Plug-in-Hybride an Schnellladesäulen: Des einen Freud…

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Press-Inform / Volkswagen

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 5 min

An den Schnellladesäulen der Autobahnen gibt es ein neues Ärgernis. Immer öfter werden die elektrischen Ladestationen von Fahrern eines Hybridmodells genutzt. Die Fahrer eines Elektroautos zetern, wenn sie warten müssen.

Viele Autofahrer hatten die Hybridtechnik für eine kurzzeitige Übergangstechnologie gehalten, die allein hin zu den reinen Elektromodellen führen sollte. Doch nun, da in den Modellportfolios der internationalen Autohersteller immer mehr Elektromodelle vom kleinen Cityflitzer bis zum Luxus-SUV auftauchen, scheinen gerade die Plug-in-Hybride einen zweiten automobilen Frühling zu erleben. Interessant sind sie trotz fehlender Subventionen insbesondere für Dienstwagenfahrer, die an besonders geringe CO2-Vorgaben gebunden sind oder Hausbesitzer, die über eine Solaranlage auf dem Dach den eigenen Strom produzieren und diesen in den Teilzeitstromer leiten. So lassen sich die kürzeren Strecken im urbanen Umfeld zumeist rein elektrisch und damit kostenneutral zurücklegen.

Plug-in-Hybride werden auch ohne staatliche Unterstützungen und ohne eigene Solaranlage auf dem Dach immer interessanter, wenn man zu Hause oder in der Firma elektrisch laden kann, denn die anfangs allzu überschaubaren Elektro-Reichweiten von 20 bis 40 Kilometern im Realbetrieb haben sich längst auf mehr als 80 oder gar über 100 Kilometer heraufgeschraubt. Größere Akkus mit zum Teil bis zu 40 kWh in Europa und bis zu 80 kWh bei einigen Chinamodellen und Reichweiten von mehr als 200 Kilometer sind jedoch nur ein Teil der neuen Hybridgeschichte.

Denn größere Akkus heißt bei immer mehr Plug-in-Hybriden auch eine Schnellladefunktion an Bord. Zwar ist zumindest aktuell an wirklich schnelle Ladetempi von 100, 150 oder gar 200 Kilowatt für einen PHEV nicht zu denken, doch bei vielen Fahrzeugen ist es mit 11 oder zumindest 22 kW längst nicht mehr getan. Inklusiv großem Ladestecker tanken Modelle wie die Mercedes C- / E-Klasse oder ein VW Tiguan / Passat mit bis zu 60 kW am DC-Lader für Gleichstrom. Beispiel Mercedes GLC PHEV: Die Hochvoltbatterie im Heck beinhaltet eine Gesamtkapazität von 31,2 kWh für Strecken bis 100 km. Das leere Batteriepaket füllt ein optionaler 60-kW-Gleichstromlader in einer halben Stunde. Serienmäßig ist der Mercedes GLC wie viele seiner Hybridbrüder mit einem 11-kW-Wechselstromlader für das dreiphasige Laden ausgestattet.

Mehr als 100 Elektro-Kilometer im Plug-in-Hybrid

Ein Modell wie der Mercedes C 300e wird nicht nur von einem zwei Liter großen Verbrenner angetrieben, sondern auch einem Elektromotor, der in der Getriebeglocke verbaut ist. Dieser Elektromotor steuert im Alltag 95 kW / 129 PS bei und sorgt dafür, dass die hybride C-Klasse bis zu 116 Kilometer ohne Zutun des Benziners rein elektrisch fahren kann. Der Normverbrauch: 0,5 Liter Super oder 17,8 kWh auf 100 Kilometer. Interessant gerade auch für Langstreckenfahrer, denn an der Autobahn können mehrere der Mercedes-Modelle mit bis zu 60 kW an einem Schnelllader nachtanken. Ganz ähnlich sieht es bei Modellen von Volkswagen aus und auch zukünftige Modelle von Audi, BMW oder einigen chinesischen Herstellern bekommen mit dem großen Ladestecker die Möglichkeit, den Schnelllader anzufahren.

Volkswagen bietet seinen neuen Tiguan ebenso mit zwei Plug-in-Hybridantrieben an wie den VW Passat oder den eng verwandten Skoda Superb – leider aktuell ohne Allradfunktion. Der Tiguan eHybrid hat wahlweise eine Systemleistung von 150 kW / 204 PS oder 200 kW / 272 PS. Durch das netto 19,7 kWh große Akkupaket im Unterboden sind Strecken bis zu 120 km rein elektrisch drin. Das ist weit mehr als die meisten Nutzer pro Tag unterwegs sind, mehr als 90 Prozent der täglichen Strecken sind kürzer als 100 Kilometer.

Geladen wird die Batterie entweder an einer heimischen Wallbox mit bis zu 11 kW oder an einem DC-Schnelllader mit bis zu 50 kW. BMW-Fahrer wird man an den Schnellladern übrigens nicht zu Gesicht bekommen, denn selbst neue Modelle wie die jüngst vorgestellten BMW M5 PHEV oder der BMW X3 30e können nur mit maximal 11 kW nachladen – sie bieten auch keinen DC-Stecker.

Plug-in-Hybride bremsen Elektroautos am Schnelllader aus

Genau diese Nutzung am Schnelllader sorgt gerade an vielen Autobahnen und in Ladeparks von EnBW, Ionity oder Fastned für Ärger. Denn die Kombination aus schmalem Ladetempo und größer gewordenem Batteriepaket sorgt dafür, dass der Plug-in-Hybrid die Ladesäule für eine vergleichsweise kleine elektrische Strecke genauso lange oder noch länger belegt, als ein Elektroauto neuester Bauart, das wie am Beispiel Audi Etron GT / Q6 Etron, Porsche Taycan / Macan oder Lotus Emeya und Lucid Air mit bis zum Teil deutlich über 300 kW nachzapfen kann.

Braucht ein VW Passat PHEV für seine elektrische Reichweite von rund 100 Kilometern am Stecker mitunter eine halbe Stunde, benötigt ein Schnelllademeister wie der neue Lotus Emeya oder der Audi Etron GT, um das über 100 kWh große Batteriepaket auf 80 Prozent zu bringen, kaum mehr als 15 Minuten. Der Ärger an den zunehmend ausbuchten Ladesäulen wird dadurch immer größer – nicht allein bei der Fahrt in den Sommerurlaub.

Doch die Laderechte sind für alle Nutzer gleich. Nur, weil der Plug-in-Hybrid langsamer seinen kleinen Akku tankt, muss er nicht den Platz für das reine Elektromodell freimachen. Es gibt kein Gesetz, höchstens ein ungeschriebenes, das das vorschreiben würde. Eine Lösung zur Güte gibt es jedoch, da in vielen Ladeparks nicht nur die modernen 300- oder 350-kW-Lader stehen, sondern am Rande oftmals auch die etwas älteren Ladesäulen, die nur 50 oder 70 kW liefern. Vielleicht kann man den Fahrer des Hybridmodells darauf hinweisen, dass diese für sein hybrides Ladetempo allemal ausreichen – und so wird der Platz am Hypercharger frei.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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