Seat/ Cupra: „Wir haben Respekt vor den neuen Wettbewerben, aber keine Angst“

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BeHonest | Seat-/ Cupra-Executive Sven Schuwirth (li.) mit EAN-Autor Henning Krogh in der Cupra City Garage am Münchner Odeonsplatz

Henning Krogh
Henning Krogh
  —  Lesedauer 7 min

Sven Schuwirth ist Vorstandsmitglied der spanischen VW-Konzerntochter Seat, einschließlich des Sublabels Cupra. Im Interview mit Elektroauto-News spricht der für Vertrieb, Marketing und After-Sales verantwortliche Topmanager über den kommenden 25.000-Euro-Stromer Cupra Raval und potenzielle Akkuantriebe für Seat. Zudem ordnet Schuwirth die Herausforderungen durch fernöstliche Konkurrenten ein, erläutert die Hybridstrategie von Seat sowie Cupra – und nennt ein konkretes Beispiel für die „Kannibalisierung“ innerhalb der VW-Gruppe.

Henning Krogh, Elektroauto-News: Sven Schuwirth, welche Impulse erwartet der Vorstand für Vertrieb, Marketing und Aftersales bei Seat/ Cupra von der IAA 2025 in München für das Mobilitätsgeschäft?

Sven Schuwirth: Vor allem erwarte ich, dass wir einen weiteren Kick in die richtige Richtung bekommen. Wir haben auf der IAA ein paar schöne Neuigkeiten präsentiert. Zum einen, mit dem noch leicht getarnten Raval, den zukünftigen Einstieg für die Marke. Man konnte schon relativ viel sehen, und das Auto wird für uns – neben dem Formentor seinerzeit – der wichtigste Launch in der Geschichte von Cupra sein. Wir sind überzeugt, dass es auch bei der Preisstellung ein Modell ist, mit dem wir den Kundenstamm deutlich erweitern und der Elektromobilität den notwendigen Push geben können.

Am oberen Ende der Palette wiederum haben wir den großen Traum gezeigt, der in ein paar Jahren dann auch auf der Straße sein wird – den Cupra Tindaya. Dann werden wir ein wunderschönes Portfolio von rund vier Metern bis vier Meter achtundsiebzig haben. Der Tindaya ist ein Statement. Er wird uns die Möglichkeit geben, Kunden anzusprechen, die sagen, dass ihnen ein Terramar zu klein ist. Unser Portfolio wird strategisch sehr schön gegliedert sein, mit Autos zwischen Raval und Tindaya wie Leon, Formentor, Born und Tavascan.

Die kultige Submarke Cupra hat auf der Messe mit dem Konzeptfahrzeug Tindaya einen Ausblick gegeben auf die künftigen Designmerkmale ihrer Modelle. Welche Rückmeldungen hast Du zu ersten Bildern und Informationen bekommen von Handelspartnern und Zielkunden?

Den Tindaya hatte vorab kein Händler und kein einziger möglicher Kunde gesehen. Wir waren und sind auch so überzeugt von der Philosophie dahinter. Es ist ein mutiger Schritt, weil das Auto sehr expressiv ist.

Der Tindaya ist sogar noch wichtiger als seinerzeit der Dark Rebel. Warum? Der Dark Rebel ist ein Sportwagen. Ein Traum, der ein Traum bleibt. Den Tindaya jedoch werden wir im Straßenbild sehen. Und ich glaube, dass er der Marke gut zu Gesicht steht. Wir bei Cupra drehen unsere Geschichte weiter, wir machen Rock ’n’ Roll. Interieur und Exterieur sind wirklich besonders beim Tindaya, er wird ein Hingucker. Futuristisch und stattlich.

Der Tindaya ist Cupras voluminösester Pkw-Entwurf bisher. Lassen die beträchtlichen Abmessungen sowie seine Felgen im riesigen Format 23 Zoll auch schließen auf die erhoffte Ansprache nordamerikanischer Zielkundschaft?

Der Tindaya ist von den Dimensionen her gedacht als ein europäisches Auto – und zusätzlich potenziell für Nordamerika. Für die USA hatten wir sogar die Überlegung, ein noch größeres Fahrzeug zu machen.

