JLR baut mobilen Stationärspeicher aus alten Plug-in-Batterien

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Jaguar Land Rover

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Der britische Autohersteller Jaguar Land Rover (JLR) hat sich mit dem Start-up Allye Energy zusammengetan, um ein mobiles Batteriespeichersystem (Battery Energy Storage System, kurz BESS) zu entwickeln, das emissionsfreien Strom für unterwegs liefert und aus gebrauchten Batterien der Plug-in-Hybride (PHEV) Range Rover und Range Rover Sport besteht, so der Hersteller in einer aktuellen Mitteilung.

Ein einziger des Allye MAX BESS genannten Speichers, der wie das Titelbild zeigt auf einen Autohänger passt, fasst sieben gebrauchte PHEV-Batteriepacks, die aus den Elektrofahrzeugen entnommen und in speziell angefertigte Gestelle eingesetzt werden, ohne unnötige Zusatzarbeiten. Jedes BESS könne bei voller Kapazität 270 kWh Energie speichern, was genug wäre, um einen durchschnittlichen Haushalt fast einen Monat lang mit Strom zu versorgen.

Das Second-Life-System könne bis zu neun Range Rover PHEV gleichzeitig aufladen. Es sei so konzipiert, dass es einfach an ein CCS-fähiges Ladegerät angeschlossen werden kann, das den gleichen Eingang wie das bestehende Plug-in- und Elektroauto-Produktportfolio von JLR nutzt. Darüber hinaus ermögliche die Multi-Input-Konnektivität über Powerlock-Verbindungen den Anschluss an erneuerbare Energien an netzunabhängigen Standorten.

Das MAX BESS kann Dieselgeneratoren ersetzen, auf die sich die Automobilindustrie bisher verlassen hat, um netzunabhängige Fahrzeugeinführungen, Veranstaltungen und Fahrzeugtests in abgelegenen Gebieten durchzuführen. Die Ingenieure von JLR sind die ersten, die das neue BESS nutzen und während der Tests des neuen Range Rover Electric, der noch in diesem Jahr auf den Markt kommen soll, emissionsfreien Strom liefern.

Ein durchschnittlicher Dieselgenerator verbraucht in der Regel 16 Liter Kraftstoff pro Stunde, was bei einer dreistündigen Nutzung gut 130 kg CO2 pro Tag entspreche, so die Briten. Das Entwicklungsteam von JLR werde das BESS für mehr als 1000 Teststunden einsetzen und könne dabei im Laufe eines Jahres mehr als 15 Tonnen CO2 einsparen.

Eine Energie-Option für JLR-Händler

Das BESS wiegt weniger als 3,5 Tonnen und kann sowohl mobil als auch stationär als Energiespeicher für Einzelhändler oder JLR-Standorte eingesetzt werden. Dies könnte dem JLR-Netz von mehr als 3000 Einzelhändlern dabei helfen, erneuerbare Energien wie Solarenergie besser zu nutzen und als Energiepuffer dienen, um Schnellladungen dort zu unterstützen, wo der lokale Netzanschluss eingeschränkt ist. Die Einheit soll auch für den Einsatz außerhalb von JLR kommerziell verfügbar sein.

Im Rahmen seiner Reimagine-Strategie investiert JLR 15 Milliarden Pfund (etwa 17,6 Milliarden Euro) in die Elektrifizierung durch den Aufbau eines umfassenden Elektroauto-Ökosystems. Dazu gehört auch die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von E-Auto-Batterien, eines der neuen zirkulären Geschäftsmodelle, die JLR im Bereich der Energiespeicherung und darüber hinaus erforscht.

Ein Beispiel dafür, wie das BESS bei der Entwicklung des Range Rover Electric praktisch eingesetzt wird, sind die langen Dauertests des Ingenieurteams an abgelegenen Offroad-Standorten, an denen nur schwache Stromanschlüsse zur Verfügung stehen, die nur eine langsame Aufladung ermöglichen würden. Die Ingenieure können das BESS während der Tests an einer Niederspannungsversorgung aufladen und dann die Energie über eine Schnellladung aus dem BESS in den Range Rover Electric spreisen. Der Ladevorgang ist deutlich schneller als das direkte Laden des Fahrzeugs aus der Versorgung vor Ort. Auf diese Weise können die Tests in einem viel kürzeren Zeitrahmen abgeschlossen werden.

„Wir schaffen einen neuen Wert aus einem gebrauchten Rohstoff“

Prognosen zufolge wird die Wertschöpfungskette für Batterien zwischen 2022 und 2030 jährlich um 30 Prozent wachsen und einen Wert von mehr als 400 Milliarden Dollar erreichen. Die Versorgung mit Second-Life-Batterien für stationäre Anwendungen wird bis 2030 voraussichtlich 200 Gigawattstunden pro Jahr übersteigen und einen weltweiten Wert von über 30 Milliarden US-Dollar (etwa 28 Milliarden Euro) erreichen.

Bei unserer Reimagine-Strategie geht es darum, unsere Denkweise zu ändern und zirkuläre, statt lineare Geschäftsmodelle zu berücksichtigen. Diese Batterie-Innovation und die Partnerschaft mit Allye zeigt, welchen Wert wir durch die Wiederverwendung und Wiederverwertung von Batterien schaffen können“, erläutert François Dossa, Executive Director, Strategy and Sustainability bei JLR. „Wir schaffen einen neuen Wert aus einem gebrauchten Rohstoff, der sonst direkt recycelt würde und sorgen dafür, dass die Batterien länger genutzt werden können. Gleichzeitig bieten wir innovative Lösungen zur Speicherung erneuerbarer Energie“.

Die Initiative baut auf der bereits angekündigten Zusammenarbeit mit Wykes Engineering auf, wo gebrauchte Jaguar I-Pace-Batterien in einem der größten Energiespeichersysteme Großbritanniens eingesetzt werden, um das Netz in einem Park für erneuerbare Energien in Chelveston, Northamptonshire, auszugleichen. Das von Allye gebaute BESS markiert das erste Mal, dass JLR vollständige Range Rover PHEV-Batterien für den Einsatz in Energiespeichersystemen wiederverwendet hat, ein Vorläufer der Range Rover Elektroauto-Batterien, die die gleiche Modulstruktur haben.

Quelle: Jaguar Land Rover – Pressemitteilung vom 16.04.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Herwig:

Seltsames Nischenprodukt!
Pro Stück werden sieben Batterien verbaut – wieviele Altbatterien fallen pro Jahr an? Werden wohl irgendwann einmal hunderte oder tausende sein!
Und wieviele Bess glaubt man pro Jahr absetzen zu können???
Und dann muss der schwere Hänger vielleicht jedesmal zum Laden Dutzende Kilometer zu einer geeigneten Ladestation geschleppt werden…

Alleine die Idee, komplette Batteriesätze einzubauen, passt doch nicht zur Realität:
Wenn die Batterie noch ok ist, sollte sie doch (im Austausch) wieder in ein Auto eingebaut werden.
Wenn sie defekt ist, wird sie auch nicht in das BESS eingebaut werden können!

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