Warum Teslas Cybertruck wohl nicht so schnell nach Europa kommen wird

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Felix Katz
Felix Katz
  —  Lesedauer 6 min

Am 30. November präsentierte Tesla-Chef Elon Musk den jüngsten Neuzugang der Tesla-Familie: den Cybertruck. Ein elektrischer Pick-up, der kaum eckiger sein könnte. Und da liegt das Problem – zumindest, wenn es um die Zulassungsfähigkeit in Europa geht, glauben Experten.

Nach langem Warten wurden am 30. November endlich die ersten Tesla-Cybertruck-Modelle in den USA an Kunden ausgeliefert. Elon Musk stellte während eines Events auch offiziell die Serienversion vor. Ursprünglich hatte Tesla bei der Vorstellung des Fahrzeugs im Jahr 2019 einen Einstiegspreis von 39.900 Dollar und eine Preisspanne bis etwa 70.000 Dollar angekündigt. In Wahrheit aber fallen die Preise vier Jahre später deutlich teurer aus: Der Einstiegspreis liege bei knapp 61.000 Dollar (knapp 56.000 Euro), Versionen mit Allradantrieb kosten ab 80.000 Dollar und für die leistungsstärkste Variante müssten Kunden sogar rund 100.000 Dollar hinblättern, wie die Tagesschau berichtet. Der E-Pick-up wird in drei Varianten angeboten: als Einstiegsmodell mit Heckantrieb (ab 2025), eine mit 608 PS starkem Allradantrieb sowie die Top-Version „Cyberbeast“ mit vier Elektromotoren. Diese wurde bei der offiziellen Vorstellung mit amüsanten Einspielern beworben, die gezeigt haben, dass Teslas Cybertruck schneller sein soll als ein Porsche 911, noch dazu mit einem Anhänger und einem weiteren Elfer am Haken.

Das progressive Design der Studie bleibt erhalten, wobei ein Exoskelett aus rostfreiem Edelstahl Robustheit, Sicherheit und Langlebigkeit versprechen soll. Die Maße des Fahrzeugs betragen 5,68 Meter Länge, 1,79 Meter Höhe und 2,20 Meter Breite, die Bodenfreiheit wird mit gut 43 Zentimetern angegeben. Darüber hinaus soll sich der Cybertruck bestens als Zugfahrzeug eignen: „Transportieren sie alles, einfach alles, was sie brauchen — mit 1134 kg Nutzlast und 4990 kg Anhängelast, was einem durchschnittlichen afrikanischen Elefanten entspricht“, steht auf Teslas Seite geschrieben. Der Innenraum bietet Platz für fünf Personen und verfügt über ein 18,5-Zoll-Zentraldisplay sowie einen zusätzlichen 9,4-Zoll-Touchscreen im Heck. Die Ladefläche im Heck sei abschließbar, multifunktional und könne bis zu 3423 Liter aufnehmen.

Warum Teslas Cybertruck wohl nicht so schnell nach Europa kommen wird
Die schiere Größe und das immense Gewicht machen den aktuellen Cybertruck für hiesige Straßen ungeeignet. Doch vielleicht plant Tesla ja einen angepassten Europa-Ableger … | Bild: Tesla

Wir erinnern uns noch gut an die erste Präsentation des Cybertrucks, der als unzerstörbar beworben wurde. Damals wurde diese Eigenschaft live von Teslas Designchef Franz von Holzhausen vor dem gesamten Publikum getestet. Obwohl der Truck dem Hieb mit einem Vorschlaghammer standhielt, zeigte der anschließende Wurf einer Stahlkugel sichtbare Schäden an der Windschutzscheibe. Dies war nicht nur peinlich, sondern führte auch zu einem zeitweisen Einbruch der Aktien um vier Prozent.

Zu groß, zu schwer, zu gefährlich für andere Verkehrsteilnehmer

Tesla habe nun die ersten Modelle in den USA ausgeliefert, was in den sozialen Medien für Aufsehen sorgte. Doch die Chancen, den Cybertruck bald auf deutschen Straßen zu sehen, scheinen gering. Auch wenn es eine deutsche Fassung der Produktwebseite gibt, finden sich aktuell keinerlei Informationen darüber, ob Tesla plant, den Truck auch in Europa zu bringen. Grund: Die Dimensionen des Cybertrucks, seine Masse und der Preis machen ihn möglicherweise ungeeignet für unsere Straßen. Das hohe Eigengewicht beträgt je nach Ausführung gut drei Tonnen. Anmerkung: Ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht bräuchte es in Deutschland einen teuren (rund 2000 Euro) Lkw- oder einen älteren Autoführerschein, bei dem die 3,5-Tonnen-Grenze noch nicht galt.

Darüber hinaus könnte das harte Material der Karosserie sowie die kantige Außenhaut zu Zulassungsschwierigkeiten in Europa führen, insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Fußgängern und Radfahrern. Angesichts des hohen Fahrzeuggewichts könnte der Cybertruck bei Unfällen andere Autos schnell schwer beschädigen und deren Insassen verletzen.

