Lucid Motors hat im zweiten Quartal wichtige Weichen für die Zukunft gestellt – mit einer strategischen Partnerschaft im Robotaxi-Bereich, der Stabilisierung der Produktion und neuen Entwicklungen rund um die kommende Midsize-Plattform. Zugleich belasteten Importzölle und Lieferkettenprobleme weiterhin die Marge. Das Unternehmen erzielte einen Umsatz von 259 Millionen US-Dollar (rund 223 Millionen Euro) und lieferte 3309 Fahrzeuge aus – ein Zuwachs von 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Mit einem großen Schritt hat Lucid den Einstieg in den milliardenschweren Robotaxi-Markt vollzogen: Gemeinsam mit Uber und dem Autonomie-Startup Nuro entsteht ein vollständig integriertes Premium-Robotaxi auf Basis des Lucid Gravity. Das Fahrzeug wird speziell für Ubers Ride-Hailing-Plattform entwickelt und soll ab Ende 2026 in mehreren Städten weltweit zum Einsatz kommen. Im Rahmen der Partnerschaft investiert Uber 300 Millionen US-Dollar – umgerechnet rund 258 Millionen Euro – in Lucid.
Laut Interims-CEO Marc Winterhoff ist dies weit mehr als nur eine Finanzierungsrunde: „Das ist ein Beweis für die technische Reife unserer Plattform – und ein Türöffner für den Eintritt in neue Märkte.“ Das Fahrzeug kombiniert Lucids software-definierte Architektur mit dem NuroDriver-Level-4-System und Ubers globalem Netzwerk. Uber plant, mindestens 20.000 Einheiten des Lucid Gravity mit autonomer Technologie einzusetzen – über einen Zeitraum von sechs Jahren. Der Fokus liegt auf Komfort, Sicherheit und Skalierbarkeit. Winterhoff sieht darin den Beginn einer langfristigen Strategie: „Wir sind überzeugt, dass der Robotaxi-Markt ein Multi-Billionen-Euro-Geschäft wird – und Lucid ist bereit, daran teilzuhaben.“
Lieferschwierigkeiten und Tarife belasten Marge
Trotz steigender Auslieferungen bleibt die Bruttomarge tief im negativen Bereich: Im zweiten Quartal lag sie bei minus 105 Prozent. CFO Taoufiq Boussaid erklärte, dass allein Importzölle in Höhe von rund 46 Millionen Euro (entsprechend 54 Millionen US-Dollar) die Marge um 21 Prozentpunkte verringerten. Diese Zölle betreffen vor allem Komponenten aus China und spiegeln die veränderte geopolitische Lage wider.
Hinzu kamen höhere Lagerkosten und Rückstellungen für feste Lieferverpflichtungen. Boussaid rechnet jedoch damit, dass die Auswirkungen im Gesamtjahr geringer ausfallen: „Dank Maßnahmen wie lokaler Beschaffung, technischer Substitutionen und vertikaler Integration dürfte die Belastung am unteren Ende unserer Schätzung von acht bis 15 Prozent liegen.“ Ein Teil des Zollschadens werde durch Rückerstattungen kompensiert, etwa durch eine 3,75 Prozent-Gutschrift für lokalisierte Wertschöpfung. Die Rückstellungen für Bestände, so Boussaid, seien vor allem im zweiten Quartal angefallen und würden in den kommenden Quartalen bilanziell ausgeglichen.
Lucid Gravity: Produktion soll im zweiten Halbjahr hochgefahren werden
Obwohl Lucid im ersten Halbjahr 2025 rund 6000 Autos produzierte, liegt man beim Produktionsziel von 18.000 bis 20.000 Einheiten für das Gesamtjahr hinter dem eigenen Fahrplan zurück. Besonders betroffen war die Anlaufkurve des Lucid Gravity. Lieferengpässe bei bestimmten Komponenten – insbesondere bei Magneten aus China – führten zeitweise zu Engpässen.
Winterhoff räumte ein: „Wir sind beim Gravity noch nicht da, wo wir sein wollten.“ Doch das Problem sei inzwischen gelöst: „Dank unserer vertikalen Integration konnten wir innerhalb weniger Wochen alternative Magnettypen einführen – sonst hätte uns das Quartal einen Produktionsstopp gekostet.“ Für das zweite Halbjahr rechnet Lucid nun mit einer deutlichen Produktionssteigerung. Der Gravity soll dann den Großteil der Auslieferungen ausmachen. Falschmeldungen über angeblich ausbleibende Auslieferungen im Juli wies Winterhoff entschieden zurück: „Diese Zahl ist schlicht falsch. Wir haben ausgeliefert – und rampen jetzt hoch.“
Blick nach vorn: Midsize-Plattform im Fokus
Ab Ende 2026 will Lucid mit einem neuen Fahrzeug auf Basis einer Midsize-Plattform in ein deutlich breiteres Marktsegment vordringen. Winterhoff betonte, dass sowohl die neue Plattform als auch der Atlas-Antrieb „voll im Plan“ seien. „Wir zielen auf ein hohes Maß an Effizienz bei deutlich niedrigeren Kosten – ohne Abstriche bei Performance oder Technik.“ Aktuell laufe das Sourcing für die sogenannten PV-Builds (Product Validation), bevor Testfahrten und Homologation starten.
Der Marktstart ist für spätes 2026, die Auslieferungen für 2027 vorgesehen. Die Akquisition ehemaliger Nikola-Fertigungsanlagen habe laut Winterhoff zwar zusätzliche Fertigungskapazitäten eröffnet, ändere jedoch nichts am Zeitplan. Die Midsize-Plattform sei zentral für Lucids Zukunft: „Wir wenden alle Lehren aus dem Gravity-Programm an, um die neue Plattform mit höherer Agilität, kürzeren Durchlaufzeiten und besseren Kostenstrukturen umzusetzen“, so Boussaid.
Finanzlage solide, Fokus auf Kapitaldisziplin
Trotz hoher Verluste und Investitionen bleibt Lucids Liquiditätsposition stabil. Das Unternehmen verfügt über 3,6 Milliarden US-Dollar (ca. 3,1 Milliarden Euro) an Barreserven und insgesamt 4,86 Milliarden US-Dollar (ca. 4,2 Milliarden Euro) an liquiden Mitteln. Die operative Verlustkennziffer (Adjusted EBITDA) lag bei minus 632 Millionen US-Dollar, was etwa 543 Millionen Euro entspricht. Haupttreiber waren die negativen Margen durch Zölle und Anlaufkosten.
Gleichzeitig setzte Lucid weiterhin gezielt auf Investitionen in Schlüsselbereiche: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (R&D) betrugen rund 236 Millionen Euro, vor allem für die Midsize-Plattform und den neuen Atlas-Antrieb. Die Investitionen (CapEx) lagen mit 157 Millionen Euro im Plan. Für das Gesamtjahr wurde die Investitionsprognose leicht gesenkt – auf 946 Millionen bis 1,03 Milliarden Euro –, um die Mittel gezielt auf Programme mit hohem strategischem Nutzen zu konzentrieren. Boussaid betonte: „Wir investieren dort, wo es sinnvoll ist, und reduzieren an Stellen mit geringerem Potenzial. Es geht nicht nur um Ambition, sondern um konsequente Umsetzung.“
Quelle: eletric-vehicles.com – Rivian Q2 Earnings Call: Full Transcript