Erste Fahrt im Polestar 4 Long Range Dual motor

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Polestar

Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
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Der Polestar 4 soll dem Porsche Macan Electric, dem BMW iX und dem Tesla Model Y Konkurrenz machen. Der schwedisch-chinesische Elektro-Crossover bietet viel Platz und jede Menge Technik, ist dynamisch, erreicht aber nicht die ganz die Agilität des Porsche Macan Electric.

Bei Polestar achten sie auf Kleinigkeiten. Dass man die Anzeige im Head-up-Display von weiß auf gelb stellen kann, ist eine typisch schwedische Sache. „Auf weißem Schnee sieht man einen weißen Pfeil nicht so gut“, erklärt Technikchef Lutz Stiegler. Nicht ganz unumstritten ist eine andere Neuigkeit – der digitale Rückspiegel. Vor allem Brillenträger bemängeln, dass das Bild nicht immer scharf sei. „Man muss sich kurz an die Anzeige gewöhnen”, erklärt Polestar-Chef Thomas Ingenlath. Auch bei uns dauerte es einen kurzen Moment, bis sich die Augen an den neuen Blick nach hinten gewöhnt hatten. Danach war alles einwandfrei. Zumal die Vorteile des Systems auf der Hand liegen. Der Winkel ist größer als bei einem konventionellen Rückspiegel und die Sicht nachts beziehungsweise im Tunnel besser.

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Diese Technik ist eine Notwendigkeit. Das schwedisch-chinesische SUV hat keine Heckscheibe und soll zudem noch einen Cw-Wert von 0,26 erreichen. Ziemlich gut für ein 1,53 Meter hohes und 4,84 Meter langes Elektro-SUV-Coupé. Ebendarum sitzen Fahrer und Passagiere ziemlich tief, was uns sehr entgegenkommt. Im Fond hat man dank des langen Radstands von drei Metern trotz der abfallenden Dachlinie viel Platz über dem Kopf und mehr als genug Beinfreiheit. „Außen ein Coupé, innen ein SUV“, sagt Polestar-Chef Thomas Ingenlath. Wir stimmen zu. Allerdings stört es, dass sich die hinteren Fenster nicht ganz versenken lassen und etwa zu einem Viertel herausragen.

Dass der Polestar 4 im Gegensatz zum Polestar 3 auf der angepassten und leicht modifizierten Geely-Plattform Sustainable Experience Architecture (SEA) basiert, merkt man an der Technik-Armada, mit der das Elektroauto ausgestattet ist: Insgesamt sind zwölf Kameras, ein Radar und zwölf Ultraschallsensoren serienmäßig verbaut. Darunter eine Kamera zur Fahrerüberwachung, die die Augen und die Kopfbewegungen des Piloten aufzeichnet und Alarm schlägt, sobald das System eine Müdigkeit des Menschen erkennt oder er die Hände zu lange vom Lenkrad nimmt. Zwar beeilt sich Polestar zu versichern, dass das System lediglich Daten überträgt und kein Video aufzeichnet, aber uns wäre dennoch lieber, wenn man diesen mobilen Big Brother deaktivieren könnte.

Der Polestar 4 ist dank der Kooperation mit Mobileye für das autonomen Fahrens der Zukunft gerüstet. Der Weg zum Level 5, der vollständigen Selbstständigkeit der Vehikel, ist zwar noch weit, aber auch Zwischenschritte werden den Fahrer entlasten.

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Der Polestar 4 ist das erste Auto der schwedisch-chinesischen Marke mit einem quer gestellten Touchscreen. Dass dieser auch noch 15,4 Zoll groß ist, hilft bei der Bedienung und unterstreicht die technische Verwandtschaft zur chinesischen Konzernmutter. Dass man im Reich der Mitte bisweilen eine andere Herangehensweise hat, als das hierzulande der Fall ist, zeigt sich am „Animal Mode“. Befindet sich ein Tier im Fahrzeug, temperiert die Klimaanlage den Innenraum so, dass sich der vierbeinige Freund dank der konstanten Temperatur in einer Wohlfühloase befindet. Ein animierter Hund, die eingestellte Temperatur und die Nachricht auf dem zentralen Display, dass der Besitzer bald zurückkehrt, versichern den Passanten, dass alles in Ordnung ist. Auch wenn man den Zauber schon von Tesla als „Dog Mode“ kennt, ist diese Funktion wirklich nützlich. Bei voller Batterie, die eine Kapazität von 100 Kilowattstunden (94 kWh netto) hat, ist das theoretisch bis zu 160 Stunden möglich.

