Ein Kommentar von Daniel Krenzer
Hubert Aiwanger ist nun alternativ unterwegs. Der Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Bayerns von den Freien Wählern hat einen BMW iX5 Hydrogen als Dienstwagen erhalten. Der MĂĽnchner Autobauer hat 100 dieser Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb gebaut. „Ich bin ĂĽberzeugt, dass Wasserstoffautos einen groĂźen Markt finden, wenn sie angeboten werden!“, frohlockt Aiwanger auf seinen sozialen Kanälen. Auf dem Weg zum Bundesparteitag in Fulda fällt ihm dann aber beim Tanken in WĂĽrzburg offenbar eine erste Schwäche auf: „In 3 Minuten in WĂĽrzburg getankt fĂĽr die nächsten 500 km. 1,3 kg/100 km. Preis 13.85/kg. Muss noch etwas gĂĽnstiger werden, ansonsten perfekt“, schreibt er und lässt sich als Vorreiter von seinen Anhängern feiern – zumindest von denen, die bereits den Weg ins Neuland Internet gefunden haben.
Nun könnte man ja den Minister dafĂĽr loben, dass er sich vom Diesel losgesagt hat. Das Problem daran ist, dass Brennstoffzellenfahrzeuge in Sachen Treibhausgasemissionen sogar klimaschädlicher sind als Verbrennerfahrzeuge, wenn sie – aufgrund der Ineffizienz bei der Umwandlung von Wasserstoff in elektrische Energie – nicht mit einem sehr hohen Anteil an grĂĽnem Wasserstoff betrieben werden. Der steht aber bislang ĂĽberhaupt nicht in der Menge zur VerfĂĽgung, wie er bei einem von Aiwanger erhofften Hochlauf der H2-Mobilität vonnöten wäre.
H2 ist sinnvoll, aber nicht fĂĽr Pkw
In Deutschland kann grĂĽner Wasserstoff fĂĽr die von Aiwanger geforderten gĂĽnstigeren Preise derzeit nicht produziert werden. Das sieht freilich anders aus in Ländern mit viel Sonneneinstrahlung. In Afrika und SĂĽdamerika produzierter Wasserstoff könnte irgendwann ĂĽber Teile des Erdgasnetzes in größerer Menge nach Europa transportiert werden. Dank Meerwasserentsalzung könnte vielleicht sogar der gigantische Wasserbedarf gedeckt werden. In Deutschland gibt es bereits ebenfalls Planungen, Leitungssysteme fĂĽr Wasserstoff zu nutzen. Das kann alles sinnvoll sein, jedoch bei keiner Betrachtungsweise fĂĽr den Pkw-Verkehr, sondern fĂĽr Schwerlastmobilität, bei der Akkus und Oberleitungen nicht infrage kommen – wie bei Schiffen. Selbst fĂĽr Lkw sind manche Hersteller bereits heute der Meinung, dass es sich nicht mehr lohnt, diesen Technologiezweig weiterzuverfolgen – siehe jĂĽngst MAN.
Einige Dinge, die als Vorteile fĂĽr Brennstoffzellen-Pkw ins Feld gefĂĽhrt werden, sind schlichtweg nicht zu halten. Aiwangers Rechnung vom Tanken in WĂĽrzburg geht schon einmal nicht auf. Der Tank des iX5 Hydrogen fasst sechs Kilo Wasserstoff, bei einem Verbrauch von 1,3 Kilo – wie von Aiwanger angegeben – sind also nur etwa 450 Kilometer drin, wenn man den Tank bis fast zum letzten H2-MolekĂĽl leerfährt. Aber wer macht das schon bei nicht einmal 100 Tankstellen in Deutschland? Da wird eher getankt, wann immer das möglich ist.
Tankstellen sind kein Schnäppchen
Klar, wenn es mehr Tankstellen gäbe, wäre das weniger ein Problem. Doch für die finden sich kaum Investoren, schließlich kosten sie siebenstellige Beträge und sind durch den enormen Kühlbedarf auch im Unterhalt kein Schnäppchen. Hinzu kommt: Wer an eine seit Stunden unbenutzte Wasserstofftankstelle kommt, der tankt lockerlässig in drei bis fünf Minuten nach. Wenn aber kurz zuvor andere Pkw oder gar Lkw getankt haben, dann dauert es bis zu einer Viertelstunde, ehe der Druck zum Tanken wieder hoch genug ist. Wie viele extrem teure Tankstellen bräuchte es wohl, um mehrere Millionen Pkw regelmäßig ohne Wartezeiten zu versorgen?
Bleibt noch Aiwangers Feststellung, dass Brennstoffzellenfahrzeuge durchaus beliebt wären, würden sie denn angeboten. Zunächst einmal: Das werden sie, doch Toyota und Hyundai haben in den vergangenen Jahren nur sehr überschaubare Stückzahlen von Mirai und Nexo in Deutschland absetzen können. Mercedes hat in dem Bereich auch schon getüftelt, es dann aber weitestgehend aufgegeben.
Nun baut BMW stolze 100 Fahrzeuge, offenbar um dem politischen Druck Genüge zu tun. Ernsthaft in Erwägung werden Brennstoffzellen-Autos nur von einigen wenigen, vor allem japanischen Herstellern gezogen, dann aber auch weniger für Europa als für die Heimat, in der ein flächendeckendes Wasserstoffnetz eher umsetzbar wäre.
Falsche Hoffnungen fĂĽr Verbrennerfreunde
Bei aller Begeisterung von Hubert Aiwanger muss also leider konstatiert werden, dass er fĂĽr eine Technologie Werbung macht, die aller Voraussicht nach eine Nischenerscheinung fĂĽr Besserverdienende in Deutschland bleiben wird – zumindest im Pkw-Bereich. Aiwanger mehrt so allerdings den Glauben, dass Verbrennerfreunde nicht irgendwann auf E-Autos umsteigen mĂĽssen – wobei ein Brennstoffzellenfahrzeug, sehr zum Schrecken einiger Diesel-Dieter, ein E-Auto ist.
Und Aiwanger verbrennt, nein verstromt Steuergeld in einem Fahrzeug, das in Sachen Klimaschutz wohl keine zielführende Zukunft haben dürfte. Da war er zuvor als Befürworter von BioCNG auf einem deutlich sinnvollerem Weg, denn da ist die Klimabilanz mit dem eines mit Ökostrom geladenen E-Autos nahezu gleichzusetzen. Doch das Bio-Methan werden wir bei allen Vorteilen wohl perspektivisch (leider) eher fürs Heizen brauchen als für die Mobilität. Immerhin ist Aiwanger (noch) nicht mit E-Fuels unterwegs, energetisch geht es nämlich durchaus noch schlimmer.