Jetzt haben wir gesagt, dass wir bei der Frage nach einem Markteintritt in Nordamerika zwei Jahre abwarten, den Markt weiter beobachten und dann neu diskutieren. Klar, wir hatten ursprünglich die Hoffnung, dass es eine andere Lösung gibt bezüglich der Zölle zwischen der Europäischen Union und den USA.

Nun schauen wir mal, wie der Volkswagen Konzern und andere Konzernmarken sich aufstellen werden – und welche Konsequenzen das auf unsere Produktionsstrategie haben wird. Und dann wird der Schritt kommen, dass wir bei Cupra auch überlegen und bewerten werden, welche Fahrzeuge wo gebaut werden.

Von ziemlich groß zu eher klein: Bezahlbare Elektromobilität nehmen viele Automobilhersteller immer wichtiger. Volkswagen, Hauptmarke des VW-Konzerns, arbeitet am ID.Every1/ ID. Up für 2027. Wäre ein Seat-Ableger dieses 20.000-Euro-Stadtflitzers aus Palmela in Portugal aus Deiner Sicht wünschenswert? Ein solches Auto könnte man Euch doch aus den Händen reißen.

Unser Fokus bei Seat liegt aktuell auf Updates wichtiger Modelle wie Ibiza und Arona. Wir prüfen kontinuierlich die Möglichkeiten für die Marke Seat im EV-Bereich, aber dies muss zum richtigen Zeitpunkt erfolgen, wenn die Technologie zugänglich ist. Gleichzeitig laufen bereits intensive Arbeiten an der Electric Urban Car Family, mit der der Kern der Markengruppe Elektrofahrzeuge ab 25.000 Euro einführen wird. Dementsprechend ist der Frontliner beim Thema E-Mobilität Cupra Und zu einem gewissen Zeitpunkt werden wir dann auch nachziehen mit Seat.

Der Cupra Raval soll bald auf den Markt kommen. Was wird diesen reinen Stromer besonders auszeichnen?

Zum einen, dass wir das, was wir im Showcar gezeigt haben, im Exterieur quasi eins zu eins umsetzen werden beim Serienauto. Das gelingt ja nicht allzu häufig in der Automobilindustrie.

Das Zweite ist, dass das Auto wirklich Spaß macht beim Fahren. Es hat einfach dieses Go-Kart-Feeling. Drittens ist das Auto im Innenraum eine Klasse größer, als es von außen den Anschein hat. Hinzu kommen viele kleine Features, die man eigentlich nur aus dem Premium-Bereich kennt. Ich denke da etwa an die elektrisch aus- und einfahrenden Flush Door Handles. Das Auto liefert manchen Kick zum Thema Emotion. Aus den Produktkliniken haben wir auch dazu super Feedbacks bekommen.

Gewinnen Hybridantriebe als Brückentechnologie zwischen herkömmlichen Verbrennern und Batteriefahrzeugen bei Seat und/ oder Cupra perspektivisch an Bedeutung?

Wir haben innerhalb des Volkswagen-Konzerns schon vergleichsweise früh auch auf Plug-in-Hybrid-Antriebe gesetzt. Geplant war bei uns von vornherein ein hoher Anteil von PHEVs, und der liegt in manchen Märkten bei den entsprechenden Autos um die fünfzig, sechzig Prozent.

Wie oft fährt man denn jetzt mehr als fünfzig oder auch hundert Kilometer? Das ist doch eine sehr deutsche Diskussion. Und wenn man dennoch diesen „Notfallkoffer“ braucht, hat man eben immer noch den Benzinmotor und kann große Distanzen ohne Stopp absolvieren.

Ich glaube, es wäre nicht richtig, von heute auf morgen radikal von Verbrennern zu Elektroautos zu wechseln. Vielmehr gilt es, im Übergang den richtigen Mix zu finden. Und das gelingt uns aktuell ganz gut.

Wir setzen längst auf die E-Mobilität als zukünftige Antriebsform, und trotzdem werfen einige der traditionellen Automobilindustrie vor, dass wir alle ein bisschen spät dran waren. Aber inzwischen sind große Investitionen in die E-Mobilität getätigt. Jetzt kommen die Autos in nahezu allen Fahrzeugsegmenten zu attraktiven Preisen. Wir sollten keinen Schritt zurück machen, sondern nach vorne blicken, positiv denken, mutig sein, uns trauen. Die Chancen zu sehen, ist wichtig für die europäische Automobilindustrie.