Beim Betriebssystem endet dieses „Outside the Box“-Denken, wie man es neudeutsch nennt. Denn das basiert wie bei Volvo auf Android Automotive und bietet daher solide Software-Hausmannskost. Nicht mehr, nicht weniger. So findet man sich einigermaßen schnell zurecht. Ganz ohne Stolperfallen ist die Bedienung nicht. So sind ein paar Zwischenschritte nötig, ehe man das Fahrverhalten des Polestar 4 nach eigenem Gusto definieren kann. Das geschieht mit zwei verschiedenen Einstellungen beim Antriebsstrang (Range und Performance), drei bei der Lenkung (Standard, Light (leicht) und Firm (fest / straff)) und ebenfalls drei beim Fahrwerk (Standard, Nimble (flink, schnell regelnd), firm und bei der Rekuperation (Aus, Gering, Standard und auf Wunsch One-Pedal-Fahren). Bei den Bedienelementen im Lenkrad bietet Polestar eine Direktwahltaste zum Wechsel zwischen Range und Performance an. Wählt man Range, übernimmt die Hinterachse das Kommando, bei Performance kitzelt das System alles aus den 400 kW / 544 PS und dem Drehmoment von 686 Newtonmetern heraus. Damit stürmt der Polestar 4 in 3,8 Sekunden von null auf 100 km/h und ist bis zu 200 km/h schnell. Kraft ist also im Überfluss vorhanden.

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Unser Testwagen war mit dem Performance-Paket (Aufpreis: 4500 Euro) ausgestattet. Das bedeutet 22-Zoll-Räder, Vierkolben-Brembo-Bremsen, ein sportlicheres Fahrwerk und goldene Details an den Bremsen, den Sicherheitsgurten und dem Ventildeckel. Der goldene Reiter macht seinem Namen alle Ehre, und man kann mit ihm richtig flott unterwegs sein, auch wenn er nicht die Wedelkunst eines Porsche Macan Electric erreicht. Das Fahrwerk mit den adaptiven Dämpfern ist harmonisch abgestimmt, lediglich die Lenkung könnte etwas verbindlicher sein und die Bremsen einen exakteren Druckpunkt haben, bei dem sie zupacken.

Wir hatten nach der Testfahrt mit Höhenunterschieden und vielen Kurven einen Verbrauch von 22,9 kWh/100 km. Polestar gibt 21,0 kWh/100 km und eine maximale Reichweite von 580 Kilometern (WLTP / Single Motor bis 620 km) an. Geladen wird aufgrund der 400-Volt-Technik mit maximal 200 kWh. So sind die Akkus in 30 Minuten von zehn auf 80 Prozent gefüllt.

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Dank dem 22 kW-AC-Laden, das weder der Porsche Macan Electric noch der Audi Q6 e-tron aktuell beherrschen, dauert es an einer entsprechenden Wallbox 5,5 Stunden, bis die Energiespeicher komplett gefüllt sind. Der Polestar 4 steht im September beim Händler und kostet als Long Range Single Motor mindestens 61.900 Euro, die Dual-Motor-Version ist 8000 Euro teurer.

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Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!
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Richard Broch:

Mal wieder ein toller Beitrag mit vielen unbelegten Behauptungen, nur um eine Marke schlecht zu machen. Das ist mittlerweile Standard in solchen Kommentaren und kotzt mich echt an. Selbstverständlich sind Volvo und auch Polestar Premiummarken, weil sie Premium herstellen. Das ist ein anderes Niveau als Skoda. Volvo lebt NICHT vom Namen, sondern von der Qualität, die geliefert wird. Und da Polestar viel von Volvo übernommen hat, gilt das auch hier. Ich bin 25 Jahre lang Volvo gefahren und habe nun seit 2 Jahren einen Polestar und kann mich über die Qualität weiß Gott nicht beklagen. Volvo baut auch nicht ausschließlich SUVs, ebensowenig Polestar. Bitte mal informieren, bevor sowas gepostet wird. Polestar wird auch in Schweden entwickelt (liegst also wieder einmal falsch…). Die Reihenfolge bei Geely kennst du auch… Gratuliere! Woher??? Wieder ein Beispiel für einfach mal Blabla raushauen. Geely unterstützt Polestar kräftig, weil es nötig ist. Wieviel hat Musk in Tesla investiert, bis er das meistverkaufte Auto der Welt gebaut hat? Wie lange gibt es Polestar? Die haben bei NULL angefangen. Das wäre so, als wenn Mercedes AMG damit beauftragt, ab morgen nur noch E-Autos zu bauen. Möchte nicht wissen, wie viel investiert werden müsste, bis der erste reine E-AMG rauskäme. Keine Ahnung, ob du dich überhaupt irgendwann einmal mit Polestarmodellen beschäftigt hast – ich denke mal nicht – denn sonst würdest du nicht schrieben, dass die chinesische Konkurrenz Polestar in ALLEN(!!!) Belangen überlegen ist. Und dann bitte nicht den Preis in China mit dem in Europa vergleichen!

Spiritogre:

Na, was man aktuell zu Polestar und Volvo lesen kann ist nach jeder Menge Hype inzwischen fast ausschließlich Kritik. Schlechte Software, schlechte Bedienung, Rückrufaktionen usw. und die nicht ausgestanzte Heckscheibe wird eher als Lachnummer wahrgenommen.

Klar ist der Macan Geschmackssache aber es gibt ja sogar chinesische Konkurrenz wie Lotus, HiPhi, Zeekr usw. die für jeden Preis und Anspruch dann das passende haben ohne so “abgespeckt” zu wirken. Und natürlich gibt es dann auch noch solche Geschosse wie den Kia EV6 GT, Hyundai Ioniq 5N oder den Genesis GV60 Magma…

Akritus:

Sehr gute Analyse.

