Verbrenner-Verbot ab 2035: Wie Hersteller und Klimaschützer reagieren

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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In der EU sollen ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr verkauft werden dürfen. Stattdessen sollen die Hersteller auf Alternativen wie rein batterieelektrische oder Wasserstoff-Antriebe umschwenken. Mit 339 gegen 249 Stimmen haben die Abgeordneten des Europaparlaments diesem viel diskutierten Gesetzentwurf der EU-Kommission zugestimmt. Nun muss sich noch der Ministerrat zu dem Gesetzentwurf festlegen, im Anschluss verhandeln diese Gesetzgebungskammer der Mitgliedstaaten und das Parlament über die finale Version des Gesetzes.

Erwartet wird, dass die weiteren Gremien dem Beschluss der Parlamentarier folgen werden, das faktische Verbrenner-Aus nicht mehr geändert und die Regelung so wie von den Abgeordneten beschlossen ab 2035 in Kraft tritt.

Konkret legt die Verordnung Höchstwerte für die CO2-Emissionen von PKW und leichten Nutzfahrzeugen fest und besagt, dass diese Fahrzeuge ab 2035 kein CO2 mehr ausstoßen dürfen. Was heißt, dass auch das Hintertürchen über synthetische Kraftstoffe, selbst wenn sie klimaneutral produziert werden, geschlossen bleibt – denn auch beim Verbrennen von E-Fuels wird das schädliche Klimagas freigesetzt, außerdem ist ihre Produktion sehr teuer und energieaufwendig.

Nach Berechnungen von Experten entsteht in der EU mehr als ein Fünftel aller Emissionen des klimaschädlichen CO2 im Straßenverkehr, durch die Verbrennung fossiler Kraftstoffe wie Benzin und Diesel. Dieser hohe Anteil soll deutlich gesenkt werden, um das Ziel eines klimaneutralen Europas im Jahr 2050 erreichen zu können.

Die Entscheidung der EU-Parlamentarier markiert nun wohl endgültig die Zeitenwende hin zur Elektromobilität und lässt nach bisherigem Stand keine Möglichkeit offen, in Europa ab 2035 noch Autos mit Verbrennungsmotor neu in den Markt zu bringen. Gut 13 Jahren hat also die Autoindustrie noch, sich auf diese grundlegende Transformation vorzubereiten, von den großen Herstellern hin zu den unzähligen Zulieferern.

„Ein ambitioniertes, aber erreichbares Ziel“

Manche Autohersteller sind begeistert, andere leicht zerknirscht über die Entscheidung. Volvo etwa, das sich schon vor längerer Zeit dazu bekannt hat, in Europa bereits ab 2030 nur noch E-Autos verkaufen zu wollen, freute sich auf Twitter über die „Großartigen Neuigkeiten“. Auch Mercedes begrüßt das Ergebnis der Abstimmung. Der Volkswagen-Konzern verweist in seiner Reaktion auf die Herausforderung, die nun die Branche umtreiben wird: Der Verbrennerausstieg 2035 sei „ein ambitioniertes, aber erreichbares Ziel“ und der Weg zur Elektromobilität nun „unumkehrbar“. Sie sei die ökologisch, technologisch und wirtschaftlich einzig sinnvolle Möglichkeit, um Verbrennungsmotoren schnellstmöglich zu ersetzen.

Bei Porsche hingegen – einem großer Verfechter von E-Fuels – dürfte es knirschen im Getriebe: Schließlich darf, wenn das Gesetz tatsächlich Realität wird, der legendäre 911er mit seinem dröhnenden Boxermotor ab 2035 nicht mehr verkauft werden. Eine Elektrifizierung der Sportwagen-Legende schloss Porsche bislang aus.

Auch bei BMW ist man nicht unbedingt begeistert. Vorstandschef Oliver Zipse, zugleich Präsident des Europäischen Herstellerverbandes ACEA sagt: „Angesichts der Volatilität und Unsicherheit, die wir Tag für Tag weltweit erleben, ist jede langfristige Regulierung, die über dieses Jahrzehnt hinausgeht, in diesem frühen Stadium verfrüht“. Stattdessen sei „eine transparente Überprüfung auf halbem Wege erforderlich, um Ziele für die Zeit nach 2030 zu definieren“, so Zipse.

„Es droht der komplette Stillstand bei der Antriebswende für den Rest des Jahrzehnts“

Umweltschützern hingegen ist die Regelung nicht entschlossen genug. „Dieses Abstimmungsergebnis im EU-Parlament ist ein herber Rückschlag für den Klimaschutz im Verkehr und torpediert alle Bemühungen, Europa schneller von fossilem Öl unabhängig zu machen“, so der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Jürgen Resch. „Mit den laxen Vorgaben der Kommission droht der komplette Stillstand bei der Antriebswende für den Rest des Jahrzehnts.“

Der Verbrenner-Ausstieg komme 2035 viel zu spät, bemängelte Resch. „Die eskalierende Klimakrise lässt uns nicht die Zeit, noch weitere 13 Jahre Millionen neue Verbrenner-Autos auf Europas Straßen zu spülen, die dann wiederum 15 Jahre oder noch länger auf klimaschädlichen Sprit angewiesen sind.“ Die Mitgliedstaaten müssten jetzt im EU-Rat auf eine deutliche Verschärfung der Vorgaben drängen und das Verbrenner-Aus auf 2030 vorziehen, fordert die DUH.

Noch früher möchte die Klimaschutzbewegung Fridays for Future neue Verbrenner verschwinden sehen: 2035 sei „zehn Jahre zu spät“, um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung – wie 2015 auf der UN-Klimakonferenz in Paris vereinbart – auf 1,5 Grad zu begrenzen, so die Aktivisten auf Twitter.

Quelle: Süddeutsche Zeitung – Wie es mit der Autoindustrie nach dem Verbot des Verbrenners weitergeht / Welt – „Eine Entscheidung gegen die Bürger, gegen den Markt“ / Handelsblatt – Das nahende Aus für E-Fuels trifft vor allem Porsche und die Zulieferer

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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