Musk beschrieb die Eigenschaften beim Event anlässlich der ersten Auslieferungen so: „Wenn sie mal eine Auseinandersetzung mit einem anderen Auto haben, gewinnen Sie.“ Nicht zuletzt könnte auch die offenbar langsame Hochfahrphase der Produktion ein Hemmschuh sein, die nicht mit der starken Nachfrage Schritt halten kann, wird weiter berichtet. In den USA lägen bereits über eine Million Bestellungen vor. Elon Musk sagte laut dem Bayerischen Rundfunk kürzlich, dass es Jahre dauern könnte, bis das Ziel von 250.000 produzierten Cybertrucks pro Jahr erreicht wird.

Nichtsdestotrotz hat Teslas Cybertruck beeindruckende Daten vorzuweisen: Das Top-Modell Cyberbeast, ausgestattet mit vier Motoren, könne in nur 2,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit erreiche dabei 209 km/h, allerdings gehe dies auf Kosten der Reichweite, die auf 515 km sinke (laut Hersteller-Webseite ein geschätzter Wert). Nach Kenntniss der Autozeitung gebe es aktuell auch noch keine Informationen zur Vierradlenkung „Crab Walk“. Es wird vermutet, dass dies möglicherweise als kostenpflichtige Zusatzoption verfügbar sein wird.

Warum Teslas Cybertruck wohl nicht so schnell nach Europa kommen wird
Der Innenraum bietet Platz für fünf Personen und verfügt über ein 18,5 Zoll großes Zentraldisplay sowie einen zusätzlichen 9,4-Zoll-Touchscreen im Fond | Bild: Tesla

Anpassung der Ladetechnik nötig

Der elektrische Pick-up kann am Schnelllader mit bis zu 250 kW in nur 15 Minuten zusätzliche Energie aufnehmen, was einer Erhöhung der Reichweite um 206 km entspricht. Womit wir beim nächsten Hindernis für Europa wären: die Inkompatibilität des Ladeanschlusses. Während die in den USA hergestellten Cybertrucks den Tesla-NAC-Standard verwenden, der in den USA weit verbreitet ist, ist er nicht mit dem in den meisten europäischen Ländern verwendeten CCS-Netz kompatibel. Es könnte jedoch sein, dass Tesla Modifikationen vornimmt, um den Cybertruck fit für europäische Straßen zu machen. Dazu gehören möglicherweise die Anpassung der Ladetechnik für die CCS-Kompatibilität und eine Verringerung des Gewichts.

Bleibt dennoch die Frage nach dem Preis. Auch wenn der Cybertruck wie eingangs erwähnt für amerikanische Verhältnisse recht günstig ist, dürfte der im Fall einer Markteinführung in Europa abschreckend wirken, insbesondere wenn man die US-Listenpreise von Tesla in Euro umrechnet. Das Einstiegsmodell könnte dann kaum unter 65.000 Euro liegen, vermutet das Branchenmagazin Business Insider. Für einen offenen Transporter, der normalerweise als Nutzfahrzeug gilt, dürfte dies eine beträchtliche Summe sein, die nur wenige bereit sind auszugeben. Dies könnte dazu führen, dass sich eine Europavariante des Cybertrucks für Tesla finanziell nicht rentiere.

Die geringe Verbreitung von großen Pick-ups in Europa könnte ein weiterer Grund sein, warum Tesla zögert, den Cybertruck hier anzubieten. Pedro Pacheco, Vizepräsident für Forschung bei Gartner merkte gegenüber Business Insider an, dass der europäische Markt vorwiegend auf „Einsteiger-Pickups“ ausgerichtet sei. Elon Musk hatte zwar in der Vergangenheit eine kleinere Version des Cybertrucks für den europäischen Markt in Aussicht gestellt, bisher gibt es aber keine konkreten Updates dazu. Mit mehr als zwei Millionen Vorbestellungen in Nordamerika habe Tesla ohnehin große Schwierigkeiten, die Nachfrage am heimischen Markt zu bedienen. Leider bleibt aktuell kaum eine andere Möglichkeit als abzuwarten, wie sich Tesla entscheiden wird.

Quellen: BR24 – Teslas Cybertruck wohl noch länger nichts für Europa / Business Insider – Elon Musks Cybertruck wird nicht so bald nach Deutschland kommen – das sind die Gründe / Welt – Dieser Pickup soll für den nächsten großen Tesla-Moment sorgen / Autozeitung – Das kostet der Cybertruck wirklich / Tesla – Cybertruck Produktwebseite / Tagesschau – Teslas Cybertruck kostet viel mehr als angekündigt

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Felix Katz

Felix Katz

Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.
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Herwig:

„Wenn sie mal eine Auseinandersetzung mit einem anderen Auto haben, gewinnen Sie.“
Dann hoffe ich mal stark, dass die Ladetechnik nicht an CCS angepasst und damit dieses Monster in Europa nicht verkauft wird!
Denn ich wäre das im anderen Auto, und ich hänge noch sehr am Leben!

