Dass der Verkehr auf Deutschlands Straßen kontinuierlich wächst, merken wir alle. Die steigende Zahl von Fahrzeugzulassungen und die zurückgelegten Kilometer pro Jahr zeichnen sich als Trend ab, der auf unvorhersehbare Zeit nicht nachlassen wird. Zudem kommt hinzu, dass die Autos in Deutschland immer größer, schwerer und leistungsstärker werden. Dies alles führe dazu, dass (…) „der Durchschnittsverbrauch in den vergangenen Jahren nicht so stark gesunken ist, wie es möglich und nötig wäre“. So sieht es unter anderem der BUND, welcher sich vorrangig für Klimaschutz und den Ausbau von regenerativen Energien verschrieben hat und auch als Berater der Bundesregierung dient. Das Auto – vermutlich weil es uns alle betrifft – ist längst zum Umweltsünder Nummer eins berufen wurde. Nicht zuletzt deshalb sieht das „Fit for 55“-Paket der Europäischen Kommission ein Verbrenner-Aus ab dem Jahr 2030 vor. Dass genau das jedoch kritisch zu bewerten ist, erklärt jüngst Ferry M. M. Franz, Direktor Hydrogen Affairs Europe & Group Representative Office Berlin bei Toyota Motor Europe, in einem Interview mit „Has to be E-Mobility“, einem Anbieter für E-Mobilitätsservices.
Elektroautos und Hybride sollen Abhilfe schaffen, sind erste Vorzeigeprojekte der Industrie. Laut BUND puste immer allein der Pkw-Verkehr in Deutschland im Jahr rund 100 Millionen Tonnen CO² in die Luft. Leichtbau, ambitionierte CO2-Grenzwerte, generelle Tempolimits, Verkehrsvermeidung und -verlagerung, Reform der Kfz-Steuer und Abschaffung des Dienstwagenprivilegs sind einige Maßnahmen, die Abhilfe schaffen könnten. Das Thema des Mobilitätswandels hat in den vergangenen Monaten nicht nur an Fahrt, sondern auch an Ernsthaftigkeit gewonnen. Das sehe man laut Ferry M. M. Franz nicht zuletzt an den großen Investitionen, die darin getätigt werden: „(…) Natürlich auch, um zum Teil Strafzahlungen zu verhindern.“
„Sehr kritisch sehe ich auch, dass man aktuell versucht, das Auto per se als den größten Umweltsünder in die Ecke zu stellen. Dabei redet beispielsweise niemand über die Schifffahrt, die erheblich mehr CO²-Emissionen produziert und hinterlässt. Wir werden, um emissionsfreie Mobilität anbieten zu können, in Zukunft sehr viel grünen Strom und Wasserstoff brauchen. Ich sehe aber aktuell nicht, dass wir überhaupt fähig wären, die Masse an Fahrzeugen mit „sauberen“ Strom und Wasserstoff zu versorgen. Dann habe ich also ein Fahrzeug, das während des Fahrens CO²-neutral, aber bei dem die Herstellung des „Kraftstoffs“ noch nicht grün ist“, so Franz.
Dennoch sieht der Toyota-Manager nicht nur eine reale Chance für das Elektroauto, sondern spricht ihm auch eine gewisse Notwendigkeit zu. Dass das Produktportfolio des japanischen Autoherstellers  von alternativen Antrieben von Hybrid über vollelektrisch bis hin zu Wasserstoff reicht, habe seinen Grund: „Es gibt Bereiche, da ist ein Hybrid oder ein vollelektrisches Fahrzeug die beste Lösung, dann wieder Anwendungen, bei denen Wasserstoff sehr vielversprechend ist. Innerstädtisch haben sicherlich kleine elektrische Fahrzeuge die Nase vorne. Wenn es um professionelles Fahren, Transportwesen, Langstrecke, Transport und Schwerlast geht, dann ist es in Zukunft auf jeden Fall Wasserstoff„, erklärt Franz.
Eine einseitige Konzentration auf die Elektromobilität kann zudem nicht zielführend sein, wenn man nicht über den Tellerrand hinaus schaue und nicht global denke, so der Experte weiter: „Wir hier in Europa mögen uns das leisten können, aber in weniger technologisierten und wirtschaftlich schwächeren Ländern werden dann in 10 bis 20 Jahren nur noch Verbrenner mit einer 20 Jahre alten Technologie unterwegs sein. Das kann nicht zielführend sein meiner Meinung nach und ich sehe diesen Alleingang der EU fast ein bisschen kontraproduktiv.“
Es könne nicht alles elektrisch sein, heißt es zudem. Das habe auch die Hochwasserkatastrophe in Deutschland gezeigt: „Es wäre schon sehr schwierig geworden, wären die Fahrzeuge der Einsatzorganisationen alle elektrifiziert gewesen. Und genau solche Situationen sollten uns noch einmal zum Nachdenken anregen“. Es wäre deshalb hilfreich (für die Zukunft), sich noch mehr mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Antriebsarten wo und wie eingesetzt werden können und auch müssen.
Fakt ist: Eine flächendeckende Infrastruktur ist in jedem Fall die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Antriebswende. Hier aber bestehe bisweilen das Problem, dass industrielle Anbieter (noch) kein oder nur wenig Geld mit dem Ausbau der Infrastruktur, wie etwa Ladesäulen, verdienen. Es sei eine Zukunfts-Wette, welche zurzeit vorrangig die Automobilhersteller eingehen – das müsse sich ändern: „Für die Anlaufphase, aber auch nur für diese, ist eine staatliche Regulierung und vor allem Unterstützung nötig“.
Quelle: Interview von „Has to be E-Mobility“ mit Toyota-Manger Ferry M. M. FranzÂ