Nachhaltigkeit bei Porsche hat viele Facetten. In der Interviewreihe „Perspektive Nachhaltigkeit“ erzählen Porsche-Mitarbeiter von ihren fachspezifischen Themengebieten. Das aktuell von dem Sportwagenhersteller veröffentlichte Interview mit Karl Dums ist Teil 2 der Serie. Der Teamleiter spricht über ein derzeit auf vielen Ebenen äußerst strittiges Thema: die Zukunft von E-Fuels in der Automobilbranche.
„Für die Entwicklung künftiger Fahrzeuge setzen wir den Fokus auf E-Mobilität. Wir erreichen unsere Dekarbonisierungsziele jedoch nur, wenn wir auch die aktuellen Bestandsfahrzeuge in die Dekarbonisierung mit einbeziehen und diese möglichst bilanziell CO2-neutral fahren“, sagt Dums. Er verweist darauf, dass des weltweit insgesamt etwa 1,3 Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gibt. Und dass diese noch unzählige Kilometer abspulen werden.
„Darum haben wir verschiedene Ideen entwickelt, um Verbrennungsmotoren möglichst bilanziell CO2-neutral zu betreiben. Für uns war klar, dass erneuerbare Energie wesentlich für die Lösung des Problems ist“, so der Porsche-Teamleiter. „Darauf basiert die Grundidee der E-Fuels, die einen potenziell nahezu CO2-neutralen Betrieb von Verbrennungsmotoren ermöglichen“. Der synthetische Kraftstoff unterscheidet sich in seinen Grundeigenschaften nicht von Kerosin, Diesel oder Benzin aus Erdöl. Porsche war eines der ersten Unternehmen, das sich politisch, regulatorisch und wirtschaftlich dem Thema gewidmet hat. „Und das wollten wir auch von Anfang an so kommunizieren und Anreize für andere Unternehmen schaffen“, so Dums.
E-Fuels sind synthetische, potenziell nahezu CO2-neutrale Kraftstoffe, die mithilfe von Energie aus CO2 und Wasserstoff hergestellt werden. Je höher der Anteil erneuerbarer Energien, desto besser die CO2-Bilanz des Kraftstoffs. Das große Manko ist die äußerst schlechte Energiebilanz: Die Erzeugung von E-Fuels ist extrem energieintensiv. Mit dem Strom, der ein batteriebetriebenes Elektroauto 100 Kilometer weit bringt, lassen sich E-Fuels für maximal 20 Kilometer herstellen. Außerdem ändern E-Fuels nichts an der Belastung durch den Lärm und die Abgase der Fahrzeuge.
„Erneuerbare Energie ist auf der Welt nicht gleich verteilt. In Deutschland haben wir eher zu wenig, an anderen Orten auf der Welt aber so viel davon, dass sie dort nicht direkt genutzt werden kann“, wirft Dums ein. „Die höchsten Energiedichten, in Form von Sonne oder Wind, finden sich zum Beispiel in Wüstenregionen oder im Süden Chiles“, so der Teamleiter. Die dort vorhandene Energie könnte mittels E-Fuels dorthin befördert werden, wo sie gebraucht wird. Ein Pilotprojekt läuft bereits: „Wir bei Porsche haben uns gemeinsam mit HIF Global, Siemens Energy, ExxonMobil sowie weiteren internationalen Partnern dazu entschieden, die Pilotanlage ‚Haru Oni’ in Punta Arenas (Chile) zu bauen. Vor Ort nutzen wir die die hervorragenden Bedingungen, um mit Hilfe von Windenergie E-Fuels zu erzeugen.“
Porsche wolle „demonstrieren, dass es machbar ist“. Jetzt sei es wichtig, „dass weitere Spieler den Ball aufnehmen und der Richtung der Porsche Fußspuren folgen. Wir glauben daran, dass wir mit den E-Fuels einen technologischen Pfad eingeschlagen haben, der einen Mehrwert für die Nachhaltigkeit auf der Welt bietet“, gibt sich Dums überzeugt.
„Der Schlüssel ist die Umsetzung im industriellen Maßstab“
Gleichzeitig ergeben sich Möglichkeiten für weitere Anwendungen, wo der Treibstoff auch dringender gebraucht wird als in der Pkw-Mobilität, die mit dem reinen Batterieantrieb ohnehin deutlich klimafreundlicher unterwegs ist: E-Fuels können auch in schwer zu elektrifizierenden Bereichen wie der Luftfahrt, in der Schifffahrt oder auch in der chemischen Industrie eingesetzt werden. „Der Schlüssel ist hierbei nun die Umsetzung im industriellen Maßstab. Diesen Weg werden wir als Porsche über unsere Beteiligung an HIF Global begleiten“, so Dums.
Für die Zukunft wünscht sich Dums, „dass alle Bestandsfahrzeuge und in ausgewählten Anwendungen auch Neufahrzeuge von Porsche mit E-Fuels fahren und wir unsere Vorhaben in Sachen Nachhaltigkeit auch über die Automobilbranche hinaus denken. Die Elektrifizierung ist zum Beispiel in den Bereichen Luft- und Schifffahrt technisch nicht so einfach umsetzbar wie im Straßenverkehr und wird deshalb nur sehr langsam stattfinden“. Er wünsche sich, dass es gelingt, mit dem Einsatz von E-Fuels einen echten Mehrwert zu schaffen. An der richtigen Stelle wird das sicher möglich sein.
Quelle: Porsche – Pressemitteilung vom 20.03.2023