Test: 3000 Kilometer mit dem Xpeng G6 Standard Range

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Daniel Krenzer

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  —  Lesedauer 6 min

Unser Redakteur hat einen Xpeng G6 Standard Range für drei Jahre geleast und berichtet hier regelmäßig von seinen Langzeiterfahrungen mit dem chinesischen Elektroauto. Die ersten knapp 3000 Kilometer sind inzwischen absolviert, sodass sich ein erstes Zwischenfazit anbietet. Es handelt sich um das bisherige Modell mit 66 kWh Netto-Akkukapazität, 190 kW (258 PS) starkem Antrieb am Heck sowie 215 kW maximaler Ladeleistung. Noch in diesem Jahr soll die neue Version auch in Deutschland erhältlich sein – jedoch vorerst nur mit großem Akku.

Die Pluspunkte des Xpeng G6 SR

Das Preis-Leistungs-Verhältnis: Beim geleasten E-Auto handelt es sich um das Einstiegsmodell mit kleinem Akku in aufpreisfreiem Weiß mit schwarzem Innenraum und ohne Anhängerkupplung mit einem Listenpreis von 43.600 Euro. Dafür ist der G6 direkt vollausgestattet, was unter anderem 360-Grad-Kamera, Sitzheizung vorne und hinten, Sitzlüftung vorne, Panorama-Glasdach, Einpark-Automatik, Autopilot und nicht zuletzt 800-Volt-Technik mit hohen Ladeleistungen beinhaltet. Vor der Anschaffung wurde zunächst mit einem Skoda Enyaq 60 geliebäugelt, dieser ist bei einem ähnlichen Preis aber bei Weitem schwächer ausgestattet und hat zudem einen kleineren Akku und längere Ladezeiten. Packt man all die Extras aus dem G6 in ein europäisches Modell, dann käme man schnell auf 70.000 oder 80.000 Euro Listenpreis.

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Der Sommer-Verbrauch: Schon auf den ersten Fahrten wurde klar, dass die Reichweite im Sommer trotz 2,1 Tonnen Leergewicht ein ganzes Stück größer ist als ursprünglich erwartet. Im Stadtverkehr lässt sich der G6 teils deutlich unter 15 kWh bewegen, auf der Autobahn steigt der Wert erst bei wirklich zügiger Fahrt dauerhaft auf mehr als 20 kWh. Kombiniert steht bisher ein Verbrauch von etwa 17 kWh laut Bordcomputer und etwas mehr als errechnete 18 kWh inklusive Ladeverluste zu Buche. 350 gar nicht mal langsame Autobahnkilometer am Stück sind also auch mit dem kleineren Akku im Sommer locker machbar, wer mehr Überland und/oder gemächlicher unterwegs ist, schafft sicher auch mehr als 400 Kilometer.

Spannend könnte es im Winter werden, da beim Standard Range – anders als beim G6 mit großem NMC-Akku – ein LFP-Akku zum Einsatz kommt, der tendenziell etwas mehr mit Kälte zu kämpfen hat. Die Wunschanforderung bei der Anschaffung waren 250 Autobahnkilometer mit 110 bis 120 Kilometern pro Stunde im Winter ohne Zwischenladen, was einem Verbrauch von etwa 26 kWh gleichkommen würde – das sollte aus sommerlicher Sicht möglich sein.

Die Fahreigenschaften: Der 190 kW starke Elektromotor liefert einen ordentlichen Antrieb, bis zu 200 Kilometer pro Stunde sind in der Spitze möglich. Wie bei den meisten Elektroautos mit Heckantrieb entfaltet sich die Kraft sehr viel angenehmer und handhabbarer als bei Vorderradantrieben, die dann doch schnell mal überfordert sind. Auf seinen 20-Zoll-Rädern steht der G6 satt und liegt wunderbar auf der Straße, kleine Abzüge gibt es für die recht harte Federung, die im Familieneinsatz eine Spur weicher ausfallen dürfte – dann würde der händisch montierte Innenspiegel hinten mittig vermutlich nicht ganz so stark zittern. Die meisten Assistenten arbeiten zudem sehr angenehm und zuverlässig, auf vielen Autobahnfahrten kann sich der Fahrer über weite Teile der Fahrt raushalten und der Technik die Arbeit überlassen – inklusive Spurwechsel.

Die Alltagstauglichkeit: Der Xpeng P7 ist aus Sicht unseres Redakteurs das schönere Auto, doch der schmale Zugang zum Kofferraum war für den Familienvater weniger praktisch. In den G6 hingegen passt ausreichend viel in den Kofferraum, es gibt dennoch viel Beinfreiheit vorne wie hinten, ohne dass das Auto übermäßig groß werden würde, wobei auch 4,75 Meter Länge bereits stattlich sind. In der engen Tiefgarage ist das aber dank hervorragender Kameras kein Problem. Stark ist zudem, dass sich die Rückbank in der Neigung verstellen lässt, was dem noch gegen die Fahrtrichtung sitzendem Nachwuchs zusätzliche Beinfreiheit ermöglicht. Außerdem lässt sich der Öffnungswinkel der Heckklappe einstellen.

