Genesis Electrified GV70 im Test: Der Stromsauger

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Daniel Krenzer

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  —  Lesedauer 5 min

An welchem Tag Gott das Auto erschaffen haben soll, ist in der Bibel nicht überliefert. Bekannt ist aber, dass die Hyundai-Nobelmarke nach der Schöpfungsgeschichte benannt ist und inzwischen auch schicke Elektroautos baut. Nach Sebastian Henßler konnte sich nun auch Daniel Krenzer den Genesis Electrified GV70 einmal näher anschauen. Das SUV ist mit einem 360-kW-Allradantrieb (489 PS) ausgestattet und hat einen 77,4 kWh fassenden Akku an Bord. Folgende Punkte sind beim Test besonders aufgefallen:

Drei Pluspunkte des Genesis GV70

Der Komfort: Im toll ausgestatteten Testwagen lässt es sich mehr als gut aushalten. Der Innenraum ist hochwertig verarbeitet, die Bedienelemente sind übersichtlich und gut verständlich aufgebaut, die Assistenten arbeiten zuverlässig und machen dabei nicht allzu viel Radau. Kräftig zupacken kann die in den Frontsitzen verbaute Massagefunktion. Dass sie das auch am Gesäß tut, war anfangs gewöhnungsbedürftig, aber letztendlich eine gute Sache. Für hinten gibt es eine dritte Klimazone, die von den Mitfahrern in der zweiten Reihe selbst bedient werden kann. Der Kofferraum bietet reichlich Stauraum, zudem ermöglicht eine hohe Stützlast von 180 Kilo auch die Fahrt mit gut bepacktem Fahrradträger. 1,8 Tonnen gebremst ziehen darf der GV70 außerdem.

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Die Ladeleistung: Angeblich bis zu 350 kW Ladeleistung sind beim Genesis möglich, also nochmal gut 90 kW mehr als bei seinen meisten 800-Volt-Geschwistern aus der Hyundai-Gruppe. Im Test ließ sich das bei mitunter deutlichen Minusgraden nicht belegen, allerdings sind angesichts dieser Witterung um die 200 kW Ladeleistung nach kurzem 75-kW-Aufwärmen absolut beachtlich. Nach knapp einer halben Stunde ist der fast leergefahrene Akku wieder gut aufgeladen, wer zweimal zehn Minuten lädt, bekommt die ähnliche Menge Strom hinein.

Das Fahrverhalten: Dank seines Allradantriebes treibt es den GV70 trotz seiner 2,3 Tonnen kräftig nach vorne. 700 Newtonmeter beträgt das maximale Drehmoment, 235 Stundenkilometer schafft das SUV in der Spitze. Wer ab und an alles aus dem Wagen herausholen will, der findet unten am Lenkrad einen Boost-Knopf – anders als im kleineren GV60 nicht in „Kotzgrün“, sondern erfreulich schlicht in Schwarz. Die Wirkung ist dieselbe, und aus dem Stand schafft der GV70 dann den Sprint bis auf 100 Stundenkilometer in 4,2 statt 4,8 Sekunden. Doch am besten liegt dem SUV das Dahingleiten auf der Autobahn, das sich auch bei Reisegeschwindigkeiten von um die 160 Stundenkilometer noch herrlich entspannt anfühlt – selbst wenn sich der Massagesitz gerade wieder über den Allerwertesten hermacht.

Drei Minuspunkte des Genesis GV70

Der Verbrauch: Eine Reisegeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern ist allerdings auf Dauer reichlich ineffizient – und bei einem trotz aller Eleganz wuchtig im Wind stehenden SUV gilt das in besonderem Maße. Auf derartigen Autobahnfahrten zeigte der Bordcomputer ohne Ladeverluste durchaus mal knapp 40 kWh Verbrauch an, bei Fahrten um die Richtgeschwindigkeit waren es gut 10 kWh weniger – alles wohlgemerkt bei mitunter frostigen Temperaturen draußen und 20 Grad im Innenraum. Bei behutsamer Fahrt waren auch mal um die 20 kWh Verbrauch drin, kombiniert pendelte sich der Winter-Testverbrauch aber bei gut 28 kWh ein. Da schmilzt dann auch die Reichweite dahin, aber zum Glück saugt der GV70 ja Strom nach wie der Teufel.

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Die zweite Sitzreihe: Auf den vorderen beiden Sitzen flaniert es sich wie im Paradies vorm apfeligen Verhängnis, hinten geht es aber etwas enger zu. Zwar ist zumindest für Menschen unter 1,80 Meter noch ordentlich Platz, hier kennt man in der Wagenklasse aber andere Modelle, wo es sich auch hinten besser aushalten lässt. Massagen gibt es ebenfalls nicht, doch wer hinten in der Mitte sitzen musste, hat diese nach einer längeren Fahrt vermutlich nötig.

Das Werkstattnetz: Genesis setzt auf den Onlinevertrieb. Selbst zur Probefahrt wird das Fahrzeug zum Interessenten von einem „Götterboten“ nach Hause gebracht, und auch die Inspektionen und weitere Werkstattbesuche werden vom Fahrservice übernommen. Das ist bequem und inklusive, einfach mal wegen einer Kleinigkeit bei der Werkstatt vorbeifahren und den „Freundlichen“ fragen fällt da aber weg. Und nach fünf Jahren muss für diesen Service extra bezahlt werden oder eine der rar gesäten Werkstätten selbst aufgesucht werden. Letztendlich ist es eine Typfrage, ob einem dieses Modell zusagt oder ein Hinderungsgrund für den Kauf ist.

Fazit

Und der Tester sah, dass es gut war. Mit dieser Anspielung auf die Zeilen aus dem Buch Genesis würde man es sich dann aber doch etwas zu einfach machen – und es würde den Tester sprachlich mit Gott gleichsetzen, was gänzlich gegen dessen bescheidene Art sprechen würde. Also von vorne: Ja, der Genesis Electrified GV70 ist ein sehr gutes Auto, und dank seiner enorm hohen Ladeleistung ist er durchaus für die Langstrecke geeignet, auch wenn angesichts des Verbrauchs häufiger Ladestopps eingelegt werden müssen als bei effizienteren Fahrzeugen.

Allerdings sollte sich der Käufer eines SUV stets dessen bewusst sein, dass das Fahrzeug höhere laufende Verbrauchskosten verursachen wird als eine windschnittige Limousine. Da lässt sich zum Beispiel der vollelektrische Genesis G80 deutlich sparsamer bewegen. Innerhalb der Gruppe E-SUV in der fast-schon-oberen Mittelklasse braucht er sich aber nicht verstecken. Am siebten Tag kann man ihn ja außerdem auch mal stehen lassen…

Daniel Krenzer

Disclaimer: Das Fahrzeug wurde uns von Genesis kostenlos zur Verfügung gestellt. Ein ausführlicher Testbericht ist zuerst in der Fuldaer Zeitung erschienen.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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Roberto:

77,4 kWh durch 28 kW/h pro 100 km = 276 km. Wenn das den Maßstab für ein sehr gutes Auto darstellt, dann weiß ich nicht. Während meiner Schulzeit wäre da als Fazit wohl eher gestanden „Thema verfehlt, nicht genügend“.

Gastschreiber:

Mir hat er nicht gefallen, zu groß, zu schwülstig und die Materialien fand ich nicht besonders, Bedienung hatte Pluspunkte und komische Dinge.
Ein Exot in meinen Augen mit zu wenigen Stärken.

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