Verkehrsminister Volker Wissing, der bisher als Unterstützer des Verbrennungsmotors bekannt war, überraschte vergangene Woche mit seinen Aussagen zum E-Auto. Bei einer Konferenz in Berlin organisiert vom Tagesspiegel im Rahmen des Newsletters „Background Verkehr & Smart Mobility“, erklärte Wissing, wie praktisch es sei, nicht mehr zur Tankstelle fahren zu müssen. Er lade sein Elektroauto immer zu Hause auf und benötige daher im Umkreis von 100 bis 200 Kilometern keine öffentlichen Ladestationen. „Mein Auto ist jeden Morgen startklar“, betonte er.
Ãœberraschende Worte von einem Politiker, der in der Vergangenheit vor allem durch sein Festhalten am Verbrenner in Erinnerung blieb. Hinter den Kulissen wechselte Wissing bereits vor gut einem Jahr von einem Hybrid zum reinen Stromer. Dabei hatte er sich zunächst Sorgen um die Lademöglichkeiten gemacht, die sich im Nachhinein als unbegründet erwiesen. „Diese Sorge hätte ich mir sparen können“, gab er zu. Damit spricht er offen eines der Themen an, die viele potenzielle Umsteiger vom Verbrenner zum E-Auto beschäftigen: Angst, Ladeinfrastruktur zur finden.
Um dem entgegenzuwirken, stellte Wissing eine Kampagne für ein Deutschlandnetz vor. Dieses Netz soll bis 2026 1000 neue Standorte und 9000 zusätzliche Schnellladepunkte umfassen. Ziel ist es, dass jeder in Deutschland innerhalb weniger Minuten einen Schnellladepunkt erreichen kann, um die „Reichweitenangst“ zu überwinden. Das Verkehrsministerium plant zudem, die Elektrifizierung von Flottenbetreibern mit 150 Millionen Euro zu unterstützen, wie der Spiegel berichtet. Es seien Mittel für 4000 leistungsstarke Lkw-Ladepunkte gesichert, deren Bau noch im Sommer ausgeschrieben werden soll. Ab 2028 sollen große Tankstellen verpflichtet werden, auch Schnellladestationen anzubieten. Laut Bundesnetzagentur gab es zum Jahreswechsel 123.449 öffentliche Ladepunkte mit einer Gesamtleistung von 4,35 Gigawatt, darunter 25.233 Schnellladepunkte ab 22 Kilowatt.
Wissings Fürsprache gegenüber für Elektroautos ist insofern bemerkenswert, da er sich in der Vergangenheit wiederholt gegen das geplante Verkaufsverbot für Verbrennerautos ab 2035 in der EU ausgesprochen hat. Unter seinem Einfluss stimmte die EU-Kommission einer Ausnahme für Fahrzeuge zu, die synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) nutzen. Doch die FDP fordert inzwischen mehr. Nach der Europawahl erklärte Parteichef Christian Lindner, dass die Bundesregierung eine zweite Amtszeit von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nur unterstützen werde, wenn das Verbrenner-Aus zurückgenommen wird.
Quelle: Spiegel.de – Wissing findet es „superpraktisch, dass ich nicht mehr zum Tanken fahren muss“