Der chinesisch-schwedische Elektroautohersteller Polestar greift in einer angespannten finanziellen Phase auf Unterstützung aus dem eigenen Konzernumfeld zurück. Das Unternehmen hat mit seinem Mehrheitseigner Geely Holding ein Darlehen über bis zu 600 Millionen US-Dollar (ca. 511 Mio. Euro) vereinbart. Die Finanzierung erfolgt über eine schwedische Tochtergesellschaft von Geely und soll Polestar kurzfristig mehr Spielraum bei der Liquiditätssteuerung verschaffen.
Kern der Vereinbarung ist ein nachrangiges Darlehen, das für allgemeine Unternehmenszwecke genutzt werden kann. Nach Angaben eines Unternehmenssprechers wird diese Form der Finanzierung nicht auf bestehende Schuldenkennzahlen angerechnet. Damit bleibt das Darlehen außerhalb der sogenannten Debt Covenants, die bei Polestar aktuell bei rund 5,5 Milliarden US-Dollar (ca. 4,6 Mrd. Euro) liegen. Für den Hersteller ist dieser Punkt zentral, da er seit längerer Zeit unter genauer Beobachtung seiner Kreditgeber steht.
Die Kreditlinie ist in Tranchen strukturiert. Bis zu 300 Millionen US-Dollar (ca. 255 Mio. Euro) stehen Polestar zunächst zur Verfügung. Die Auszahlung der zweiten Hälfte ist an eine Zustimmung des Geldgebers geknüpft und hängt von der künftigen Liquiditätsentwicklung ab. Polestar erklärte, dass diese Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werde, wenn sich der finanzielle Bedarf klarer abzeichnen lasse. Parallel dazu arbeite das Unternehmen daran, zusätzliches Eigenkapital einzuwerben.
Hintergrund der Maßnahme ist eine anhaltend schwierige Finanzlage, mit der Polestar nicht allein steht. Wie viele junge Anbieter im Bereich der Elektromobilität hat auch das Unternehmen in den vergangenen Jahren hohe Mittel investiert, um Produktionsvolumen aufzubauen und international zu wachsen. Diese Strategie ging mit einem erheblichen Mittelabfluss einher, während sich die Nachfrage nach E-Autos zuletzt langsamer entwickelte als erwartet. Die Folge waren wiederkehrende Engpässe bei der Liquidität und ein wachsender Druck auf die Bilanz.
Bereits mehrfach musste Polestar bestehende Kreditvereinbarungen nachverhandeln, um formale Vertragsverletzungen zu vermeiden. In Abstimmung mit Banken und Gläubigern wurden einzelne Kennzahlen angepasst, damit das Unternehmen weiterhin im Rahmen der vereinbarten Bedingungen bleibt. Solche Gespräche begleiteten Polestar durch weite Teile des laufenden Jahres und verdeutlichen, wie eng der finanzielle Spielraum zeitweise war.
Für Polestar bedeutet das Darlehen vor allem Zeit. Zeit, um operative Abläufe zu stabilisieren, Kosten zu kontrollieren und den Absatz an die realen Marktbedingungen anzupassen. Gleichzeitig bleibt die Abhängigkeit von weiteren Kapitalmaßnahmen bestehen. Ob zusätzliche Eigenmittel eingeworben werden können und wie sich die Nachfrage nach E-Autos entwickelt, dürfte entscheidend dafür sein, ob die zweite Darlehenstranche tatsächlich benötigt wird.
Quelle: Polestar – Pressemitteilung / Automotive News – Polestar secures $600 million loan from majority owner Geely Holding







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