Lithiumprojekt aus der Altmark könnte 1500 Jobs schaffen

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Sebastian Henßler
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Im Norden Sachsen-Anhalts entsteht derzeit eines der spannendsten Rohstoffprojekte Deutschlands. Neptune Energy erprobt seit 2024 in der Altmark die Gewinnung von Lithium aus Tiefenwasser – ein Verfahren, das neue Perspektiven für die heimische Rohstoffversorgung eröffnen könnte. Eine aktuelle Studie von IW Consult beziffert nun erstmals, welches wirtschaftliche Potenzial mit dem Vorhaben verbunden ist.

Nach Berechnungen der Kölner Wirtschaftsforscher könnte das Projekt über den Zeitraum von 2025 bis 2042 eine deutschlandweite Bruttowertschöpfung von bis zu 6,4 Milliarden Euro erzeugen. Bei einer jährlichen Fördermenge von bis zu 25.000 Tonnen Lithiumkarbonatäquivalent (LCE) entstünden rund zwei Drittel dieser Wertschöpfung in der Altmark. Für die strukturschwache Region würde das einem jährlichen Zuwachs der Wirtschaftsleistung von durchschnittlich zwei Prozent entsprechen. Zudem könnten bis zu 1500 Arbeitsplätze direkt oder indirekt mit der Förderung verbunden sein.

Für Neptune-CEO Andreas Scheck unterstreichen die Ergebnisse den langfristigen Nutzen des Projekts. „Auch wenn wir uns derzeit noch in der Entwicklungsphase befinden, zeigen die Berechnungen deutlich, welches Potenzial die Lithiumförderung für die kommenden Jahrzehnte mit sich bringt“, sagt Scheck. Die Altmark profitiere dabei ebenso wie die deutsche Industrie insgesamt.

Die Studie unterscheidet drei Phasen mit jeweils unterschiedlichen Effekten. In der Entwicklungsphase bis 2028 rechnen die Experten mit einer Bruttowertschöpfung von 45 Millionen Euro. Besonders stark seien in dieser Zeit die indirekten Effekte, etwa durch Vorleistungen aus Forschung, Bergbau und Informationsdiensten. Mit Beginn der Investitionsphase zwischen 2028 und 2032 würden umfangreiche Investitionen in Infrastruktur und Technik folgen, die den Wertschöpfungseffekt auf über 850 Millionen Euro ansteigen ließen. In dieser Zeit hängen laut IW Consult jährlich bis zu 1500 Arbeitsplätze am Projekt – davon etwa 13 Prozent in der Altmark.

Ab 2033 soll die eigentliche Förderphase beginnen. Dann könnte die Lithiumgewinnung jährlich rund 549 Millionen Euro zur Bruttowertschöpfung beitragen, wovon drei Viertel in der Region verblieben. Für die Altmark wäre das ein anhaltender wirtschaftlicher Impuls, der weit über die Rohstoffförderung hinauswirken dürfte.

Lithium aus der Altmark als strategischer Vorteil der deutschen Automobilindustrie

Neben den ökonomischen Aspekten spielt das Projekt auch eine strategische Rolle. „Lithium ist ein zentraler Rohstoff für zahlreiche Industrien, besonders für die Herstellung von Batterien in Elektroautos und stationären Energiespeichern“, erklärt Benita Zink, Analystin bei IW Consult. Deutschland sei bei Lithium derzeit in hohem Maße auf Importe angewiesen. Eine heimische Förderung könne die Versorgungssicherheit verbessern und die Abhängigkeit von globalen Lieferketten verringern. Laut der Internationalen Energieagentur könnte der weltweite Bedarf an Lithium bis 2035 um bis zu 490 Prozent steigen – ein Hinweis darauf, wie entscheidend die Ressource für die Energiewende ist.

Neptune Energy setzt dabei auf die direkte Lithiumextraktion (DLE) aus Tiefenwasser. Das verringert den Flächenverbrauch erheblich und vermeidet großflächige Eingriffe in die Landschaft. Im Sommer schloss Neptune Energy gemeinsam mit dem Technologiepartner Lilac einen zweiten Pilotversuch erfolgreich ab. Dabei gelang es, aus Tiefenwasser batteriefähiges Lithium zu gewinnen. Ein dritter Versuch folgte im Herbst, um ein alternatives Adsorptionsverfahren zu prüfen.

Nach Abschluss der Pilotphase ist eine Demonstrationsanlage geplant, die den nächsten Schritt hin zur industriellen Produktion markieren soll. Diese Phase steht allerdings noch unter dem Vorbehalt bergrechtlicher Genehmigungen. Parallel ließ Neptune Energy im August durch das Beratungsunternehmen Sproule ERCE die Ressourcenbasis bewerten. Das Ergebnis ist bemerkenswert: Mit einem nachgewiesenen Vorkommen von rund 43 Millionen Tonnen Lithiumkarbonatäquivalent zählt die Altmark zu den größten projektbezogenen Lithium-Ressourcen weltweit.

Neptune Energy knüpft mit dem Lithiumprojekt an eine jahrzehntelange Tradition an: Seit 1969 wird in der Altmark Erdgas gefördert. Nun könnte derselbe Boden die Grundlage für eine neue Ära der Energieversorgung bilden – und zeigen, wie sich bestehende Ressourcenregionen schrittweise in die Zukunft transformieren lassen.

Quelle: NeptunEnergy – Lithiumförderung in der Altmark könnte Bruttowertschöpfung in Höhe von 6,4 Milliarden Euro erzeugen

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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