Aus dem aktuellen von McKinsey erstellten Elektroauto-Index sticht Japan ganz deutlich als Aufsteiger hervor, während sich in Deutschland in Sachen Elektromobilität nur wenig tut.
Auf der diesjährigen IAA in Frankfurt konnte man erstmals “Grüne Autos”, also Fahrzeuge mit alternativem Antrieb, in einem separaten Ausstellungsbereich begutachten. Neben den ausländischen Autobauern zeigten die deutschen Hersteller stolz ihre Konzepte und Prototypen der kommenden Elektro- und Hybridauto-Generation, die sich jedoch noch in der Entwicklungs- und Testphase befinden.
Um nur ein Beispiel zu nennen: BMW präsentierte auf der IAA seine zukünftigen i-Modelle BMW i3 und i8 , von denen allerdings der BMW i3 erst Ende 2013 und der BMW i8 nicht vor 2014 auf den Markt kommen werden. Auf ein Elektroauto von VW, das innerhalb der kommenden zwei Jahren erhältlich sein wird, hofft man vergebens, da noch getüftelt wird und man sich noch Zeit lässt, um eine wirklich ausgereifte Technik vorzustellen. Allein die Daimler-Tochter smart und Opel haben die Zeichen der Zeit frühzeitig erkannt. Der Opel Ampera ist ab Ende November verfügbar, der smart fortwo electric drive wird es ab Frühjahr 2012 sein.
Elektromobilität: Frankreich, USA und Japan auf Augenhöhe
Im Gegensatz dazu hat unser Nachbar Frankreich bereits seit einem Jahr das Elektroauto Peugeot iOn auf dem Markt. Renault wartet zudem gleich mit vier “Zero Emission”-Modellen auf, von denen der Kangoo Z.E. jetzt schon erhältlich ist und der Fluence Z.E. Anfang 2012 folgen wird. Schließlich nicht zu vergessen: mia electric, ein flexibler Microbus für die Stadt, dessen Produktion Mitte dieses Jahres bereits angelaufen ist.
Auf der anderen Seite der Weltkugel, genauer gesagt in den USA und in Japan, läuft die Elektroauto-Maschinerie auf Hochtouren. In den USA gibt es bereits neben der Luxus-Limousine Fisker Karma oder dem alltäglicheren Chevrolet Volt einige andere Hybrid- und Elektroautos, die in den Startlöchern stehen. In Japan hat die Elektrifizierung des Autos schon vor Jahren begonnen und sie nimmt mit großen Schritten ihren Lauf. Der Toyota Prius und die in ihm steckende Hybrid-Technologie breitet sich überall auf der Welt aus. Über drei Millionen Mal hat Toyota seinen Hybridantrieb schon verkauft. Mit dem Nissan Leaf und dem Mitsubishi i-MiEV werden bereits zwei japanische Elektroauto-Modelle zu Zehntausenden weltweit abgesetzt.
Der Elektroauto-Index (Evi) im Oktober 2011
Dieser oben dargestellte Status Quo in puncto Elektromobilität geht auch aus dem aktuellen Elektroauto-Index (Electric Vehicle Index, kurz: Evi) hervor. Diesen erstellt das namhafte Beratungsunternehmen McKinsey quartalsweise für die WirtschaftsWoche – zuletzt geschah dies im Juli 2011. Der Elektroauto-Index gibt an, zu wie viel Prozent eine Nation die Elektromobilität zum jeweiligen Erstellungsdatum erreicht hat, und welchen Verlauf die Experten bis zum Jahr 2020 prognostizieren. Gemessen werden bei dem weltweit einzigartigen Ranking die Nachfrage und das Angebot von Elektroautos.
In der aktuellen Erhebung von McKinsey zieht Japan vom dritten Platz vorbei an Frankreich an die Spitze und liegt in der Gesamtwertung nahezu gleichauf mit den USA. Japan nimmt sogar dank einer üppigen Produktpalette von Toyota, Nissan und Mitsubishi in der Kategorie Angebot die Führungsrolle ein. Frankreich kommt im Gesamtranking noch auf einen ordentlichen dritten Platz, was aufgrund seiner mehr und mehr den Markt erobernden Elektroauto-Modelle leicht nachvollziehbar ist. Deutschland und China liegen weit abgeschlagen auf den Rängen 4 und 5. Beachtenswert ist, dass Japan der rasante Aufstieg gelang, obwohl der Absatz von Elektroautos unter der Erdbeben-Katastrophe vom März spürbar litt.
Diese positive Entwicklung der Elektromobilität in Japan scheint weiter anzuhalten. Denn der Anteil, den Elektroautos an der gesamten japanischen Autoproduktion in den kommenden fünf Jahren haben werden, wird nun ebenfalls höher eingeschätzt: Die Marktanalysten korrigierten die Zahl von 3,6 Prozent im Juli auf jetzt 8,6 Prozent. “Dafür spricht die Begeisterung der japanischen Kunden für Elektroautos, die frühe Einführung von E-Modellen und nicht zuletzt die Strategie des Hybridpioniers Toyota”, sagt Christian Malorny, McKinsey-Direktor und Autor der Evi-Studie.
Für Deutschland gehen die Analysten hingegen davon aus, dass Elektroautos bis zum Jahre 2016 nur bescheidene 0,9 Prozent der Gesamtproduktion ausmachen werden. Im Vergleich mit anderen Nationen findet sich Deutschland so nur auf dem achten Platz ein.
Diese Prognosen lassen den Glauben an die Vision der deutschen Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die deutschen Straßen zu bringen, erheblich schrumpfen. Dafür, dass mit im Gesamtvergleich nur geringen Subventionen eine positive Entwicklung bei der Elektromobilität erreicht werden kann, ist Japan das beste Beispiel. Es bleibt zu hoffen, dass die deutschen Autobauer auf lange Sicht nicht den Anschluss verlieren und schon bald mit wettbewerbsfähigen Elektro- bzw. Hybridautos punkten können. (JE)