VW vor drastischen Einschnitten: Tausende Stellen bedroht

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Volkswagen

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Thomas Schäfer, der Chef der Marke Volkswagen, hat drastische Maßnahmen angekündigt, um den Automobilriesen finanziell auf Kurs zu halten. Im Mittelpunkt seiner Pläne steht die Aufhebung der bisherigen Beschäftigungssicherung, die seit Jahrzehnten betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen hat. Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen für die Mitarbeiter haben, denn erstmals seit 1994 steht der Verlust vieler Arbeitsplätze im Raum, wie das Manager Magazin und weitere Medien berichten.

Volkswagen plant zudem die mögliche Schließung mehrerer Werke in Deutschland, den Berichten nach soll könnte ein Montagewerk und ein Komponentenwerk betroffen sein. Unter anderem könnten die Standorte in Wolfsburg, Emden, Hannover, Zwickau und Osnabrück betroffen sein, ebenso wie die Teilewerke in Kassel, Braunschweig, Chemnitz und Salzgitter. Auch die gläserne Manufaktur in Dresden sei Teil der Überlegungen.

Betriebsratschefin Daniela Cavallo kündigte bereits harten Widerstand gegen die Pläne an. Sie sieht in den Sparmaßnahmen einen „Angriff auf unsere Beschäftigung, Standorte und Tarifverträge“. Der Vorstand habe versagt, so ihre deutliche Kritik. Es sei klar, dass der Konzern auf turbulente Monate zusteuere. Aktuell beschäftigt die Marke Volkswagen rund 110.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland. Cavallo will nicht eine einzige Stelle verloren geben: „Was wir jetzt brauchen, sind keine Rendite-Rambos, die Zusagen brechen. Sondern ausgeruhte Top-Manager, die sich ihrer Verantwortung für die Marke und die Beschäftigten bewusst sind“, so die Automobilwoche.

VW will Kosten massiv senken

Die geplanten Maßnahmen sind Teil eines umfassenden Programms zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von VW. Das aktuelle Programm zur Verbesserung der Ergebnisse sei zwar „gut aufgesetzt“ und „zeige Wirkung“, sagte Schäfer, jedoch sei der „Gegenwind deutlich stärker geworden“. Deshalb müsse VW „noch einmal nachlegen“, um langfristig erfolgreich zu sein. Konkret soll das Ergebnis um 10 Milliarden Euro verbessert werden, um die angepeilte operative Umsatzrendite von 6,5 Prozent bis 2026 zu erreichen. Im ersten Halbjahr 2023 lag diese Marge jedoch nur bei 2,3 Prozent. Besonders die Absatzzahlen für E-Autos hinken hinter den Erwartungen zurück, und die Kostenreduktionen im Einkauf bleiben hinter den Zielen zurück.

Schäfer hat vor allem die teuren deutschen Werke im Visier. Insider berichten, dass die Kapazitäten dort so hoch sind, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Marke VW ohne drastische Maßnahmen nicht mehr gewährleistet sei. Schäfers Pläne beinhalten auch Überlegungen, Modelle zu streichen. So stehe etwa die geplante Produktion des elektrischen Tiguan ab 2026 in Wolfsburg infrage. Der Betriebsrat kritisiert, dass es keinen Ersatz für das Stammwerk gebe, wodurch dort weniger Beschäftigte benötigt würden.

Erste Schritte in Richtung Stellenabbau laufen bereits

Der aktuelle Stellenabbau bei VW läuft bereits, und zwar vor allem im indirekten Bereich, also in der Verwaltung. Dort sollen die Personalkosten um 20 Prozent gesenkt werden. VW versucht, Mitarbeiter durch freiwillige Abgänge, Abfindungen und „Turboprämien“ zum Gehen zu bewegen. Doch bislang haben sich zu wenige Beschäftigte für einen freiwilligen Abschied entschieden. Die Unternehmensleitung hat deshalb den Druck erhöht: Mitarbeiter, die nicht gehen wollen, sollen in „Perspektivwerkstätten“ weiterqualifiziert werden. Diese Maßnahme, die erst kürzlich angekündigt wurde, ist Teil des neuen Programms, das auch die Produktion direkt betreffen wird.

Zusätzlichen Druck erfährt Schäfer von der niedersächsischen Landesregierung, die 20 Prozent der Stimmrechte bei Volkswagen hält. Ministerpräsident Stephan Weil hat sich klar gegen Werksschließungen ausgesprochen. „Wir erwarten, dass sich die Frage einer Schließung von Standorten durch die erfolgreiche Nutzung von Alternativen schlichtweg nicht stellt“, erklärte Weil. Das Land Niedersachsen und der Betriebsrat sind somit vereint gegen Schäfers Pläne. Ein Zusammenstehen, das in der Vergangenheit schon andere Vorstände den Job gekostet hat.

Harte Monate für VW voraus

Die nächsten Monate könnten für Volkswagen entscheidend sein. Die geplanten Einschnitte, vor allem die mögliche Schließung deutscher Werke, treffen auf erheblichen Widerstand von Betriebsrat und Landesregierung. Schäfer steht unter starkem Druck, die angestrebten Sparmaßnahmen umzusetzen und gleichzeitig die Unterstützer im Unternehmen und der Politik nicht zu verlieren. Der Konflikt um die Zukunft von VW ist damit eröffnet und könnte zu einem der härtesten in der Unternehmensgeschichte werden.