Zudem lässt sich das Auto per App vorheizen oder -kühlen sowie vor- und zurückfahren, was das Heranfahren an die Wallbox an der Wand nach der Leerung des Kofferraums stark vereinfacht. Auch ein Wächtermodus ist integriert, der auf Wunsch Videos von Zwischenfällen wie Parkremplern aufzeichnet. Eine Vielzahl an bedingten Einstellungen können ebenfalls vorgenommen werden, zum Beispiel, dass bei jedem Fahrzeugstart die Luft für fünf Minuten gereinigt oder die Kindersicherung aktiviert wird.

Die Minuspunkte des Xpeng G6 SR

Die Routenplanung: Schön ist es, wenn ein Elektroauto die Routenplanung komplett alleine übernimmt und dabei nach voreingestellten Referenzen auch die passenden Ladestationen einbezieht. Das macht die Xpeng-Routenführung bislang aber nicht. Zwar sind die Ladestationen im System hinterlegt und können auch gezielt angesteuert werden, doch das erfordert immer ein zumindest kleines Eingreifen des Fahrers. Bis dahin versucht die Routenplanung indes, auf Gedeih und Verderb eine Route zu finden, bei der man möglichst nicht nachladen muss – und wenn sie zur Rushhour durch die Nürnberger Innenstadt führt. Vielleicht ist unser Autor noch nicht tief genug in die Konfiguration der Routenplanung eingestiegen, intuitiv funktioniert dies jedoch eher mäßig.

Die Verkehrszeichenerkennung: Ein Ärgernis ist zudem die automatische Verkehrszeichenerkennung. Das Problem gibt es bei vielen Herstellern, doch die von Xpeng rangiert eher im unteren Mittelfeld. Einschränkungen nach Uhrzeit oder für Lkw werden geflissentlich ignoriert sowie Schilder von anderen Fahrspuren fälschlicherweise als relevant erkannt. Wer dann noch die Einstellung nutzt, dass der Tempomat automatisch die erkannten Geschwindigkeiten übernimmt und das Tempo anpasst, der erlebt unangenehme Überraschungen wie plötzliche Bremsmanöver, weil bei 140 auf der Autobahn ein Schild mit „40 t“ passiert wurde. Es lässt sich zwar auch einstellen, dass der Fahrer eine Änderung immer erst bestätigen muss, aber das ist am Ende die weniger komfortable Verlegenheitslösung. Hinzu kommt, dass beim genutzten TomTom zahlreiche alte Tempolimits von längst vergessenen Baustellen noch sehr präsent sind – und entgegen jeder Vernunft jegliche Kameraerkenntnis des Autos überstimmt.

Die Einpark-Automatik: Auf einem leeren Parkplatz oder bei großen Parklücken funktioniert die Einpark-Automatik im Xpeng hervorragend und sorgt dafür, dass Mitfahrer über die Möglichkeiten der Technik staunen. Regnet es aber oder wird wirklich eng – also Situationen, in denen man einen solchen Assistenten tatsächlich mal gebrauchen könnte –, dann kommt selbiger an seine Grenzen. In engen Straßen sind 40 Zentimeter Abstand zum Bordstein einfach zu viel. Und in einer engen Parklücke wäre es schön, wenn nicht nur der Beifahrer, sondern auch der Fahrer am Ende eine Chance haben würde, das Auto zu verlassen. Das Gute ist aber, dass es den Assistenten im G6 überhaupt nicht braucht. Zwar ist er ohne Kameras alles andere als übersichtlich, doch die Bildgeber sind dermaßen scharf und genau, dass auch enge Parklücken souverän mit eigenen Lenkmanövern bewältigt werden können.

Daniel Krenzer

Zwischenfazit

Gut 3000 Kilometer im Xpeng G6 sind zurückgelegt, und bislang bereut unser Redakteur die Anschaffung keineswegs. Das Elektroauto der Mittelklasse in SUV-Coupé-Form bietet ein gutes Raumangebot, eine für den Preis sensationelle Ausstattung und ist zudem im Sommer sparsamer als erhofft. Softwareseitig gibt es ein paar Schwächen, doch in der Regel betrifft das Assistenten, die in der Preisklasse bei europäischen Herstellern überhaupt nicht erst vorhanden wären und die sich gut umschiffen lassen. Außerdem ändert sich ja mit Over-the-Air-Updates hoffentlich noch etwas zum besseren. Besonders spannend wird es sein, wie sich der LFP-Akku im Winter verhalten wird. Dazu dann beizeiten ausführlicheres.

Transparenz-Hinweis: Unser Redakteur nutzt den Xpeng G6 Standard Range in einem Gewerbeleasing mit dafür üblichen und regulären Konditionen und wird von Xpeng nicht für die Berichterstattung über das Fahrzeug bezahlt oder anderweitig entschädigt. 

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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