Bei einem Punkt bin ich aber nicht ganz einverstanden.

Der Porsche Macan ist das bessere Fahrzeug, klar. Wäre auch komisch wenn dies nicht so wäre, immerhin liegt ein vollausgestatteter Macan 4 (+/-105-110k) beim Listenpreis deutlich über dem komplett vollausgestatteten Polestar 4 (+/- 85-90k). Jedoch sind Geschmäcker verschieden. Ich persönlich finde das Design des Macan bieder und ausgelutscht, den Polestar 4 jedoch eines der interessantesten auf dem Markt. So wird der Polestar 4 ganz bestimmt genug Käufer finden. Klar könnten die Preise noch 5% niedriger sein, jedoch finde ich die Qualität absolut überzeugend und keineswegs “bloß” auf Skoda und Hyundai Niveau (beide Marken haben aber auch bereits eine gute Qualität). Subjektiv finde ich die Qualität mit BMW oder Audi vergleichbar, zugegeben jedoch nicht mit Mercedes oder gar Porsche.
Polestar hat einen guten Ruf bei den Leuten die die Marke kennen. Diesen aufzubauen dauert eben. Und falls die Marke später doch mit Volvo verschmelzen sollte bleiben die Kunden bei der selben Gruppe, was keinerlei Unterschied für Geely macht.

Spiritogre:

Polestar hat vergangenes (Geschäfts-) Jahr 387 Millionen Dollar Minus gemacht.

Noch mehr als Volvo haben sie das Problem, dass sie über Volvo nicht nur mehr als Premium- sondern sich beinahe als Luxusmarke positioniert sehen. Sowohl die Volvo als auch Polestar (Elektro-) Autos spiegeln das aber nicht wider. Die sind da eher im Bereich Skoda oder Hyundai qualitativ angesiedelt. Entsprechend kaufen nicht (mehr) soviele Leute diese doch sichtlich überteuerten Fahrzeuge.

Volvo lebt da vor allem vom Namen, den Polestar jedoch nicht hat. Polestar war ursprünglich das Volvo Rennteam, nur bauen sie halt keine Sportwagen sondern letztendlich nur weitere SUVs, und da gibt es deutlich bessere zu teils deutlich günstigeren Preisen. Der vermeintliche Konkurrent Porsche bietet demnächst mit dem neuen Elektro-Macan ein Fahrzeug, dass die Polestars in allen Bereichen im Regen stehen lässt. Und bei Luxus werden sie etwa von Cadillac Lyriq oder Genesis GV60 komplett deklassiert.

Und selbst die chinesische Konkurrenz wie ein XPeng G9 lässt die Polestars in allen Bereichen alt aussehen, bei weitaus günstigerem Preis. Außerdem hat inzwischen wohl jeder mitbekommen, dass Polestar ebenso wie Volvo oder Smart chinesisch und eigentlich Geely ist. Bei Volvo wie gesagt noch nicht so drastisch, die haben viele Alteingesessene Fans, die sich damit trösten, dass Volvo teils immer noch in Schweden entwickelt wird.

Generell ist meine Tendenz zu meinen, dass es Polestar nur noch wegen Geely gibt aber die Frage ist eben, wie lange der Mutterkonzern das mitmacht. Volvo ist günstiger und zu ähnlich. Zu Geely gehören nämlich ja auch noch Zeekr und Lotus und die Lotusse sind noch mal eine ganze Klasse über Polestar angesiedelt. Auch hier wieder, Polestar ist zu nahe bei Volvo, sie sind eigentlich überflüssig. Die Reihenfolge bei Geely lautet ca. Smart -> Zeekr -> Volvo -> Polestar -> Lotus. Und damit sitzt Polestar direkt zwischen den Stühlen. Davon ab sind das längst nicht alle Geely Marken, es gibt ja auch noch Lynk, Livan, Radar, Geely selbst und noch ein paar mehr wie London Taxi oder Terrafugia sowie noch einen Stapel Hersteller, der Verbrenner baut. Geely ist da sehr breit aufgestellt, meiner Ansicht nach zu breit mit zu vielen Überschneidungen und muss bei sinkenden Verkäufen dann irgendwo entschlacken.

Spiritogre:

Dir ist schon klar, dass Polestar entsprechend dann baugleich zu Volvo, Smart, Lynk, Zeekr, Lotus usw. usf. wäre bzw. ist? Geely hat locker ein Dutzend Automarken.

Martin Hofstetter:

ist auch kein Massenprodukt, kleine Auflagen bezahlt man einfach, ich persönlich würde mich ärgern wenn mir alle 400 Meter ein baugleicher VW, Audi oder BMW entgegenkommt…

Luni:

und das für ein Chinesen ohne Heckscheibe.

Sven:

Bei den Preisen wird das nie etwas werden. Warten wir mal ab, ob es den Hersteller in 10 Jahren noch gibt.

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