ZDK: Eigenzulassungen der Hersteller verschleiern fragilen E-Auto-Markt

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Michael Neißendorfer
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Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) sieht im deutlich gestiegenen Anteil von Eigenzulassungen der Autohersteller einen klaren Hinweis auf eine weiterhin verhaltene Nachfrage bei Elektroautos: „Fast jedes vierte neu zugelassene Auto im Oktober war eine Eigenzulassung – das ist ein deutliches Warnsignal“, erklärt ZDK-Präsident Thomas Peckruhn. „Denn so wird sichtbar, dass der Markt sein Wachstum derzeit nicht aus echter Kundennachfrage schöpft, sondern vor allem durch künstliche Impulse der Hersteller und Händler getragen wird. Wenn ein Viertel der Neuzulassungen faktisch ‚auf eigene Rechnung‘ erfolgt, zeigt das, wie verhalten die Privatkunden und Gewerbekunden tatsächlich unterwegs sind – insbesondere bei Elektroautos.“

Eigenzulassungen durch Hersteller und Handel sind ein bewährtes Mittel, um Modell- und Quartalsziele zu erreichen oder insbesondere auch die strengen CO2-Flottenvorgaben einzuhalten. Hier wird die Fehlsteuerung der europäischen Flottenregulierung offensichtlich: sie adressiert nur die Angebotsseite, nicht aber die Nachfrageseite.

Die aktuelle Dynamik bei den Kurzzeitzulassungen fällt dem ZDK zufolge ungewöhnlich stark aus. Die Zulassungsstruktur des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) zeige, dass die E-Auto-Wachstumsraten stark überzeichnet seien. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres sind die E-Auto-Eigenzulassungen durch Hersteller und Handel im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2024 demnach um 51 Prozent gestiegen – auf 102.520 Fahrzeuge.

Allein die Eigenzulassungen der Hersteller haben sich im Vergleich zum Zehnmonatszeitraum im Jahr 2023 um das 2,5-fache auf 54.872 Fahrzeuge erhöht. In der gleichen Zeitspanne ging die Zahl privater Elektroauto-Neuzulassungen um 7 Prozent, und die der um die Eigenzulassungen bereinigten gewerblichen Zulassungen um 6,4 Prozent zurück.

ZDK / KBA

„Ob Gesamtmarkt oder E-Fahrzeuge – die Zahlen zeigen sehr klar, dass die Hersteller den Absatz derzeit in erheblichem Maße selbst tragen. Die private und gewerbliche Nachfrage bleibt weiterhin sehr verhalten und entwickelt sich längst nicht so dynamisch, wie es für einen stabilen Markt nötig wäre“, betont Peckruhn. Ein Blick auf 2023 – als der staatliche Umweltbonus die Elektroauto-Verkäufe noch maßgeblich bezuschusste – verstärkt wie beschrieben diesen Eindruck.

Kurzzeitzulassungen drücken Restwerte und verunsichern Käufer

Hinzu kommt ein unerwünschter Nebeneffekt: Die hohen Eigenzulassungen im E-Auto-Segment belasten die Restwerte gebrauchter Elektroautos spürbar. Große Zahlen kurz zugelassener Fahrzeuge gelangen nach wenigen Monaten zu deutlich geringeren Preisen wieder in den Markt – und drücken das gesamte Preisniveau im Gebrauchtwagensegment. Bei privaten wie gewerblichen Kunden löst dies weitere Verunsicherung aus und erschwert zusätzlich eine stabile Marktentwicklung.

Überlegungen der Bundesregierung, eine neue Kaufprämie einzuführen, um den Hochlauf der E-Mobilität auf ein breiteres Fundament zu heben, verlieren sich in bürokratischen Einzelfragen und der Überforderung mit sozialpolitischen Zielsetzungen. „Eine Förderung, die sich ausschließlich auf Haushalte mit kleineren und mittleren Einkommen konzentriert, würde keinen nennenswerten Nachfrageimpuls auslösen. Diese Zielgruppe braucht bezahlbare Gebrauchtwagen und hat obendrein nur sehr begrenzte Möglichkeiten, privat preiswert zu laden“, findet Peckruhn.

„Das Angebot an bezahlbaren kleinen und mittelgroßen Elektroautos wird stetig größer, auch im nächsten Jahr kommen weitere Modelle hinzu. Hauptursache der schleppenden Nachfrage nach E-Autos ist nicht der hohe Anschaffungspreis, sondern die nach wie vor zu hohen Ladekosten sowie die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur in Wohngebieten“, so der ZDK-Präsident.

Für Menschen, die zur Miete wohnen, wird das Laden im Alltag zu einem echten Abenteuer. Das sind über 60 Prozent der Haushalte. Hinzuzurechnen sind noch die Haushalte von Eigentumswohnungen, ohne eigenen Stellplatz. Mit ihren Fördervorschlägen kommt die Bundesregierung aus Sicht des ZDK zwei Jahre zu spät, da sich die Preise zwischen Verbrenner und Elektroautos mittlerweile angeglichen haben.

„Trotz Masterplan Ladeinfrastruktur verkennt die Bundesregierung das tatsächliche Problem zu hoher Ladestrompreise und mangelhafter Verfügbarkeit von Ladepunkten in Wohngebieten. Eine Senkung der Durchleitungskosten und Netzentgelte der Stromanbieter wäre ein wichtiger Impuls. Hier müssen die Stromerzeuger in die Pflicht genommen werden, für günstige Ladetarife und eine breite Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur in Wohnquartieren zu sorgen“, fordert Peckruhn.

Quelle: ZDK – Pressemitteilung vom 24.11.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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