VDA-E-Ladenetzranking: „Es braucht unbedingt wieder mehr Tempo“

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Das Verhältnis von öffentlichen Ladepunkten zu zugelassenen Elektroautos bleibt in Deutschland nahezu unverändert, und es gibt weiterhin große Unterschiede zwischen den Gemeinden. Den Handlungsbedarf beim Ladeinfrastrukturausbau in Deutschland bezeichnet der Verband der Automobilindustrie (VDA) in seinem aktuellen VDA-E-Ladenetz-Ranking daher als „insgesamt weiterhin groß“.

In Deutschland gibt es, laut Bundesnetzagentur und mit Stand 1. Juli 2025, 172.150 öffentlich zugängliche Ladepunkte, davon 40.777 Schnellladepunkte. Zugelassen sind laut Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes knapp 2,9 Millionen Elektroautos und Plug-in-Hybride. Somit kommen in Deutschland zum Stichtag 1. Juli im Durchschnitt 17 Elektrofahrzeuge auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Damit stellt sich das Verhältnis von öffentlichen Ladepunkten zu E-Autos in Deutschland im Vergleich zum vorangegangenen VDA-E-Ladenetzranking (Datenstand 1. Juli 2024) nahezu unverändert dar, so der Automobilverband. Seinerzeit kamen ebenfalls 17 E-Fahrzeuge auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Der Wert hat sich lediglich sehr geringfügig von 17,3 auf 16,7 verbessert.

Die Bundesnetzagentur weist zum Stichtag des neuen VDA-E-Ladenetzrankings (1. Juli 2025) 29.357 öffentliche Ladepunkte mehr aus als beim letzten VDA-E-Ladenetzranking (Stand 1. Juli 2024). Damit gibt es in Deutschland im Jahresvergleich zwar deutlich mehr öffentliche Ladepunkte, jedoch hat das Ausbautempo abgenommen: Beim letzten VDA-E-Ladenetzranking kamen binnen eines Jahres deutschlandweit noch gut 45.000 öffentliche Ladepunkte hinzu.

Das abgeflachte Ausbautempo zeige sich, wenn auch etwas weniger deutlich, auch beim Blick auf den Zubau von Schnellladepunkten. Zwar ist mit 10.729 Einheiten mehr als jeder dritte der innerhalb eines Jahres hinzugekommenen 29.357 öffentlichen Ladepunkte ein Schnellladepunkt, allerdings waren in den zwölf Monaten zuvor noch rund 11.500 Schnellladepunkte hinzugekommen. Deutschlandweit beträgt die Jahreszuwachsrate von Schnellladepunkten nun 36 Prozent. Sie liegt damit deutlich höher als die Zuwachsrate der Normalladepunkte, die bei plus 17 Prozent liegt.

Betrachtet man die Ladeleistung, die pro E-Pkw in Deutschland durchschnittlich zur Verfügung steht, um den Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur abzubilden, so zeigt die VDA-Auswertung, dass sich diese gesteigert hat: Standen im Juli des vergangenen Jahres statistisch gesehen pro E-Fahrzeug in Deutschland 2,1 kW zur Verfügung, so sind es genau ein Jahr später 2,4 kW. Seit Januar dieses Jahres stagniert dieses Verhältnis jedoch. Das heißt: aktuell verläuft der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Leistung gerechnet in etwa genauso schnell wie der Hochlauf der E-Neuzulassungen.

Zwar ist die Ladeleistung ein wichtiger Faktor, wichtig für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist aber auch die Verfügbarkeit des Ladeangebots vor Ort, denn diese ist für die Menschen im Alltag entscheidend. Die VDA-Auswertung zeigt jedoch: In mehr als drei von zehn Gemeinden (32 Prozent) gibt es noch keinen öffentlichen Ladepunkt. Und rund zwei Drittel aller Gemeinden (65 Prozent) haben noch keinen öffentlichen Schnellladepunkt installiert. Allerdings handelt es sich vorrangig um Gemeinden in ländlichen Gebieten, wo E-Fahrer in der Regel einen eigenen Stellplatz und somit auch die Möglichkeit haben, einen eigenen Ladeanschluss einzurichten und zu nutzen.

„Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist eine der drängendsten Infrastrukturaufgaben für Deutschland“

„Das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher, immer und überall einfach und schnell laden zu können, ist zentral für die Akzeptanz der Elektromobilität. Eine flächendeckende und leistungsfähige Ladeinfrastruktur ist ein wesentlicher Schlüsselfaktor, um die Menschen für den Umstieg auf die E-Mobilität zu begeistern und spielt für den Markthochlauf eine entscheidende Rolle. Das macht den Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge zu einer der drängendsten Infrastrukturaufgaben für Deutschland“, kommentiert VDA-Präsidentin Hildegard Müller die aktuelle Auswertung.

Dass das Ausbautempo nach den erzielten Fortschritten zuletzt abgenommen hat, sei „keine gute Nachricht“, so Müller weiter: „Es braucht unbedingt wieder mehr Tempo, denn noch immer gibt es Nachholbedarf und zu viele weiße Ladeflecken auf der Deutschlandkarte.“ Erst jüngst habe eine Allensbach-Studie gezeigt, dass bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern nach wie vor Skepsis gegenüber dem Ladeangebot und Unzufriedenheit insbesondere mit den Lademöglichkeiten an Autobahnen und Landstraßen herrsche. „Deshalb muss unter anderem der Ausbau der Standorte des sogenannten Deutschlandnetzes mit mehr als 1000 Schnellladeparks entlang der Autobahnen weiter entschlossen vorangetrieben und wie vorgesehen 2026 abgeschlossen werden“, mahnt Müller.

Um beim Ausbau der Ladeinfrastruktur die notwendigen Fortschritte erzielen zu können, seien schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren essenziell, so die VDA-Präsidentin weiter.  „Insbesondere gilt es jetzt, die Stromnetze und Kapazitäten fit für die Zukunft zu machen, damit die entsprechenden Leistungen auch tatsächlich bereitgestellt werden können. Der beschleunigte und vorausschauende Stromnetzausbau ist die entscheidende Voraussetzung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Hier besteht dringender Handlungsbedarf für Politik, Bundesnetzagentur und Energiewirtschaft.“

Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland gelte, dass alle relevanten Stakeholder ihrer Aufgabe gerecht werden müssten. Dazu würden Tankstellenbetreiber, die Wohnungswirtschaft, Parkraumunternehmen, der Handel, die Ladepunktbetreiber, vor allem die Energiewirtschaft und natürlich auch die Autoindustrie zählen. „Klar ist: Die Autoindustrie leistet jetzt und in Zukunft mit Innovationen und hohen Investitionen entschlossen ihren Beitrag zum Erfolg der Elektromobilität. Bereits heute bieten die deutschen Hersteller allein auf dem deutschen Markt rund 110 verschiedene E-Modelle an und die Auswahl, auch in den unteren Segmenten, wird sich weiter vergrößern“, erläutert Müller.

„Auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur sind die Unternehmen der Automobilindustrie bereits mit vielen Projekten engagiert. Unter anderem mit Ionity und Milence treiben sie den Aufbau von Ladeinfrastruktur für Pkw- bzw. Nutzfahrzeuge voran. Dieses Engagement werden wir fortsetzen“, so die VDA-Präsidentin weiter.

Die Ergebnisse des VDA-E-Ladenetzrankings

Das VDA-E-Ladenetz-Ranking ist eine statistische Auswertung, die auf den amtlichen Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes und der Bundesnetzagentur beruht. Was hier gemeldet ist, findet Eingang in die Auswertung, die in drei Bereiche unterteilt ist:

Der T-Wert gibt an, wie viele E-Pkw sich einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt teilen. Hier gibt es mit Heilbronn (Baden-Württemberg) – beim letzten VDA-E-Ladenetzranking noch auf dem zweiten Platz – einen neuen Spitzenreiter. In Heilbronn gibt es deutschlandweit also das beste Verhältnis von E-Pkw zu öffentlichen Ladepunkten für E-Pkw. Gerade einmal 4,8 E-Pkw kommen dort auf einen öffentlichen Ladepunkt. Vorjahressieger Emden (Niedersachsen) liegt nun auf Platz 2, der Landkreis Oder-Spree (Brandenburg) hält Rang 3.