Silverbeard:

Die Haube vorne scheint weich zu sein. Ausserdem hat sie die richtige Höhe für den Fußgängeraufprall. Bei deutschen Karosserien wird für den USA Export die B-Säule verstärkt (wegen Pickup Seitenaufprall). Ich glaube, die Ansprüche an den Crashtest sind gar nicht so unterschiedlich.
Trotzdem vermute ich mal, das wir den Cybertruck etwa so oft auf deutschen Straßen sehen werden wie Supersportwagen.

Silverbeard:

Und das ändert jetzt genau was daran, das es diese Dinge trotzdem gibt und wir damit leben müssen?

Läubli:

Das kann so sein, weiss ich auch nicht genau. Weil wohl nicht jeder dieses krasse Dickschiff von Hummer EV fahren will, aber dennoch etwas Aussergewöhnliches sucht… der steigt dann nicht vom Hummer auf den Cyber ab, sondern vom Enyaq auf den Cyber auf.

Georg Laackman:

Es gibt Dinge die die Welt nicht braucht.

Name ist Egal:

Na! Auf Marketing Bla Bla reingefallen? Steer by Wire gibt es schon lange von anderen Herstellern. Das ist nichts neues.

Marc:

Mir ist nicht bekannt, dass GM für den Hummer EV eine Zulassung für Europa beantragt hat. ich vermute eher, diese Fahrzeuge sind im Rahmen einer Einzelzulassung in den Markt gebracht worden. Das ist sicher auch beim CyberTruck möglich. Nur, warum sollten Hummer EV Nutzer von 220 kWh auf 123 kWh herabsteigen? Außerdem ist der Hummer EV auch ein Cabriolet.

Läubli:

Ich denke auch, dass es eher schwer wird, eine EU-Zulassung zu bekommen. Aber, dass er ganz sicher keine bekommt, würde ich mal so nicht sagen… der Hummer EV hat auch eine bekommen, wie gut da in der Realität ein Fußgänger jeglichen Alters davonkommen sollte, darüber lässt sich streiten. Die Kanten und das Blech sind wohl eher das Problem, was den Zulassungsbehörden nicht passt. Aber auch hier gilt: will man das Gefährt zulassen, dann bekommt er eine, will man es um Alles verhindern, bekommt er keine. Die Behörden haben es in der Hand, trotz allen von dir bereits genannten Normen und Vorschriften, da bin ich überzeugt davon, man kann vieles manipulieren, wenn man will.

Nur, will jemand in Europa wirklich mit den Cybertruck rumfahren… höchstens die Hummer-Fahrer, ansonsten wohl niemand…. da kannst du das Parkhaus und so vieles mehr gleich vergessen. Als Direktimport wird der eine oder andere Cybertruck den Weg nach Europa wohl oder übel schaffen, auch wenn er nicht auf die Straße geht.

Marc:

Ja, nach ISO 26262. Am bekanntesten in diesem Zusammenhang sind sicher die lenkenden Hinterachsen an verschiedenen deutschen Premiumfahrzeugen. Aber auch Schwerlasttransporte werden fast immer am Trailer ohne direkte Anbindung gelenkt. Allerdings wird vom Gesetzgeber eine Rückfallebene verlangt. Das muss nicht eine mechanische Lenksäule sein, sondern kann auch ein zweiter Lenkmotor oder eine zweite Elektronik sein. Da steht zu vermuten, dass der Tesla in dieser Hinsicht nichts zu bieten hat.

Marc:

Zur Typengenehmigung gehören dynamische und statische Anprallversuche erst simuliert, dann praktisch. Das funktioniert so, dass es zugelassene Simulationsmodelle gibt, wo der Hersteller für vier Fußgängerklassen (6jähriges Kind, 5% Frau, 50% Mann und 95% Mann) einen Impact mit 40 km/h darstellen muss und da geht es um geringsten Lasteneintrag und es gibt Grenzwerte für vier Fahrzeugmodelle. Das sind Sedan, SUV, OneBox und Sportwagen. Auf Basis dieser Ergebnisse wird es praktische Versuche mit sog. Impaktoren geben. Das sind quasi Teil-Dummys. Da gibt es für jedes Fahrzeugmodell bestimmte Grenzen, ich nenne nur mal exemplarisch drei Werte für den Low-Leg-Impactor an einem Sedan: Tibia-Beschleunigung unter 150g, Biegewinkel unter 15° und Scherweg unter 6 mm. Genau aufgrund dieser Komplexität und des fachlichen Niveaus gibt es keine einzelne Bestimmung, die dem Laien gleich klarmachen würde, dass der Cybertruck keine Zulassung bekommt. Er bekommt aber ganz sicher keine, das haben verschiedene Experten gesagt.

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