Franz Fehrenbach, seines Zeichens Aufsichtsratschef des weltgrößten Autozulieferers Bosch, hat sich zu Beginn der Woche nicht gerade viele Freunde in der Welt der E-Mobilität gemacht. Könnte man meinen. Denn Fehrenbach hat politischen Entscheidungsträgern in Europa in Sachen Autoantrieben eine unzureichend begründete Bevorzugung von E-Fahrzeugen vorgeworfen. Aus seiner Sicht werde “zuungunsten des Verbrennungsmotors mit zweierlei Maß gemessen – und zwar zum Nachteil des Klimas. Dagegen müsste die deutsche Industrie eigentlich geschlossen auf die Barrikaden gehen”, so der Aufsichtsratchef gegenüber den Stuttgarter Nachrichten.
Geht es nach ihm sei es ausreichend bekannt, dass E-Autos im deutschen und europäischen Strommix – anders als vielfach behauptet – nicht klimaneutral unterwegs seien. Erst vergangene Woche hat Prof. Dr. Peter Hoberg von der Hochschule Worms eine ähnliche Diskussion auf Elektroauto-News.net mit seinem Artikel “Meinung: Der große Denkfehler – Elektroautos in Deutschland viel dreckiger als gedacht” entfacht und ebenfalls zum Nachdenken angeregt. Fehrenbach zeigt sich daher nicht mit der Behandlung von E-Autos als Null-CO2-Fahrzeuge einverstanden: “Trotzdem werden sie als Null-CO2-Fahrzeuge behandelt, weil der Gesetzgeber die Energiebilanz zur Erzeugung des Ladestroms ausblendet.” Zudem kämen die Batteriezellen, für deren Herstellung sehr viel Strom benötigt werde, überwiegend aus dem asiatischen Raum, “wo der Strom noch zu einem sehr hohen Anteil aus Kohlekraftwerken” komme.
E-Autos CO2-neutral? Es kommt auf den Betrachter an
Laut Fehrenbach werden eben all diese Angaben zum CO2-Verbrauch in der Betrachtung von E-Fahrzeugen eliminiert. Teilweise mag dies stimmen. Je nachdem wer welche Studie verfasst oder Auswertung publiziert. Dennoch gehen auch viele Unternehmen/ Automobilhersteller mit gutem Beispiel voran. Beispielsweise Polestar, welche eine höchstmögliche Transparenz in der Automobilindustrie anstreben. Aus diesem Grund habe man sich bei Volvos Perfomance-Tochter entschlossen, eine Zusammenfassung zu veröffentlichen, die die Klimaauswirkungen der Produktion der eigenen Elektrofahrzeuge aufzeigt. Dabei gehe die vollständige Ökobilanz von Polestar noch einen Schritt weiter und offenbart die gesamte Umweltauswirkungen des Fahrzeugs während seines gesamten Lebenszyklus. Viel transparenter geht es wohl kaum.
Fehrenbach fängt seine Aussage zumindest ein wenig ein und gibt zu verstehen, dass grundsätzlich zwar nichts gegen die Elektromobilität spreche, aber die Marktreife sei bei E-Fahrzeugen “einfach noch nicht gegeben”. Aus seiner Sicht beginnt dies bereits bei der Lade-Infrastruktur, die immer noch zu wünschen übrig lasse. “Wollten wir wirklich auf eine Million Ladepunkte bis 2030 kommen, müssten wir jede Woche 2000 davon neu installieren”, sagte Fehrenbach. “Tatsächlich sind es derzeit 200 – und dabei sprechen wir von Deutschland.” Ob dies in der Tat seine eigene Meinung ist sei dahingestellt. Eine ähnliche Aussage wurde zuvor bereits von Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), getätigt.
Wie sieht Bosch die E-Mobilität und die eigene Zukunft mit dieser?
Grundsätzlich ist fraglich wie das Ganze einzuordnen ist. Denn Bosch selbst treibe die Weiterentwicklung der Antriebstechnik technologieoffen voran. Laut der Marktforschung von Bosch werden auch 2030 zwei von drei Neuwagen Diesel oder Benziner sein, mit oder ohne Hybrid. Das Unternehmen investiere daher auch weiterhin in hocheffiziente Verbrennungsmotoren. Zudem gab das Unternehmen erst im Herbst zu verstehen, dass Bosch Marktführer in der Elektromobilität werden wolle. Dazu investiert das Unternehmen in seinen Werken Eisenach und Hildesheim in diesem Jahr rund 100 Millionen Euro in die Produktion elektrischer Antriebssysteme. Auch im Bereich Thermotechnik hält die Elektrifizierung beispielsweise bei der Heizungsmodernisierung ihren Einzug. Vielleicht ist die Förderung von E-Autos für Bosch doch nicht so verkehrt?
Quelle: heise.de – Bosch-Aufsichtsratschef: Politik bevorzugt E-Autos “zum Nachteil des Klimas”