Der T-Wert ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da in manchen Gemeinden zum Teil sehr viele Ladestationen an einem Standort gebündelt sind. In Emden etwa betreibt VW ein Werk und hat dort viele, teils öffentliche Ladestationen aufgebaut. Gleiches gilt für den Landkreis Oder-Spree, wo Tesla in Grünheide sein Europa-Werk errichtet hat.

Betrachtet man allein die absoluten Zuwächse, so zeigt sich der Ladepunktausbau wie bereits beim vorherigen Ranking in Berlin besonders dynamisch: In der Hauptstadt kamen zwischen dem 1. Juli 2024 und dem 1. Juli dieses Jahres 991 öffentliche Ladepunkte hinzu. Die zweitmeisten waren es mit 735 in Hamburg, die drittmeisten in Stuttgart (646).

In allen Bundesländern ist das Ladeangebot größer als noch vor einem Jahr

Betrachtet man das Ladeangebot auf Ebene der Bundesländer, so zeigt sich, dass es in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen das beste Verhältnis von E-Pkw zu öffentlichen Ladepunkten gibt. Hier kommen 11,7 E-Autos auf einen öffentlichen Ladepunkt. Sachsen belegt Platz 3. Nicht unerwähnt dürfen hierbei strukturelle Unterschiede in den Bundesländern bleiben, so ist der E-Pkw-Bestand in den neuen Bundesländern noch vergleichsweise gering.

Es folgen: Bremen, Berlin, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Baden-Württemberg, und Bayern, wo 15,9 E-Pkw auf einen öffentlichen Ladepunkt kommen. Die dahinter folgenden Länder liegen mit ihren Werten jeweils unter dem Bundesdurchschnitt von 16,7. Diese sind: Niedersachsen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland (in dieser Reihenfolge).

Der A-Wert stellt die grundsätzliche Attraktivität des Ladenetzes im Landkreis oder in der Stadt dar. Dafür wird die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte ins Verhältnis zu sämtlichen im Landkreis oder in der Stadt zugelassenen Autos gesetzt, unabhängig von deren Antriebsart. Der Wert zeigt also an, wie attraktiv der Landkreis bzw. die Stadt für den Umstieg auf die Elektromobilität ist. Im A-Wert-Ranking liegt erneut Ingolstadt (Bayern) vorn. Es folgen Stuttgart (Baden-Württemberg) und Regensburg (Bayern). Auch in diesen drei Städten sind mit Audi, Mercedes / Porsche und BMW jeweils große Autohersteller mit Werken vertreten.

Thüringen beim Schnellladen erneut an der Spitze

Für das aktuelle VDA-E-Ladenetzranking wurde erstmals die Schnellladeinfrastruktur auch auf Ebene der Städte und Gemeinden betrachtet. Der sog. S-Wert zeigt, wie viele E-Pkw sich statistisch betrachtet einen Schnellladepunkt teilen. Ganz vorne liegt hier der Landkreis Saale-Orla-Kreis (Thüringen). Es folgen Gera (Thüringen) und Zweibrücken (Rheinland-Pfalz). Betrachtet man allein die absoluten Zuwächse von Schnellladepunkten, so kamen in Köln die meisten hinzu (215). Die zweitmeisten waren es in Berlin (205) und die drittmeisten in Hamburg (178).

Die statistische Auswertung auf Ebene der Bundesländer zeigt: Der Bundesdurchschnitt liegt beim S-Wert bei 70,6. Anders formuliert: In Deutschland kommen durchschnittlich rund 71 E-Pkw auf einen Schnellladepunkt. Dieser Wert hat sich seit dem letzten VDA-E-Ladenetzranking deutlich verbessert, zum Stichtag 1. Juli 2024 lag er noch bei 82,4.

Die ersten fünf Plätze beim S-Wert belegen im aktuellen Ranking, wie bereits bei der letzten Auswertung, die Länder Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg. Hier schlagen sich auch strukturelle Unterschiede in den Bundesländern nieder, in den neuen Bundesländern ist der E-Pkw-Bestand noch vergleichsweise gering. Es folgen: Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern, Bremen, Hessen, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Baden-Württemberg und das Saarland. Im einwohnerstarken Flächenland NRW kamen mit 2226 Schnellladepunkten gegenüber der letzten Auswertung die meisten hinzu.

Quelle: VDA – Pressemitteilung vom 05.11.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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