Seoul ist eine faszinierende Stadt. Rund 9,4 Millionen Menschen leben in der südkoreanischen Metropole. Vor allem in den angesagten Stadtvierteln Jongno-gu, Hanja und natürlich Gangnam-gu pulsiert das Leben. Die Straßenzüge und kleinen Gassen wimmeln von Menschen. Überall findet man Stände, an denen Händler Süßigkeiten, dampfendes Essen, Schmuck oder monströse Softeistürme feilbieten, die bei 31 Grad Abendtemperatur und einer Luftfeuchtigkeit von gefühlten 95 Prozent schneller schmelzen, als man daran lecken kann.
In den Straßen rund um die Hongik-Universität findet eine Art KSDS statt: Korea sucht den Superstar. Alle 30 Meter steht ein Straßensänger mit seiner tragbaren Lautsprecherbox und trällert, was die Stimmbänder hergeben. Mal mehr und mal weniger gut, umringt von Studenten aus aller Herren Länder. Einige Franzosen wiegen sich im Takt der Musik und jauchzen verzückt: „Oh oui, c’est bien“. (Oh ja, das ist gut).
Ein farbiges Lichtermeer macht auch die dunkelste asiatische Nacht zum Tag. Die Auslagen der Geschäfte sind quietschbunt und vor allem mit Comicfiguren bestückt. Die Farbenfreude zieht sich durch alle Bereiche des Lebens. Der Spaß am Leben ist ungetrübt und die Koreaner machen Sachen, bei denen Europäer nur mit dem Kopf schütteln. Sie ziehen sich riesige Tierköpfe über das Haupt, und in Kaufhäusern werden Typberatungen für Männer angepriesen, die oft bis auf den letzten Platz ausgebucht sind.
Wir tauchen ein in die nächtliche Welt der Metropole. Mit einem Gefährt, das der Geheimtipp der Kia-Produktpalette ist – der Kia Ray. Ein Elektro-Würfel, der 3,59 Meter lang und 1,70 Meter hoch ist und irgendwie aussieht wie der kleine Bruder des Kia Soul. Wie gemacht für die engen Gassen und Straßen Seouls. Wir kommen überall durch und um jede Ecke. Wo lange Autos die Räder strecken, wieselt der Kia Ray mit seinen 64 kW / 87 PS und einem Drehmoment von 146 Newtonmetern munter weiter.
Wir lassen uns durch die Straßen treiben. Trotz des Trubels herrscht im Ray eine angenehme Ruhe, denn statt eines hysterisch wirbelnden Dreizylinders surrt ein Elektromotor. Wie geschaffen für die urbane Mobilität. Dazu kommt noch, dass der Kia Ray in Korea als Leichtfahrzeug (Gyeongcha) klassifiziert ist. Für diese Vehikel, die weniger als 3,60 Meter lang und weniger als 1,60 Meter breit sind, zahlt man in dem asiatischen Land weniger Steuern als für reguläre Automobile.
Die Batterie hat eine Kapazität von 35,2 Kilowattstunden, was für maximal 205 Kilometer reicht. Auch das Laden, wenn denn der Ray mal Strom saugen muss, geht mit bis zu 150 Kilowatt recht schnell vonstatten. Zum Vergleich: Der ein, zwei Nummern größere Kia EV3 schafft mit den kleinen Akkus aktuell lediglich bis zu 128 kW. Das Fahrwerk hat mit den 1,3 Tonnen Lebendgewicht des Ray keine großen Probleme. Wenn man in der Stadt unterwegs ist, spielt die Querbeschleunigung eine untergeordnete Rolle. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h ist der Kia Ray auch schnell genug, um auf den achtspurigen Stadtautobahnen locker mitzuhalten.
Die sind am frühen Abend ohnehin rappelvoll, so dass wir nur im Schritttempo vorankommen. Also geht es weiter nach Gangnam, wo der millionenschwere Entertainer Psy an fast jeder Straßenecke verewigt ist. Sei es als Statue oder die Hände, die dem weltberühmten Reitergriff des Welthits Gangnam Style (강남스타일) nachempfunden sind. Wer wissen will, was in Seoul abgeht, wenn der Mann mit der schwarzen Sonnenbrille ein Heimspiel gibt, braucht nur das Video mit der Live-Version des Hits in Seoul anzuschauen. Dann bleiben keine Fragen offen.
Wir parken den Ray. So kompakt der E-Kubus auch äußerlich ist, innen ist er ein ganz Großer. Von Verzichtsmobilität keine Spur. Und das für einen Preis von 27.750.000 Won, also knapp 19.000 Euro – während Hersteller wie VW oder Skoda und selbst Citroën damit kämpfen, ein Elektroauto auf die Straße zu bringen, das die magische 20.000-Euro-Grenze unterbietet.
Das Platzangebot im Kia Ray EV ist beeindruckend
Das Platzangebot und die Praktikabilität des hochbauenden Stadtflohs sind beeindruckend: Die Schiebetüre rechts erleichtert den Eingang zum Fond. Schon mit der Normalbestuhlung sitzt man vorne und hinten ganz bequem. Klappt man jedoch die Lehne des Beifahrersitzes um, verwandelt sich der Innenraum des Rays in eine Lounge, in der man sich richtig lang machen und den neuesten Hits des K-Pops lauschen kann. Inklusive Psy natürlich: „Oppa is Gangnam style, Gangnam style“ zum Mitsingen. Das Gute ist, dass auch der Kofferraum deutlich größer als eine Schublade ist.
Das Cockpit mit den digitalen Instrumenten (4,2 Zoll) folgt nicht dem modernen Touchscreen-Fetischismus, bei dem die Tablets immer noch größer werden. Das 10,25-Zoll-Display genügt ja auch. In dieser Hinsicht ist der Ray ein klassisches Auto, was ja auch nicht schlecht ist. Wir kehren auf die Straßen Seouls zurück. Auf denen nach 23 Uhr eine beinahe gespenstische Leere herrscht.
Die Stille der Nacht wird nur durch das voluminöse Dröhnen leistungsstarker Motoren mit acht, zehn oder gar zwölf Zylindern unterbrochen. Wenn die Seoul schläft, holen die reichen Koreaner ihre Preziosen aus Maranello, Sant’Agata Bolognese oder Woking aus der Garage und führen diese aus. Aber selbst in diesem automobilen Alpha-Tier-Rudel steht der Ray seinen Mann und begrüßt die Power-Flundern mit einem augenzwinkernden Lächeln.