Wie viele Partner umfassen die Handels- und Servicenetze von Seat und Cupra derzeit in Europa im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen – und welcher Ausbau ist jeweils bis wann geplant?

Insgesamt sind es 1200. Davon 360 in Deutschland. Unser strategisches Händlernetz hat nun die richtige Größe. Zu den 1200 Partnern können vielleicht noch mal fünf oder sechs hinzukommen.

Mit dem fertigen Netz haben wir die Kapazität an Bord für weiteres Wachstum. Derzeit liegen wir bei knapp zwei Prozent Marktanteil in ganz Europa. Wir wollen mit Cupra auf drei Prozent hoch. Das sind rund 500.000 Fahrzeuge. Dabei möchte ich betonen, dass Cupra innerhalb des Volkswagen-Konzerns erfreulicherweise für vergleichsweise geringe interne Substitutionsraten steht. Ein Beispiel: Auf den großen EU-5-Märkten liegt unsere Kannibalisierung innerhalb des Konzerns unter 20 Prozent.

Was würdest Du einem Eurer Partner antworten, der um Erlaubnis fragt zur Aufnahme eines chinesischen Anbieters, nehmen wir als Beispiel an: Changan, in seinem Seat-Betrieb?

Rein rechtlich kann ich ihm das ja gar nicht verbieten. Will ich auch gar nicht, unsere Partner sind ja unternehmerisch freie Investoren. Andererseits würde ich im Gespräch herauszufinden versuchen, was die chinesische Marke denn potenziell besser macht.

Vielleicht können wir davon etwas lernen. Und dem Händler entsprechend auch etwas Neues bieten. Wettbewerb belebt das Geschäft. Wir haben Respekt vor den neuen Wettbewerben, aber keine Angst.

Wie sollen die Markenprofile von Seat und Cupra weiter geschärft werden – und welche Kanäle stehen im Vordergrund bei den entsprechenden Kampagnen?

Seat ist die Einstiegsmarke im Volkswagen Konzern. Die Transaktionspreise reichen hinauf bis etwa 30.000 Euro. Ein Fokus liegt auf jungen Familien, die sich andere, höherpreisige Marken noch nicht leisten können oder wollen. Hinzu kommen viele ältere Kunden, die eine gewisse Rente oder Pension zur Verfügung haben, mobil sein und solide Autotechnik haben möchten.

Mit Cupra wollen wir weiterhin die Marke bleiben für Junge und Junggebliebene, für Menschen, die sagen, dass sie nicht das gleiche Auto fahren wollen wie ihre Mutter oder ihr Vater. Und ich glaube, das Rebellische an der Marke ist eine Riesenchance für Cupra.

Bei den Kanälen setzen wir auf eine vernünftige Mischung. TV-Werbung ist häufig schon totgeredet worden. Wir werden weitermachen mit Präsenz im Fernsehen. Stärker reingehen werden wir in Streaming-Dienste.

Im Bereich Social Media arbeiten wir zunehmend eng mit Content Creators zusammen. Cupra ist nach wie vor eine People-Marke, und es ist wichtig, die Menschen rund um Cupra auch live zu erleben.

Was steht bei Dir persönlich ganz oben auf der Management-Agenda für das kommende Geschäftsjahr?

Der neue Cupra Raval. Punkt.

Ein anderes wichtiges Thema wird 2026 der Sektor Second Life Programm. Und das ist weitaus mehr als nur eine Gebrauchtwagenstrategie. Wir wollen smarte Wege finden, um die Kunden weiter bei uns zu halten.

Neben dem kommerziellen Teil gibt es das Tribe-Programm, mit dem wir unserer Community einen emotionalen Mehrwert geben möchten. Wenn das geschafft ist, sind wir ganz weit vorn. Und genau das ist unser Ziel.

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Henning Krogh

Henning Krogh

Henning Krogh ist Wirtschaftsjournalist und beschäftigt sich vor allem mit der Mobilitätsindustrie. Der gebürtige Hamburger war jeweils viele Jahre Redakteur bei „manager magazin“ und „Automobilwoche“. Jetzt, als Freier Autor, schreibt er unter anderem für „Business Insider“.

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