifizieren. „Jede eingesparte Einheit multipliziert sich mit unserer Produktionsmenge und hat eine enorme Wirkung“, erklärt Li. Im letzten Jahr habe Nio bereits 6000 Einsparmöglichkeiten identifiziert.

Ein weiterer Fokus liegt auf der Transparenz in der Lieferkette. „Wir haben unser System an Apple angelehnt und verlangen von Lieferanten eine vollständige Offenlegung aller Kosten“, so Li. Zudem wurden Einkaufs- und Entwicklungsprozesse entkoppelt, um Skaleneffekte besser zu nutzen. Bei der Sitzproduktion erhalte beispielsweise ein Lieferant das gesamte Plattformvolumen, während die Montage separat vergeben werde.

Auch im Service-Bereich setzt Nio auf Effizienzsteigerungen. „Guter Service bedeutet nicht kostenloser Service“, stellt Li klar. Eine Neuausrichtung der Servicepakete habe dazu geführt, dass dieser Bereich mittlerweile profitabel sei. „Wir haben festgestellt, dass Kunden bereit sind, für echten Mehrwert zu zahlen, wenn der Service erstklassig bleibt.“

Li: „haben jetzt die Werkzeuge und die Disziplin, um nachhaltig profitabel zu werden.“

Auf organisatorischer Ebene wurden 2024/ 2025 weitere Anpassungen vorgenommen. „Wir haben ein neues Geschäftsbereichsmodell eingeführt, das Kosten- und Investitionsverantwortung direkt auf die einzelnen Einheiten überträgt“, erklärt Li. So seien Regionalleiter nun verantwortlich für ihre eigenen Batterietauschstationen, und auch interne Anreizsysteme wurden an wirtschaftliche Ergebnisse gekoppelt. „Es geht nicht darum, nur zu sparen oder nur zu investieren – beides muss sich am ROI messen lassen.“ In diesem Zusammenhang ein Blick auf die Zahlen vom Gesamtjahr 2024:

  • Fahrzeugverkäufe: 58,2 Milliarden RMB (7,66 Milliarden Euro), +18,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr
  • Fahrzeugmarge: 12,3 Prozent (Vorjahr: 9,5 Prozent)
  • Gesamtumsatz: 65,7 Milliarden RMB (8,64 Milliarden Euro), +18,2 Prozent
  • Bruttogewinn: 6,5 Milliarden RMB (854 Millionen Euro), +112,8 Prozent
  • Bruttomarge: 9,9 Prozent (Vorjahr: 5,5 Prozent)
  • Betriebsverlust: 21,9 Milliarden RMB (2,88 Milliarden Euro), -3,4 Prozent
  • Bereinigter Betriebsverlust (non-GAAP): 19,9 Milliarden RMB (2,62 Milliarden Euro), -1,7 Prozent
  • Nettoverlust: 22,4 Milliarden RMB (2,95 Milliarden Euro), +8,1 Prozent
  • Bereinigter Nettoverlust (non-GAAP): 20,5 Milliarden RMB (2,69 Milliarden Euro), +11,6 Prozent

Trotz der Herausforderungen zeigt sich Li optimistisch: „Wir haben viele Lektionen gelernt. Dieses Jahr stehen Management-Effizienz und Kostendisziplin im Fokus, um unser Ziel der Profitabilität im vierten Quartal zu erreichen.“ Die verstärkte Automatisierung von Produktionsprozessen, eine verbesserte Preisgestaltung sowie der Fokus auf margenstarke Modelle sollen zusätzlich dazu beitragen, dass Nio dauerhaft in die Gewinnzone eintritt. „Wir haben jetzt die Werkzeuge und die Disziplin, um nachhaltig profitabel zu werden.“

Quelle: Late Auto – Li Bin’s latest communication meeting and Q&A transcript: Someone must be responsible for each operating report, and the fourth quarter must be profitable / Nio – NIO Inc. Reports Unaudited Fourth Quarter and Full Year 2024 Financial Results

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Philipp:

[Edit: Kommentar gelöscht, bitte unsere Netiquette beachten, danke / Die Redaktion]

Markus:

Völlig korrekt, die Batterie Wechselstationen sind ein alleiniger Irrweg. Die Ladeleistung ist selbst heute schon schnell genug, dass sich der Aufwand nicht lohnt. Wenn alle Autos die selbe Batterie hätten (Format), könnte es vielleicht Sinn machen. Sonst nicht.

