Nicht nur in Deutschland werden die Ergebnisse der Bundestagswahl viel diskutiert, sondern auch im Ausland. Da Deutschland zentral für die wirtschaftliche Entwicklung Europas ist, insbesondere in der Automobilindustrie, werden politische Entwicklungen genau beobachtet und auf mögliche Trendwenden analysiert. Grundlegende Änderungen scheinen jedoch nun nach der Wahl unwahrscheinlich, wobei auch anderen Ländern nicht entgangen ist, dass die deutsche Wirtschaft derzeit Aufholbedarf hat.
Subventionen für Elektroautos unwahrscheinlich
Mit der Überschrift “German Election Unlikely To Provide Required Auto Industry Shakeup” veröffentlichte das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes vor wenigen Tagen einen Artikel, der die Bundestagswahl in Deutschland mit Hinblick auf die Automobilindustrie analysiert. Die Bundestagswahl werde also wohl nicht für die nötige Belebung der Autoindustrie sorgen, so die These.
Mit dem Wahlsieg der Union ist in Deutschland wieder eine politisch konservative Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Eine der Kernaufgaben dieser neuen Regierung wird innerhalb der Wirtschaft der Antrieb einer schwächelnden Automobilindustrie sein, die sich im Umbruch zur Elektromobilität befindet. Für mehr Planbarkeit fordern viele daher einheitliche, langfristige Regelungen sowie eine schnelle Regierungsbildung:
„Deutschland braucht jetzt so schnell wie möglich eine stabile Regierung. Eine starke, einheitliche deutsche Stimme in Europa ist unerlässlich, ebenso wie Reformen in Deutschland.“ – Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA)
Von einer dringend nötigen Anregung der Branche ist bei Forbes die Rede, die allerdings nicht zu erwarten sei. Stattdessen sagt der Artikel weiterhin ungelöste Probleme voraus, wie die Bedrohung durch chinesische Importe nach Europa und den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zollkrieg. Der Markt für Elektroautos fordere dabei Subventionen von einer Regierung, die selbst um Geld kämpfe. Erneute Subventionen für Elektromobilität, wie sie vor etwa einem Jahr gestrichen wurden, sind daher in Deutschland unwahrscheinlich. Innerhalb der EU allerdings könnten sie Teil eines größeren Förderpakets für die europäische Autoindustrie sein.
Konservative Politik für Fortschritt?
Unter Berufung auf Politico wird infrage gestellt, ob eine neue Bundesregierung unter Friedrich Merz einer Wirtschaft wieder auf die Beine verhelfen kann, die sich in einer Rezession befindet und durch die Krise im Automobilsektor weiter in Mitleidenschaft gezogen wird. Merz kenne die Probleme beim Umstieg auf Elektromobilität, habe sich aber nicht dazu geäußert, wie er Automobilherstellern helfen will, so Politico.
„Merz als wahrscheinlicher nächster Kanzler hat sich und seine Partei als wirtschaftsfreundlich und bürokratiefeindlich positioniert, daher könnten die Anleger mittelfristig etwas optimistischer werden, was die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen (Hersteller) angeht. Wir würden dieses Argument jedoch nicht zu sehr strapazieren, denn die Herausforderungen der Branche sind globaler Natur und die großen Themen für die deutschen Hersteller – Marktanteilsverluste in China, der Eintritt der Chinesen auf dem europäischen Markt und das Risiko von US-Zöllen – entziehen sich der Kontrolle der nächsten deutschen Regierung.“ – Bericht der Investmentbank UBS
Neben der Investmentbank UBS halte auch der Gründer Matt Schmidt von Schmidt Automotive Research neue Subventionen für Elektroautos in Deutschland für unwahrscheinlich, so Forbes. Vielmehr werde eine neue Regierung auf Energiepreisstabilität und wettbewerbsfähigere Preise für energieintensive Industrien setzen. Zugleich sei die AfD im Falle einer vorgezogenen Wiederwahl auf dem besten Weg, die größte Partei zu werden, so Schmidt.
Viel wahrscheinlicher ist es außerdem, dass sich die Union aus CDU und CSU mehr für Verbrennungsmotoren einsetzt, die in der Europäischen Union nach 2035 nicht mehr mit fossilen Treibstoffen betankt werden dürfen, zumindest was Neuwagen betrifft. Die CDU/CSU hat sich gegen diese Regelung ausgesprochen und es scheint nicht ausgeschlossen, dass die Gesetzgebung über die Hintertür durch E-Fuels hinweg weiter aufgeweicht wird. Was jedoch nicht von der Politik vorgeschrieben wird, könnte die Entwicklung auf dem Markt entscheiden. Denn während die Elektrifizierung des Verkehrs in Deutschland und Europa noch auf sich warten lässt, sind Konkurrenten wie BYD oder andere chinesische Hersteller bereit, sich auf dem Markt zu etablieren.
Quelle: Inside EVs – Inside BYD’s ‘Bold’ Plans For Europe // Forbes – German Election Unlikely To Provide Required Auto Industry Shakeup