China-Strafzölle stärken Verbrenner und schwächen E-Autos

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Sebastian Henßler
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  —  Lesedauer 4 min

Mit der Einführung von Strafzöllen auf E-Autos aus China sorgt die EU für Unruhe in der gesamten Branche. Während Donald Trumps erratische Zollpolitik in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen sorgte, sind es nun die Europäer selbst, die mit Aufschlägen bis über 45 Prozent eine klare Linie ziehen wollen. Ziel ist es, die von China stark geförderten Hersteller auszubremsen, die mit günstigen Preisen auf den europäischen Markt drängen.

Doch die Konsequenzen treffen nicht nur die chinesischen Marken, wie die Automobilwoche berichtet. Auch westliche Autobauer geraten in den Sog der Maßnahmen, wenn sie Modelle aus China nach Europa bringen. So importiert Volkswagen das Modell Cupra Tavascan, das mit einer Gesamtbelastung von über 30 Prozent Zoll nach Deutschland kommt. Im ersten Halbjahr 2025 wurden mehr als 6000 Einheiten zugelassen, doch die hohen Aufschläge belasteten das Ergebnis von Seat/Cupra spürbar.

Einige Konzernmarken bleiben verschont: Audi, Porsche, Skoda oder Lamborghini importieren keine Stromer aus China und müssen deshalb keine Aufschläge tragen. Anders BMW: Der Konzern lässt die Mini-Modelle Aceman und Cooper SE über das Gemeinschaftsunternehmen mit Great Wall Motors in China bauen. Rund 31 Prozent Zoll werden fällig. Ob diese Kosten an die Kunden weitergegeben werden, kommentiert BMW nicht. Beim Smart, einer Kooperation von Mercedes und Geely, wurden die Preise Anfang des Jahres hingegen um etwa 2000 Euro angehoben. Die Zulassungen in Deutschland sind seitdem dramatisch gesunken, ein Minus von fast 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Auch Dacia steht unter Druck. Das günstige E-Auto Spring stammt vollständig aus chinesischer Fertigung. Obwohl die Zölle den Ertrag schmälern, hält der Hersteller am bisherigen Preis fest. Die Nachfrage ist dennoch eingebrochen, weil staatliche Förderungen weggefallen sind. „Ein Auto wie der Spring wird über den Preis verkauft, daran ändern wir nichts“, erklärt ein Sprecher gegenüber der Automobilwoche. Stellantis bringt keine Modelle seiner Kernmarken mehr aus China, führt aber Autos von Partner Leapmotor ein. Volvo und Polestar, beide Teil der Geely-Gruppe, produzieren ebenfalls in China. Tesla liefert ebenfalls einen Teil seiner Stromer aus Shanghai nach Deutschland. Damit sind auch US-Marken betroffen.

China Importe nicht zu unterschätzen für Deutschland

Ein Blick auf die Importstatistik zeigt die Dimension: Zwischen Januar und Mai 2025 kamen 45.000 Autos aus China nach Deutschland. Das ist mehr als aus den USA, aber deutlich weniger als aus Spanien, Tschechien oder der Slowakei. Insgesamt wurden in den ersten fünf Monaten 741.000 Autos im Wert von 21,1 Milliarden Euro importiert. Der Anteil aus China lag bei 948 Millionen Euro.

Ob die Zölle das gewünschte Ergebnis bringen, ist unklar. Marken wie BYD, Great Wall oder Xpeng legten trotz der Belastungen zu. BYD gibt die Zölle bislang nicht an die Kunden weiter und plant ab 2026 eine Produktion in Ungarn. Auch Great Wall Motors verzichtet bisher auf Preiserhöhungen, während Xpeng rechtzeitig vor Einführung der Zölle große Mengen nach Europa verschiffte. Nio dagegen spricht offen von erheblichen Absatzproblemen.

Besonders auffällig ist die Entwicklung bei Volvo. Der kompakte EX30 wurde bis April aus China importiert. Danach verlagerte der Hersteller die Produktion nach Gent in Belgien, um den europäischen Markt direkt zu versorgen. Die Preise blieben stabil, da Logistikkosten sanken und Lieferzeiten kürzer wurden. Für das geplante Spitzenmodell ES90 sind die Zölle bereits einkalkuliert. Denkbar ist auch, dass Volvo künftig das US-Werk in Ridgeville nutzt, abhängig von der Zollpolitik zwischen EU und USA.

MG leidet unter chinesischen Strafzöllen

Andere Marken geraten stärker unter Druck. MG, ebenfalls Teil des SAIC-Konzerns, musste im ersten Halbjahr ein Minus von 15 Prozent bei den Verkäufen hinnehmen. Mit Zöllen von über 45 Prozent ist die Marke besonders hart getroffen.

Gleichzeitig hat sich die Zusammensetzung der Importe verändert: Während die Zahl der reinen Stromer um fast ein Drittel zurückging, stiegen die Einfuhren von Hybriden massiv an. Klassische Verbrenner legten um 18 Prozent zu, Plug-in-Hybride um fast 50 Prozent und Vollhybride ohne Ladefunktion sogar um 362 Prozent. Ihr Anteil an den China-Importen stieg von 8 auf 22 Prozent.

Damit zeigt sich ein paradoxes Bild: Während die EU eigentlich den Marktzugang günstiger E-Autos aus China erschweren wollte, wächst nun der Import von Hybrid- und Verbrenner-Modellen. Das konterkariert die Klimaziele der EU, die durch mehr Elektromobilität erreicht werden sollten. Zu den schärfsten Kritikern der EU-Maßnahmen gehört BMW-Chef Oliver Zipse. Er wirft der Kommission gravierende Fehler bei der Festlegung der Zölle vor. BMW und andere Hersteller haben deshalb Klage beim Gericht der Europäischen Union eingereicht.

Quelle: Automobilwoche – Strafzölle gegen Chinas E-Autos: Sie wirken – aber anders als geplant

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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