Roman L.:

Papa bist du‘s.. Spaß gg
Welcher Fortschritt wird damit verhindert?
Ladeleistung? Selbst 1000kw BYD bringen keine 80kwh (oder sogar 130kwh beim Großen) innerhalb 3-5min in das Auto, abgesehen davon, dass es diese Lader ebenfalls flächendeckend braucht.
Preislich? massiver Wertverlust für alle aktuellen Autos. Nio steuert das mit Reduktionen der Gebühren (wie bereits in China passiert)
Reichweite? Nio packt 75-150kwh in einen Wagen der unter 4,8m ist.
Reparaturen, Garantie? Ebenfalls gelöst.

Helmut L.:

Der Ankündigungsspezialist Li hat indirekt zugegeben, dass NIO vor dem Bankrott steht. Wen wundert’s?:
• Das Vertriebskonzept funktioniert nicht in Europa.
• Wer sich ein Oberklassefahrzeug leisten kann, wendet sich einer etablierten prestigeträchtigen deutschen Marke zu.
• Und die Batterie-Wechselstationen verhinden technologischen Fortschritt:
In fünf und zehn Jahren wird es bessere Batterietechnologien geben. Wird dann NIO an den Wechselstationen Batterien in drei Technologiegenerationen multipliziert mit mehreren Kapazitätsgrößen vorhalten können? Das ist unmöglich.
Das Batteriewechselkonzept ist daher Unsinn.

Markus:

Ich hatte kürzlich das Vergnügen, einen NIO ET7 zu fahren. Erster Eindruck überzeugen. Nach ein paar Kilometern stellte sich schnell Ernüchterung ein. Es wurde schnell klar, was der Unterschied zwischen einem STart-up und einem etablierten OEM mit jahrelanger Erfahrung ist. Infotainment top, wenn auch völlig überladen. Lenkung völlig gefühllos und entkoppelt, Fahrwerk sehr komfortabel, solange man das Schiff ohne Querbeschleunigung bewegt. Ebenso Sitze. Im ersten Moment komfortabel, 500 Kilometer möchte ich nicht darauf sitzen. Viel zu weich und ohne Seitenhalt. Am schlimmsten aber: Fahrassistenz. Wenn man bedenkt, wie in China das autonome Fahren gehypt und gelobt wird und man dann im Nio merkt, wie L2 funktioniert, dann gute Nacht. Das Dinge bremste wann es wollte. Beeindrucken zwar, wie das durch den Lidar erstellt Bild im Kombi dargestellt wird, genutzt werden die Daten ganz offensichtlich nicht oder wenn nur schlecht. Wer mal L2 in einem Daimler oder BWM gefahren ist, schüttelt im Nio nur den Kopf!

Philipp:

“Guter Service bedeutet nicht kostenloser Service”, stellt Li klar. Eine Neuausrichtung der Servicepakete habe dazu geführt, dass dieser Bereich mittlerweile profitabel sei. “Wir haben festgestellt, dass Kunden bereit sind, für echten Mehrwert zu zahlen, wenn der Service erstklassig bleibt.”

Wenn Nio in China die Preise erhöht, wird also Nio für die Verbraucher attraktiver?

Groß:

In China wird NIO für die Verbraucher immer attraktiver.
Auch weil sie sich den Kundenwünschen anpassen und nicht die Kunden müssen sich an die auf Gewinn ausgelegten Modelle der Konzerne anpssen.

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