Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies hat eine neue Richtung in der Debatte um staatliche Unterstützung für die Elektromobilität vorgeschlagen. Anders als frühere Programme, die fast ausschließlich auf Neuwagen zielten, plädiert der SPD-Politiker für eine gezielte Förderung gebrauchter Elektroautos. In einem Interview mit der Deutsche Presse-Agentur machte Lies deutlich, dass vor allem junge Gebrauchte eine Schlüsselrolle spielen könnten, um Elektromobilität breiter in der Gesellschaft zu verankern.
Im Mittelpunkt seiner Überlegungen stehen zwei bis drei Jahre alte Leasing-Rückläufer mit vergleichsweise geringer Laufleistung. Diese Autos seien technisch oft auf aktuellem Stand, hätten jedoch bereits einen deutlichen Preisabschlag erfahren. Eine staatliche Prämie für dieses Marktsegment könne nach Einschätzung des Ministerpräsidenten mehrere Effekte zugleich auslösen. Zum einen würden Elektroautos für deutlich mehr Haushalte erschwinglich, insbesondere für Käufer:innen mit begrenztem Budget. Zum anderen könnten steigende Restwerte gebrauchter E-Autos auch das Leasing neuer Modelle günstiger machen, da die Kalkulationen für Rückläufer stabiler würden.
Industriepolitische Effekte durch stärkere Ausrichtung auf Europa
Ein weiterer Aspekt betrifft die industrielle Dimension. Lies verweist darauf, dass Zuschüsse für Neuwagen ohne klare Vorgaben zum Produktionsstandort indirekt auch Hersteller außerhalb Europas stärkten. Das Beispiel Frankreich zeige, dass Förderprogramme für neue Elektroautos den Import aus China begünstigen können, wenn keine Einschränkungen greifen. Beim Gebrauchtmarkt sei die Ausgangslage eine andere. Dort dominierten derzeit Autos europäischer Marken, sodass eine Förderung vor allem heimischen und europäischen Herstellern zugutekäme.
Diese Überlegungen fallen in eine Phase, in der auch auf Bundesebene neue Förderinstrumente vorbereitet werden. Die Bundesregierung aus Union und SPD hatte sich im November auf ein staatliches Förderprogramm für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen verständigt. Vorgesehen ist Unterstützung sowohl beim Kauf als auch beim Leasing von reinen Elektroautos sowie von Plug-in-Hybriden. Nach Angaben aus dem Bundesumweltministerium konzentriert sich die erste Phase des Programms jedoch zunächst auf Neuwagen. Für eine zweite Stufe sollen später auch konkrete Regelungen für gebrauchte Autos erarbeitet werden.
Einordnung des Verbrenner-Aus im veränderten Umfeld
Parallel dazu äußerte sich Lies zur grundsätzlichen Ausrichtung der europäischen Verkehrspolitik. In der Debatte um das sogenannte Verbrenner-Aus betonte er, dass es sinnvoll sei, den regulatorischen Rahmen über das Jahr 2035 hinaus für weitere technologische Optionen zu öffnen. Gleichzeitig bleib die Elektromobilität aus seiner Sicht die zentrale Zieltechnologie. Frühere politische Festlegungen seien unter anderen globalen Voraussetzungen getroffen worden, als weder die Folgen des Ukraine-Kriegs noch neue US-Zölle oder zusätzliche Handelshemmnisse aus China absehbar gewesen seien.
Besonders wichtig ist dem niedersächsischen Regierungschef die öffentliche Wahrnehmung dieser Anpassungen. Aussagen, wonach es sich um ein „Aus vom Verbrenner-Aus“ handele, hält er für irreführend. Solche Formulierungen erweckten den Eindruck, Elektromobilität verliere an Bedeutung, obwohl dies seiner Einschätzung nach nicht zutreffe. Vielmehr gehe er davon aus, dass der überwiegende Teil der Neuzulassungen nach 2035 rein elektrisch sein werde. Einen Marktanteil von deutlich über 80 Prozent hält Lies langfristig für realistisch.
Quelle: Die Zeit – Ministerpräsident wirbt für Förderung gebrauchter E-Autos






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