Europa im Visier chinesischer E-Autohersteller

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Volvo

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
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Abstreiten lässt es sich nicht. Es ist eine Zeit des Wandels in der Automobilindustrie, insbesondere in Bezug auf die Elektromobilität. Chinesische Automobilhersteller haben ihren Fokus stark auf den westeuropäischen Markt gerichtet, vornehmlich auf den Bereich der reinen Elektroautos, haben es aber nicht ganz so einfach, wie zunächst gedacht. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 näherte sich der Marktanteil chinesischer Hersteller bei Elektroautos in Westeuropa bereits fast 10 Prozent (7,9 Prozent).

BYD könnte den Markt zugunsten chinesischer OEMs beeinflussen

Automobil-Analyst Matthias Schmidt geht davon aus, dass mit steigenden Marktaktivitäten von BYD in Europa der Marktanteil auf 10 Prozent ansteigen wird. Allerdings ist mit einem signifikanten Volumenanstieg von BYD erst im Herbst zu rechnen. Im Juni wurden 10.536 Fahrzeuge exportiert, aber bisher wurden nur 3000 Neuwagen im ersten Halbjahr 2023 in Westeuropa verkauft.

Ein Blick auf andere Märkte wie Israel zeigt jedoch, dass es dort eine hohe Nachfrage nach Elektroautos gibt. Laut Daten der IVIA wurden dort in diesem Jahr bereits 9698 neue BYD-Pkw ausgeliefert, alle als reine E-Autos. Es ist daher wahrscheinlich, dass Märkte wie Israel einen großen Teil der bescheidenen Exportvolumen von BYD aufnehmen. In Israel hat BYD bereits eine Top-5-Position im Gesamtmarkt für Neuwagen mit einem Marktanteil von 5,8 Prozent erreicht. Gleichzeitig führt es den rein elektrischen Teil des Marktes an, wo es in diesem Jahr für jedes dritte Elektroauto, das neu auf den Markt kam, verantwortlich war, mit einem Marktanteil von 33,6 Prozent.

MG Motors als Vorreiter der chinesischen Hersteller

In Europa ist MG Motors aus dem SAIC-Konzern der führende chinesische Hersteller in Bezug auf das Elektroauto-Volumen und macht 5,4 Prozent des gesamten neuen Elektroauto-Marktes in diesem Jahr aus. Damit trägt die Marke 29.700 zu den insgesamt 43.500 Stromern bei, welche von chinesischen Marken im zweiten Quartal in Europa auf die Straße gebracht wurden.

Das Modell MG4 hat sich als eines der fünf meistverkauften E-Auto-Modelle in der ersten Jahreshälfte dieses Jahres etabliert, mit 30.700 Einheiten. Dies entspricht 62 Prozent der Elektroauto-Verkäufe von MG in der ersten Jahreshälfte. Im Juni übertraf das Modell sogar den VW ID.3 beim Absatz um 2100 Einheiten und stieg mit 8350 Einheiten zum viertmeistverkauften in diesem Monat auf.

Eine spannende Rolle spielen in der Betrachtung chinesischer Marken auch die sogenannten Skaleneffekte. Hier liegt der Geely-Konzern mit seiner SEA-Plattform ganz vorn mit dabei. Die Hauptmarken Geely, Zeekr, Geely, Smart, Volvo, Polestar, Lotus und Jidu setzen allesamt auf die Plattform und bringen unter eigener Federführung E-Autos auf SEA-Basis auf die Straße. Obwohl nicht alle von ihnen ihren Weg nach Europa finden, wird deutlich, dass der Konzern eine Skalierung über eine breite Palette von Segmenten hinweg erreichen kann.

Volvo EX30 auf gleichem Margen-Niveau wie Verbrenner-Alternative

Insbesondere Volvo baut mit dem Einstiegsstromer Volvo EX30 auf den Erfolg der Plattform und die damit genutzten Skaleneffekte. Mit dem EX30 peilt das Unternehmen eine Marge von 15 bis 20 Prozent an. Was dazu führen dürfte, dass das E-Auto bereits ab 2024 auf dem Niveau der Profitabilität von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor (ICE) sein wird. Das Modell wird in China hergestellt und wird für die Einstiegsmodelle die LFP-Batterietechnologie verwenden. Der Einstiegspreis in Deutschland wird vor Subventionen bei 36.590 Euro liegen, bzw. näher an 30.000 Euro nach gemeinsamen staatlichen und Hersteller-Subventionen.

Polestar bietet derzeit nur ein reines E-Modell an, den Polestar 2, der mit dem Tesla Model 3 und dem BMW i4 konkurriert. Der Polestar 3, der im vergangenen Jahr vorgestellt wurde, wird in den USA und China hergestellt. Aufgrund einer Softwareverzögerung wurde die Produktion des Elektro-SUV nun allerdings auf 2024 verschoben. Es wurde auch bestätigt, dass in China eine zweite Produktionsschicht für den Polestar 2 begonnen hat, was als positiv für die Nachfrage nach dem Polestar-Stromer zu werten ist.

Nio, seit 2021 in Europa präsent, blickt 2023 auf etwas mehr als 1000 Einheiten, die auf europäischen Straßen zugelassen wurden, was weniger ist als bei Luxus-Exotenmarken wie Lamborghini, Bentley oder sogar Ferrari. Es scheint, dass der Markteintritt aus der Premium-Position für chinesische Hersteller viel schwieriger ist, als aus dem Volumenbereich Fuß zu fassen. Ein Sprecher von NIO erklärte, dass der Fokus des Unternehmens derzeit auf der Kundenzufriedenheit liegt und die Prioritäten darin bestehen, die höchsten Zufriedenheitswerte in ganz Europa zu erreichen.

Quelle: Matthias Schmidt – European Electric Car Monthly Market Intelligence Q2/2023

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Sebastian Henßler

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Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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