Einige Beobachter sehen Schäfers Strategie als notwendig an, um die Wettbewerbsfähigkeit von VW auf globaler Ebene zu sichern. Andere halten seine Maßnahmen für zu radikal und befürchten, dass der geplante Sparkurs den Konzern weiter schwächen könnte. Besonders spannend wird es ab 09:30 Uhr am heutigen Tag, dann ist die Betriebsversammlung am Standort Wolfsburg geplant. „Spätestens dort wird sich der Vorstand also länger und persönlich erklären müssen“, heißt es von Seiten des VW-Betriebsrates.

Quelle: Business Insider – Job-Angst bei VW: Autobauer kündigt Beschäftigungssicherung auf – jetzt sind betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen möglich / Manager Magazin – Werke und Tausende Jobs – VWs Kampfansage an den Betriebsrat / Automobilwoche – Sieben Fragen und Antworten zum großen Knall bei VW

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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egon_meier:

„Da wird wohl mal ein Motorenwerk geschlossen. oder so ähnlich.“
Das ist alles im Moment nur ein Schienbeitritt gegen IG-Metall und Betriebsrat. Deren abstrusen Forderungen wird jetzt mal ein publizistischen P vorgesetzt.

Dann wird man sich schon irgendwo und irgendwie einigen. Auch Herr Weil wird zähneknirschend seinen politischen Einfluss geltend machen denn das Land Niedersachsen lebt von den VW-Steuern und -Dividenden.

Läubli:

Das weiss ich nicht so genau, aber die Aussage ist ja trotzdem nicht falsch, da es solche gibt.

Albert Lyng:

„Die Verträge der Beschäftigten im Volkswagenwerk in Zwickau waren bis 2025 befristet.“
Die meisten Mitarbeiter in Zwickau haben unbefristete Verträge: 70, 80%.

steinpilz:

Da wird wohl mal ein Motorenwerk geschlossen. oder so ähnlich.

Tom:

VW als Konzern hat schon lange Probleme, die mit dem Dieselskandal und mit dem Unbruch in Richtung E-Mobilität massiv an die Oberfläche kommen.
Es ging trotz allem zu lange zugut. In China wurde alles gekauft, was aus Europa kam. Die neuen reicher werdenden Chinesen waren ein dankbarer Kunde. Deshalb war es das oberste Ziel den eigenen Markt zurück zu erobern… mit internationaler Hilfe.
VW war der erste Multi-Markenkonzern mit einer Plattform-Straregie, die offensichtlich nicht nachhaltig betrieben wird.
Auch der politische Einfuss von Eigentümern, wie Niedersachsen, machen die Firma nicht gerade flexibler. Betriebsrat und Gewerkschaften haben dabei auch ihren erheblichen Anteil.
Es geht nicht um ein amerikanisches „Hire and Fire“, aber am Standort Deutschland sind VW massive Fesseln angelegt. Das muss man sich erst leisten können.
Der Konzern muss handeln. Es braucht ein reinigendes Gewitter.
VW ist aktuell einwenig ein Sinnbild für vieles in Deutschland.
Ich bin mir sicher, dass sie es schaffen werden. Allerdings denke ich auch die VW AG wird am Ende nicht mehr der dominante Hersteller sein, wie in der Vergangenheit. Die chinesische Konkurrenz wird nicht mehr verschwinden.

Quo vadis VW…. quo vadis?

S. Eckardt:

Solange das wichtigste, einzige(?) Ziel der VW-Bosse eine möglichst hohe Umsatzrendite ist, werden die Autos teuer bleiben, obwohl „Luft“ in den Preisen ist.
Teure Autos ==> weniger Nachfrage ==> weniger Produktion ==> weniger Arbeitskraft-Bedarf ==> Schrumpfung

Man könnte es auch anders machen und in der Zeit der Transformation auf ein wenig Profit verzichten. Will man wohl nicht ..,

egon_meier:

Falsch … auf Druck der SPD, weil sie von ihrer Konsumorientierung nicht lassen will.
Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz . da war eine Klage zwingend notwendig.
Die Ampel hat sich eben für Konsum statt Klimainvestition entschieden.

Stefan:

Christian Lindner hat die eAuto Prämie beendet. Unter Druck der Union, weil die mit der Klage für die Schuldenbremse die Sondervermögen Haushaltsphantasie gestoppt hat.

Spiritogre:

Nio macht gar kein Geschäft, die verkaufen im Monat knapp ein Drittel soviele BEV wie VW und VW verkauft ja nun nur einen kleinen Bruchteil BEVs momentan.
In Deutschland verkauft Nio im Schnitt 30 – 40 Autos im Monat.
Und Tesla verkauft kaum noch Premiumautos, Model S und X verkaufen vielleicht ein paar 10.000 Stück im Jahr.

VW hat übrigens eigene Lader, in den USA sind sie Eigentümer von Electrify America und in Europa Miteigentümer und Gründer von Ionity…

Wechselakku hat Tesla übrigens 2015 schon auch probiert und gleich wieder eingestellt, weil einfach keine Nachfrage herrschte. Auch beim Renault Zoe sind die Autos mit Mietakku gerade im Gebrauchtmarkt praktisch unverkäuflich. Die Leute wollen ihr Auto komplett besitzen und nicht jeden Monat Miete löhnen, nachdem sie es gekauft haben.

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