Mercedes: Rückläufige Absätze und neue Sparpläne

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Mercedes-Benz

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Neben anderen deutschen Herstellern war auch für Mercedes das Jahr 2024 kein einfaches. Dies zeigt sich unter anderem in den vorläufigen Geschäftszahlen. Nach zwei Gewinnwarnungen fallen die Erwartungen verhalten aus, wie die Automobilwoche im Vorfeld berichtete. Die Umsatzrendite für 2024 soll sich zwischen 7,5 und 8,5 Prozent bewegen, was im zweiten Halbjahr einer bereinigten Marge von etwa sechs Prozent entspricht. Grund dafür ist ein deutlicher Absatzrückgang bei hochpreisigen Modellen wie der S-Klasse und der G-Klasse um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der gesamte Absatz lag bei 1,98 Millionen Autos, womit das Unternehmen das fünfte Jahr in Folge ein rückläufiges Volumen verzeichnet.

Besonders gravierend zeigt sich der Einbruch bei den Elektroautos. 2024 sank der Absatz reiner Elektroautos um 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf insgesamt 185.100 Einheiten. Im Bereich der E-Vans fiel der Rückgang mit zehn Prozent moderater aus, sodass im Gesamtjahr 19.500 Einheiten abgesetzt wurden. Dieser Trend setzt Mercedes zusätzlich unter Druck, da die EU-Vorgaben zur CO₂-Reduzierung höhere Elektroauto-Verkäufe erfordern, um Strafzahlungen zu vermeiden.

Ola Källenius hatte 2022 eine Strategie vorgestellt, die eine Marge von etwa acht Prozent bei ungünstigen Marktbedingungen, zehn Prozent bei normalen Bedingungen und bis zu zwölf Prozent bei positiven Marktverhältnissen vorsah. Tatsächlich ist nun bereits die untere Zielmarke schwer zu halten. Auch das angestrebte Wachstum bleibt aus. Besonders der chinesische Markt bereitet Schwierigkeiten. Dort belastet die Immobilienkrise die wohlhabende Kundschaft, während lokale Hersteller im Segment der Elektroautos stark aufholen. Die Absatzzahlen in China sinken seit Jahren, insbesondere im Luxussegment, wo Mercedes traditionell hohe Margen erzielt.

Der Rückgang wirkt sich auch auf die Produktion aus. Die S-Klasse wird in Sindelfingen derzeit nur im Einschicht-Betrieb gefertigt, was den gesamten Konzern belastet. Eine schnelle Erholung ist nicht in Sicht. Insider erwarten weiterhin sinkende Verkaufszahlen sowie stagnierende oder nur leicht steigende Einnahmen, so die Automobilwoche weiter.

Eine zusätzliche Belastung entsteht durch die EU-Vorgaben zur CO₂-Reduzierung. Mercedes muss den Anteil elektrischer Modelle mehr als verdoppeln, um Strafzahlungen zu vermeiden. 2024 sank der Anteil der Elektroautos am Absatz auf 9,3 Prozent. Da Modelle wie der EQA oder der EQS nicht die erwartete Nachfrage erzielen, sind verstärkte Verkaufsanreize nötig, die wiederum die Marge belasten könnten. Das sogenannte Pooling mit Smart, Volvo und Polestar dürfte nicht ausreichen, um die Flottenziele zu erreichen. Insofern erscheint es immer nachvollziehbarer, warum der CEO von Mercedes-Benz Ola Källenius, in seiner Funktion als Präsident des europäischen Automobilherstellerverbands ACEA (für Association des Constructeurs Européens d’Automobiles) über die CO₂-Vorgaben jammert. Das übrigens vollkommen zu unrecht und mit schiefer Argumentation, wie Michael Neißendorfer für EAN aufgearbeitet hat.

Mercedes CLA verzögert sich und baut zusätzlichen Druck auf

Die geplante Modelloffensive mit der zweiten Generation von Elektroautos lässt noch auf sich warten. Der neue CLA auf der MMA-Plattform wird zwar im Frühjahr präsentiert, kommt aber erst in der zweiten Jahreshälfte zu den Kunden. Auch der neue GLC auf der Plattform MB.EA, der auf der IAA im September gezeigt wird, wird frühestens 2026 in relevanten Stückzahlen verfügbar sein. Weitere Modelle, darunter eine kleinere G-Klasse, folgen erst danach.

Der Erfolg dieser neuen Modelle ist ungewiss. Die Technik der Fahrzeuge bietet vielversprechende Ansätze, darunter eine Reichweite von bis zu 750 Kilometern beim CLA und ein 800-Volt-System für schnelles Laden. Dennoch stießen frühere Designs wie die des EQS oder EQE auf wenig Zuspruch. Designchef Gorden Wagener stand deshalb in der Kritik. Beim kommenden GLC soll Källenius persönlich auf ein Design mit klassischen Anleihen bestanden haben, darunter ein Kühlergrill im Stil der S-Klasse der 1980er-Jahre. Sollten die neuen Modelle keinen Erfolg haben, würde das auch den Konzernchef weiter unter Druck setzen.

Mercedes plant umfangreiche Sparmaßnahmen

Angesichts der wirtschaftlichen Lage plant Mercedes umfangreiche Sparmaßnahmen. Finanzvorstand Harald Wilhelm hatte bereits in einer Telefonkonferenz zu den Zahlen für das dritte Quartal 2024 angekündigt, dass alle Kostenbereiche überprüft werden sollen. Bis 2027 sollen fünf Milliarden Euro eingespart werden. Medienberichte deuten darauf hin, dass auch ein Stellenabbau in fünfstelliger Höhe Teil des Programms Next Level Performance sein könnte. Kündigungen sind aufgrund einer Beschäftigungsgarantie bis 2030 nicht möglich, sodass sozialverträgliche Maßnahmen wie Vorruhestandsregelungen oder Abfindungen nötig wären.

