Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) rechnet wegen der verschärften Klima-Ziele mit einem bis zu 15 Prozent höheren Stromverbrauch bis 2030. Nach dem vom Ministerium beauftragten Institut Prognos werden zu diesem Zeitpunkt zwischen 645 und 665 Terawattstunden benötigt. Die vorherige Studie von Anfang 2020 war noch von rund 590 Terawattstunden ausgegangen, die offizielle Regierungsprognose von lediglich 580.
Den neuen Berechnungen liegen unter anderem 14 Millionen Elektroautos, sechs Millionen Wärmepumpen und 30 Terawattstunden Strom für “grünen” Wasserstoff zugrunde, meldet “zeit.de”. Verbände hingegen erwarten noch weit höhere Werte. So veranschlagt etwa der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) für 2030 rund 700 Terawattstunden.
Der Bundeswirtschaftsminister hatte vor einigen Wochen einräumen müssen, die bisherigen Annahmen seien zu niedrig. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz warf Altmaier deswegen eine “Stromlüge” vor. Das wies dieser zurück. Eine Prognose im SPD-geführten Umweltministeriums sei seinerzeit zu einem niedrigeren Verbrauch gekommen als eine Studie im Wirtschaftsministeriums. Dagegen sagte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth: “Dass die bisherigen Annahmen des Wirtschaftsministeriums nicht mehr zu halten sind, sagen wir seit einem Jahr. Diese Erkenntnis setzt sich nun endlich durch – früher wäre besser gewesen.”
Weil Deutschland bis Ende 2022 aus der Atomkraft aussteigt und bis spätestens 2038 aus der Kohle, soll der Strom größtenteils aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Die Ausbauziele für Windkraft und Solarenergie müssten erhöht werden, sagte Altmaier – genaue Zahlen nannte er allerdings nicht. Mehr Stromverbrauch bedeutet aus Sicht Altmaiers aber auch mehr Leitungen. Schon jetzt müssen tausende neue Kilometer gebaut werden, um den vor allem im Norden produzierten Windstrom in den Süden zu transportieren. Altmaier hält bis 2030 neben den bereits geplanten drei neuen Stromtrassen “ein, wenn nicht zwei” zusätzliche für nötig. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten daher deutlich verkürzt werden, forderte er. Ziel seien acht Jahre von der Planung bis zur Realisierung.
Als weiteres Hemmnis sieht die Energiebranche, dass es zu wenig ausgewiesene Flächen gibt. Altmaier will nun mit jedem Bundesland konkrete Ziele abstimmen. Nordrhein-Westfalen indes hat eben erst eine 1000-Meter-Abstandsregel von Windrädern zu Wohnsiedlungen beschlossen worden – unter maßgeblicher Mitwirkung von Unionskanzlerkandidat und NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU). Spätestens ein erstes 100-Tage-Programm einer neuen Bundesregierung müsse den Erneuerbaren-Turbo einschalten, forderte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie. Der BDEW hält bis 2030 pro Jahr rund 1500 neue Windräder an Land für nötig.
Quelle: dpa / zeit.de – Altmaier: Stromverbrauch wird sich deutlich erhöhen