Ford hat im Kölner Werk die Serienproduktion seines zweiten vollelektrischen Modells gestartet, des Ford Capri. Bereits im Juni lief der Explorer, ein reiner Elektro-SUV, dort erstmals vom Band. Für die Marke ist es nun entscheidend, dass diese beiden Modelle den erhofften Erfolg bringen. Die Verkaufszahlen in Europa sind jedoch rückläufig. Bis Ende August sanken die Neuzulassungen von Ford-Pkw in der EU um 15,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, in Deutschland sogar um 16,7 Prozent.
Das Kölner Werk hat theoretisch eine Produktionskapazität von bis zu 250.000 Autos im Jahr. Realistisch betrachtet wäre es aber bereits ein Erfolg, wenn Explorer und Capri zusammen jährlich 100.000 Einheiten erreichen würden, wie die Automobilwoche berichtet. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr überschritten nur zwei Elektroautos in Europa die Marke von 100.000 verkauften Einheiten, nämlich das Model Y und das Model 3 von Tesla. Der mit dem Explorer vergleichbare Volkswagen ID.4 erreichte 85.000 Verkäufe.
Ford hatte ursprünglich angekündigt, ab 2030 in Europa nur noch Elektroautos zu verkaufen. Doch angesichts der verhaltenen Nachfrage wurden diese Pläne revidiert. In den USA hat Ford die Investitionen in die Elektromobilität zurückgefahren und setzt verstärkt auf Hybridantriebe. So wurde die geplante Einführung des Elektro-Pickups F-150 Lightning um 18 Monate verschoben, um die Kosten besser in den Griff zu bekommen.
Neue Elektroautos sollen Ford aus dieser schwierigen Lage in Europa helfen. Darunter die eingangs erwähnten zwei Modelle, der Ford Explorer und der Capri. Diese sollen dabei helfen, das Ruder herumzureißen. Bald wirft Ford ein drittes Modell in den Ring, der elektrische Ford Puma, dessen Markteinführung für Anfang 2025 geplant ist.
2024: Das Jahr der Veränderung für Ford
Im Juni hatte der bisherige Europa-Chef Martin Sander überraschend seinen Rücktritt erklärt und war wenig später zum Konkurrenten Volkswagen gewechselt. Nur zwei Wochen später folgte die nächste schlechte Nachricht: Ford kündigte einen weiteren Stellenabbau in Europa an, den vierten seit 2018. Genaue Zahlen nannte das Unternehmen bislang nicht, was zu weiterer Verunsicherung unter den Beschäftigten führt. Laut Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka sind die Belegschaft und der Betriebsrat bisher nicht über die geplanten Maßnahmen informiert worden. Eigentlich sollten die Gespräche dazu Ende September beginnen, doch es gibt noch keine konkreten Termine.
Gruschka betonte, dass die Belegschaft in Köln bereits in der Vergangenheit viele Zugeständnisse gemacht habe. Er hofft, dass sie im Zuge der aktuellen Transformation nicht erneut stark betroffen sein wird. Im Fokus der Unternehmensführung steht die gesamte Struktur der Ford-Werke GmbH. Die Verunsicherung unter den Beschäftigten ist verständlich. Viele blicken besorgt auf das Werk in Saarlouis, wo Ende des kommenden Jahres die Produktion des Ford Focus eingestellt wird. Gruschka zeigt sich außerdem verärgert über die wiederaufkommende Diskussion um Lohnkosten in Deutschland. Er weist darauf hin, dass die Lohnkosten in der Automobilindustrie nur etwa zwölf Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Wichtiger seien Faktoren wie Rohstoffe, Komponenten von Zulieferern und Energiepreise.
Die aktuelle Situation bei Ford sei nicht allein auf externe Faktoren zurückzuführen, so Gruschka. Er macht auch Managementfehler verantwortlich. So habe Ford bislang kein erschwingliches Elektroauto auf den Markt gebracht, das mit früheren Verkaufsschlagern wie dem Fiesta konkurrieren könnte. Auch im Segment der ehemaligen Erfolgsmodelle S-Max, Galaxy und Mondeo bietet Ford derzeit keine neuen Modelle an. Diese Versäumnisse wirken sich nun negativ auf die Verkaufszahlen aus.
Eine mögliche Lösung, um die Produktionskapazitäten in Köln besser zu nutzen, könnte eine Kooperation mit einem chinesischen Hersteller sein. Stellantis hat kürzlich ein ähnliches Modell mit der Marke Leapmotor vorgestellt. Allerdings lehnt Ford diese Möglichkeit ab. Stattdessen könnte das Unternehmen überlegen, günstigere Komponenten aus Ländern wie Marokko oder Fernost zu beziehen, um ein erschwingliches Elektroauto zu produzieren, ähnlich dem Konzept von Dacia.
Quelle: Automobilwoche – Ford läuft in Köln die Zeit davon