In der Produktion sind ebenfalls Einschnitte vorgesehen. In Sindelfingen und Rastatt wurden bereits die Verträge von über 1000 Leiharbeitern nicht verlängert. Das Werk in Mexiko, wo derzeit nur noch der GLB produziert wird, könnte vor dem Aus stehen. US-Zölle unter einer möglichen neuen Präsidentschaft von Donald Trump würden die Standortfrage zusätzlich erschweren.

Neben Kostensenkungen soll auch die Ertragskraft verbessert werden. Eine Schlüsselrolle spielt der neue Vertriebsvorstand Mathias Geisen. Er soll über alle Modellreihen hinweg eine optimale Balance zwischen Preis und Volumen finden. Durch das Agenturmodell, das in vielen Märkten eingeführt wurde, stehen dem Unternehmen umfangreiche Daten zur Verfügung, die eine gezielte Steuerung ermöglichen.

Ob diese Maßnahmen ausreichen, um den Konzern langfristig auf Erfolgskurs zu bringen, wird sich ab 2026 zeigen. Betriebsratschef Ergun Lümali erwartet schwierige Verhandlungen mit der Unternehmensführung. Er sieht jedoch auch positive Aspekte und verweist auf künftige Modellneuheiten, die aus seiner Sicht Potenzial haben.

Quelle: Automobilwoche – Exklusiv: Bei Mercedes droht 2025 Magerkost

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Tom:

Früher hat man gerne von „Diversifikation“ geschwärmt, damit man Ausweichmöglichkeiten hatte, wenn es in einer Sparte nicht mehr so läuft.
Heute spricht man lieber von „Outsourcing“ und Knebelverträgen für die Sublieferanten.

Als in der Autoindustrie die sogenannte Fertigungstiefe noch vorhanden war, und Gewinnmaximierung erst nach Entwicklung und Innovation an der Reihe war, konnten die Deutschen noch führend auftreten in diesem Bereich.

Man muss einfach erkennen, wenn im Monopoli-Spiel alle Entscheidungen nur noch zentralisiert getroffen werden, also alle Produktionsmittel bzw. Rechte in einer Hand liegen (ein Spieler alle Straßen und Hotels besitzt), ist das Spiel eigentlich zu Ende. Man kann dann entweder noch einmal Sonderregelungen zu Lasten aller Mitspieler einführen, oder ein neues Spiel beginnen.

Wie wäre es denn, wenn die Automagnaten einfach mal geile Wärmepumpen bauen würden? Als Motorenentwickler von Verbrennern sollte man sich doch mit Adiabatenkurven auskennen, oder? Und gute günstige Wärmepunpen werden ja in den nächsten zehn Jahren noch ca. 40-80 Millionen gebraucht in Deutschland, in Europa bis zu 300.000.000.

Ach nee, Entwicklung geht ja nicht, denn die ist doch outsourced. Und die Entwicklungsfirmen hat man solange ausgequetscht, bis sie alleine die notwendigen Startinvestionen nicht mehr aufbringen können!

Das gilt vermutlich für alle großen Autobauer in Deutschland?

Frank2:

Ja. das ist wirklich dünn – wenn man wenigsten noch einige andere Modelle hätte wie z.B.

– EQE
– EQS
– EQE SUV
– EQS SUV
– A-Klasse
– C-Klasse
– E-Klasse
– S-Klasse
– S-Klasse lang
– EQA
– EQB
– CLE Coupe
– G-Klasse
– GLA
– GLB
– GLC
– GLC Coupe
– GLE
– GLE Coupe
– GLS
– CLA
– T-Modelle
– EQT
– EQV
– AMG hoch und runter
– von Maybach muss man glaube ich gar nicht reden.

Ach wäre das schön – aber leider ist auch da Tesla in einer viel besseren Situation – da gibt es wenigstens Auswahlmöglichkeiten.

Frank2:

Bei Mercedes läuft es im Moment bestimmt nicht so rund wie man möchte.

Aber immerhin ist Mercedes selbst in China (wo ja angeblich in 2024 für Mercedes alles den Bach runtergegangen ist) immer noch der Hersteller mit dem zweithöchsten Umsatz im Land – nach BYD.

Interessant oder?

Dr. Kralle:

Sparen und Kosten senken war noch nie eine gute Strategie. Mit Sicherheit kann in so einem Konzern einiges gestrafft werden. Ich vermisse aber die Perspektive. Ist der CLA und der GLC, die irgendwann mal kommen sollen, das einzige woran man sich gerade klammert? Puh, das ist dünn.

Philipp:

Bei 8% Umsatzrendite von einer Krise zu sprechen, kann man auch nicht jedem wirklich erklären.

Bingo:

Ich hätte da 3 erfolgversprechende Maßnahmenideen:
1. den Gorden mit seinem ständigen „sensual purity“ Gesäusel rausschmeißen
2 den Mastermanagement Ole gegen einen echten Automechanikspezi „CEO“ austauschen
3. die Aktien von den Chinesen, die in Coronazeiten zu billigstpreisen zugeschlagen haben, zurückkaufen

Daniel W.:

—–
Bis 2027 sollen fünf Milliarden Euro eingespart werden. Medienberichte deuten darauf hin, dass auch ein Stellenabbau in fünfstelliger Höhe Teil des Programms Next Level Performance sein könnte.
—–

M I T
E
R
C H I N A
E
D
E – A U T O S
S

bauen und den Stern draufkleben oder ins Automuseum?

Sven:

Na das kann ja lustig werden.
Die „Qualität“ ist jetzt schon unterirdisch.

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