Die Europäische Union steht kurz davor, neue Regeln für die CO₂-Emissionen von Firmenflotten vorzulegen. Nach Informationen aus Brüssel soll der Vorschlag noch vor Weihnachten, vermutlich am 16. Dezember, veröffentlicht werden. Im Mittelpunkt steht offenbar die Einführung einer verpflichtenden Elektroauto-Quote, die tief in den europäischen Automarkt eingreifen könnte.
Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte, dass an einem Entwurf gearbeitet werde, wollte jedoch keine Einzelheiten nennen. „Weitere Informationen folgen in Kürze“, hieß es lediglich aus Brüssel gegenüber der Automobilwoche. Hinter den Kulissen verdichten sich Hinweise, dass die Kommission ab 2027 eine Quote von mindestens 50 Prozent Elektroautos für Unternehmensflotten vorschreiben will. Drei Jahre später, also 2030, könnte dieser Anteil bereits auf 90 Prozent steigen.
Unter den Begriff „Flotte“ fällt nach Angaben aus Brüssel nicht nur der klassische Firmenfuhrpark. Auch taktische Zulassungen von Herstellern und Autos von Vermietern sollen in die Berechnung einfließen. Damit würde die Regelung weite Teile des Marktes betreffen, da in Europa und Deutschland rund zwei Drittel aller Neuzulassungen auf juristische Personen bzw. Unternehmen entfallen. Private Kunden spielen in der Statistik eine deutlich kleinere Rolle.
Sixt sieht Verbrennerverbot durch die Hintertür
Kritiker befürchten, dass die geplante Quote faktisch einem vorgezogenen Ende des Verbrennungsmotors gleichkäme. „Wenn die genannten Zahlen stimmen, bedeutet dies de facto ein vorgezogenes Verbrennerverbot“, sagte Sixt-Vorstand Nico Gabriel der Automobilwoche. Für die Autovermieter wäre die Umstellung besonders einschneidend, weil sie ihre Flotten regelmäßig erneuern und auf hohe Wiederverkaufswerte angewiesen sind.
Der aktuelle EU-Plan wäre eine Ergänzung zu dem bereits beschlossenen Aus für Neuwagen mit klassischen Verbrennungsmotoren ab 2035. Einige Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, hatten sich in den vergangenen Monaten dafür eingesetzt, dieses Ziel zu flexibilisieren. Sie argumentierten, dass alternative Kraftstoffe oder neue Technologien ebenfalls zur CO₂-Reduktion beitragen könnten. Mit der Flottenquote könnte die Kommission nun versuchen, beide Seiten zufriedenzustellen: das grundsätzliche Klimaziel beibehalten, aber die Umsetzung anders gestalten.
In Brüssel wird offenbar darüber nachgedacht, die Elektro-Quote mit weiteren industriepolitischen Maßnahmen zu verknüpfen. Dazu zählt die Idee, bei öffentlichen Aufträgen künftig europäische Hersteller zu bevorzugen. Beobachter sehen darin den Versuch, heimische Unternehmen in einer schwierigen Phase zu unterstützen. Viele Autohersteller und Zulieferer kämpfen derzeit mit sinkender Nachfrage, steigenden Kosten und einem intensiven Wettbewerb aus China. Besonders bei Elektroautos drängen chinesische Marken zunehmend auf den europäischen Markt – oft mit günstigeren Modellen.
Die EU möchte diese Entwicklung bremsen, ohne gegen Handelsregeln zu verstoßen. Eine Verknüpfung der E-Quote mit Beschaffungsrichtlinien könnte dafür sorgen, dass europäische Anbieter zumindest bei Flottenkunden Vorteile erhalten. Wie konkret diese Pläne aussehen, ist bislang unklar. Auch die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Interessen, was die Ausgestaltung erschwert.
Industrie und Handel kritisieren zu kurze Anhörungszeit
In der Branche herrscht derweil große Unsicherheit. Viele Unternehmen beklagen mangelnde Transparenz und eine zu kurze Konsultationsphase. Die Anhörung zu den neuen Regelungen lief lediglich von Ende Juli bis Anfang September – mitten in der Ferienzeit. Vertreter aus Industrie und Handel kritisieren, dass ihre Rückmeldungen kaum berücksichtigt werden könnten.
Hinter vorgehaltener Hand ist von einer bewussten Zurückhaltung der Kommission die Rede. „Brüssel spielt das Thema unter dem Radar“, sagte ein Branchenkenner. Für viele Marktteilnehmer steht viel auf dem Spiel. Sollten die Quoten in der angedachten Form umgesetzt werden, wären Vermieter und Leasinggesellschaften besonders betroffen. Sie müssten ihre Geschäftsmodelle anpassen und die höheren Kosten an die Kunden weitergeben.
Sixt-Vorstand Gabriel brachte es auf den Punkt: „Wir müssten die Preise massiv anheben, weil die Kosten durch die Decke gehen. Elektroautos sind teurer, haben schlechtere Restwerte und sind aufwendiger im Unterhalt. Das müssten wir an die Kunden weitergeben.“ Ob die EU diese wirtschaftlichen Folgen in ihre Kalkulation einbezieht, bleibt offen – klar ist nur, dass der Dezember-Entwurf entscheidend sein wird für die künftige Richtung der europäischen Flottenpolitik.
Quelle: Automobilwoche – Neue CO2-Regeln für Flotten: Unternehmen fürchten Verbrenner-Verbot durch die Hintertür







Kommentare (Wird geladen...)