BYD verbessert den Tang und spendiert dem großen E-SUV eine größere Batterie und mit 530 Kilometern deutlich mehr Reichweite. Auch das Infotainment wurde verbessert. Allerdings offenbart die China-Version des Elektroautos einige Schwächen.
In China ist nichts so alt wie die Neuigkeit von gestern. Selbst beim Essen kleben die jungen Menschen am Smartphone. Gebückte Haltung über der Schale, Stäbchen in der einen Hand, das Handy in der anderen und den Blick unentwegt auf den Bildschirm gerichtet. Die Gier nach neuen Nachrichten, Kontakten und Hightech ist riesengroß. Deswegen müssen auch die Autobauer im Reich der Mitte ein derart rasantes Entwicklungstempo anschlagen, um im Wettlauf mit der Konkurrenz nicht ins Hintertreffen zu geraten. Zumal die Markentreue bei den heimischen Käufern bei Weitem nicht so ausgeprägt ist wie in Deutschland.
Also frischt BYD den großen Familien-Crossover Tang umfassend auf und verpasst dem Vehikel das typische BYD-Gesicht mit der breiten Chromspange quer über den Schnabel. Das Design und vor allem die Front wirkt ohne den großen Kühlergrill frischer und die 21 Zoll-Pneus füllen die Radkästen satt aus. Um den Mangel an komfortspendenden Reifenflanken-Gummi auszugleichen, haben die Ingenieure semi-aktive Dämpfer installiert. Dieses Bemühen, den Komfort mit allen Mitteln zu gewährleisten, merkt man dem Fahrwerk auch an, das für europäische Geschmäcker zu weich abgestimmt ist. Deswegen wankt der BYD Tang in Kurven deutlich und nickt beim scharfen Verzögern ein.
Wir würden uns auch wünschen, dass die Bremsen exakter zu dosieren sind, da der Pedalweg, bis die Beläge greifen, lang und der Druckpunkt nicht genau fühlbar ist. Dazu kommt, dass der chinesische E-Crossover in den Kurven sein Gewicht von rund 2,5 Tonnen nicht kaschieren kann und merklich über die Vorderachse Richtung Fahrbahnrand schiebt.
Allerdings waren wir mit der Fahrwerksabstimmung für den chinesischen Markt unterwegs. Für Europa, wo der überarbeitete Tang im zweiten Quartal dieses Jahres erscheinen soll, wollen die Techniker noch einmal nachbessern. Das gilt auch für den Preis. Aktuell kostet der Tang rund 69.000 Euro. „Vielleicht haben wir ein paar Überraschungen“, verrät ein BYD-Manager augenzwinkernd und deutet damit an, dass der E-Crossover trotz der größeren Akkus nur unwesentlich im Preis zulegen wird. Wenn überhaupt.
Eine Modellpflege bei einem Elektroauto heißt aktuell oft nichts anderes als Reichweite verbessern. Deswegen schraubt BYD die hauseigene LFP-Blade-Batterie mit einer Kapazität von nun 108,8 Kilowattstunden statt bisher 86 kWh unter das Fahrzeug. In Reichweite übersetzt heißt das jetzt 530 Kilometer (gemäß dem WLTP-Zyklus) anstelle von rund 400 Kilometern. Auch beim Laden an einer Wechselstrom-Tankstelle legt der Tang des Jahres 2024 zu und saugt jetzt mit dreiphasigen 11 kW statt bisher 7,3 kW Energie. An einem DC-Schnelllader sind bis zu 170 kW möglich, und damit sind die Speicher innerhalb einer halben Stunde von 30 auf 80 Prozent gefüllt. Zeitgemäß und praktisch zugleich ist die Vehicle-to-Load-Funktion (V2L), mit der man Haushaltsgeräte an der Steckdose des Autos anschließen und mit dessen Strom betreiben kann.
Die größten Akkus sind nur so gut, wie die Effizienz des Antriebsstrangs. Also hat der E-Crossover serienmäßig eine Wärmepumpe installiert. Beim BYD-Tang kommen wie bisher zwei Elektromotoren mit insgesamt 380 kW (517 PS) zum Einsatz, die nur bei Bedarf gemeinsam am Werk sind. Damit beschleunigt der Tang von 4,9 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo und ist bis zu 190 km/h schnell, also zehn km/h als bisher. Dass er im Sprint etwas langsamer ist, liegt an dem höheren Gewicht der größeren Batterie. Wird die Traktion des Allradantriebs nicht benötigt, meldet sich die Hinterachse ab und überlässt der Vorderachse das Kommando. Trotz des recht staatlichen Gewichts des Tangs reicht die Power aus, um mit dem 4,97 Meter langen Siebensitzer entspannt und flott unterwegs zu sein.
Neben der Batterietechnik und der Reichweite spielt im Reich der Mitte auch das Infotainment eine wichtige Rolle. Deswegen legt der schwenkbare Touchscreen von 12,8 auf 15,6 Zoll zu. Die zwölf Lautsprecher des Dynaudio Audio-Systems sorgen für voluminösen Klang und das große Glassonnendach für angenehmes Licht. Der Fahrer kann die Klimaanlage, das Öffnen und Schließen des Daches und das Entriegeln der Türen per Smartphone-App steuern.
Im Innenraum geht es mit viel Leder luxuriös zu. Die Sitze für Fahrer und Beifahrer sind bequem, aber der Seitenhalt stand offensichtlich nicht auf der ersten Seite Lastenheft. Raum ist bei einem chinesischen Vehikel der Fünf-Meter-Klasse nie ein Thema. Auf den Reihen eins und zwei kann man bequem reisen, was vor allem für den rechten Platz im Fond gilt. Nur in der dritten Reihe, ohnehin meist von Kindern besetzt, wird es enger. Auch als Lastesel eignet sich der Tang. In der Grundkonfiguration passen 235 Liter in den Kofferraum, legt man die Lehnen der dritten Reihe um, fasst das Gepäckabteil 940 Liter. Kippt man auch die Sitzlehnen der zweiten Reihe nach vorne, werden 1655 Liter daraus. Nicht rekordverdächtig, aber gut genug. Ob das neue Paket, das der BYD Tang bietet, auch für Europa zum Erfolg reicht, wird sich zeigen.