Wie Volkswagen wirtschaftlich robuster werden will

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Volkswagen steckt zur Jahresmitte 2025 in einer schwierigen Lage. Zwar sind Absatz und Umsatz stabil geblieben, doch das operative Ergebnis ist deutlich eingebrochen. Finanzvorstand Arno Antlitz spricht von einem geteilten Bild. Die Herausforderung liegt weniger bei den Produkten selbst, sondern eher in drei zentralen Problemfeldern: internationale Märkte, interne Strukturen und zu hohe Kosten, wie die Automobilwoche die aktuelle Lage einordnet.

Besonders belastend wirkt sich die aktuelle Zollpolitik der USA aus. Allein im ersten Halbjahr entstanden hierdurch Mehrkosten von 1,3 Milliarden Euro. Diese Belastungen trägt Volkswagen derzeit selbst, Preiserhöhungen zu Lasten der Kunden wurden bislang nicht vorgenommen. CEO Oliver Blume setzt auf politische Lösungen. Sein Vorschlag: Wer in den USA investiert, sollte im Gegenzug Zollnachlässe erhalten. Das Ziel ist klar: durch gezielte Investitionen eine bessere Ausgangsposition bei künftigen Verhandlungen schaffen.

Der Konzern ist in Nordamerika mit mehreren Marken vertreten, darunter Scout und International. Bereits bestehende Werke in Tennessee und South Carolina könnten erweitert werden. Neue Modelle sollen stärker auf den US-Markt zugeschnitten sein. Audi könnte mittelfristig ebenfalls vor Ort produzieren, während Porsche wegen geringer Stückzahlen von diesem Schritt absieht.

VW in China weiterhin unter Druck

Auch in China steht Volkswagen unter Druck. Zwar ist das Land noch immer der wichtigste Einzelmarkt, doch die Wettbewerbssituation hat sich verschärft. Chinesische Hersteller dominieren den Markt für Elektroautos mit attraktiven Preisen und starker lokaler Verankerung. Volkswagen reagiert mit einer eigenen Strategie: Entwicklung und Fertigung direkt vor Ort, zugeschnitten auf die Bedürfnisse chinesischer Kund:innen.

Die ersten lokal entwickelten Modelle wurden bereits vorgestellt. Ab 2026 sollen weitere folgen, mit angepasstem Design und technischen Lösungen. Auch Audi verfolgt diesen Weg mit einer neuen Submarke. Porsche hingegen beschränkt sich auf kleinere Anpassungen, etwa beim Infotainment. Die Absatzzahlen bei Škoda sinken weiter. Der Rückzug aus China läuft schrittweise, im Fokus stehen nun Indien und Südostasien.

Kosteneffizienz bleibt eine zentrale Herausforderung. Die Produktion ist zu aufwändig, die Strukturen zu komplex. Volkswagen arbeitet daran, Prozesse zu vereinfachen und Werke effizienter zu gestalten. Erste Fortschritte gibt es in Emden und Wolfsburg. Die Einsparungen im ersten Halbjahr belaufen sich auf rund 1,2 Milliarden Euro. Trotzdem liegt das Ergebnis noch immer deutlich unter dem Vorjahreswert.

Der Konzern plant, bis 2030 insgesamt 30.000 Stellen abzubauen. Cariad, Porsche und Audi streichen zusätzlich mehrere Tausend Stellen. Antlitz will den Sparkurs beschleunigen. Ob das reicht, ist unklar. Fachleute wie Stefan Reindl sehen Risiken: Kürzungen ohne strukturelle Veränderungen könnten langfristig mehr Schaden als Nutzen bringen.

Kostenreduktion durch Verkauf von Beteiligungen angedacht

Parallel zur Kostensenkung prüft Volkswagen auch, wie sich Geld über Beteiligungen einbringen lässt. Erste Prüfprozesse laufen, einzelne Unternehmensteile könnten verkauft oder für Investoren geöffnet werden. Im Fokus stehen unter anderem Software, Design und Entwicklungsdienstleister – mehr dazu in einem separaten Beitrag auf unserem Portal.

Gleichzeitig startet Volkswagen eine Modelloffensive. Besonders der ID.2 und seine Ableger von Cupra und Škoda sollen die Lücke im Segment kleiner Elektroautos schließen. Auch neue Versionen von ID.3 und ID.4 stehen in den Startlöchern. Im klassischen Bereich sollen der T-Roc und der Audi Q3 neue Kund:innen ansprechen. Škoda meldet gute Zahlen für den Elroq.

Bei der Software hat sich einiges getan. Cariad ist neu aufgestellt und arbeitet eng mit Partnern wie Rivian und XPeng zusammen. Erste Autos mit gemeinsam entwickelter Software sollen ab 2027 auf die Straße kommen. Volkswagen setzt außerdem auf autonomes Fahren. Der ID.Buzz mit Level-4-Technik ist das erste Serienmodell dieser Art. Geplant ist der Einsatz als Robotaxi in verschiedenen Regionen weltweit. Ein klarer Vorteil: Der Konzern kann viele nötige Bausteine selbst liefern – vom Auto bis zur Buchungssoftware. Das spart Kosten und erhöht die Kontrolle. Auch die Sensorik stammt größtenteils aus dem eigenen Haus.

Trotz aller Maßnahmen ist klar: Die aktuelle Situation verlangt volle Aufmerksamkeit. Die Doppelfunktion von CEO Oliver Blume als Chef von Volkswagen und Porsche wird zunehmend zum Problem. Beide Unternehmen benötigen eine klare Führung. Eine Entscheidung steht aus.

Quelle: Automobilwoche – Analyse: Volkswagen hat drei große Probleme – und dennoch Grund für Optimismus

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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