Kleinwagen kommen wieder – als E-Autos

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Renault

Patrick Solberg
Patrick Solberg
  —  Lesedauer 5 min

Citroën C1, Ford Fiesta, Fiat Uno oder VW Up – die Zahl der Kleinwagen im europäischen Fahrzeugangebot war über Jahrzehnte ungezählt. Doch über die Jahre wurden die Winzlinge von einst immer größer und teurer – die Kunden stiegen auf andere Fahrzeugklassen um, das Segment stand vor dem Aus. Jetzt scheint das Comeback gesichert. Mit neuen Elektromodellen.

Immer strengere Sicherheitsvorschriften und stetig steigende Komfortansprüche der Kunden sorgten in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren dafür, dass die Autohersteller mit ihren Kleinwagen kaum noch Geld mehr verdienen konnten. Keine große Überraschung, dass sich das Kleinwagennetz mächtig ausdünnte. Doch auch wenn viele schon den Abgesang auf das automobile Einstiegssegment schmetterten, sieht es aktuell besser aus denn je. Die Nachfrage nach kleinen Neuwagen zieht durch einen stabilen Elektroauto-Trend und zunehmend schickes Design wieder an. Die Rückkehr der erfolgreichen Kleinwagen scheint nur eine Frage der Zeit; nur günstig sind sie nicht mehr.

Dem Fiesta trauern nicht allein viele Ford-Fans hinterher. Das Einsteigermodell ließ sich nicht mehr ertragreich verkaufen und wurde von den Kölnern ebenso gestrichen wie der noch kleinere Ka. Ford wollte elektrisch werden, und bei der Neuausrichtung gab es kein Platz mehr für das kleine Doppelpack aus Ka und Fiesta. Bitter, denn auch der Focus muss gehen, und so fängt es bei Ford erst mit dem Puma an – auf Wunsch zumindest auch elektrisch.

Auch Volkswagen wollte sich elektrisch neu erfinden, und das Kleinstwagentrio aus VW Up, Skoda Citigo und Seat Mii wurde abgestellt – zu teuer in den Herstellkosten und zu gering in der Nachfrage; sowohl elektrisch als auch als Verbrenner. An sich standen bei den Wolfsburgern sogar Polo und Golf auf der Abschlussliste. Das wurde mittlerweile getilgt, und jetzt sind die Erwartungen umso größer an den neuen VW ID.2, der Ende des Jahres seine Premiere feiern soll. Rein elektrisch mit neuen Designsprache könnte er zum neuen Polo werden. Mit der Studie ID.Every1 gab VW zudem einen Ausblick auf den noch kleineren ID.1, der 2027 erscheinen soll. Die Optik zitiert das klassische VW-Gesicht, die Bedienung des Infotainments entfernt sich etwas vom aktuellen Touchscreen-Fetischismus. Der Einstiegspreis von rund 20.000 Euro ist eine Kampfansage.

VW ID. Every 1: Ein Blick auf den künftigen ID.1
Volkswagen

Renault macht derzeit vor, wie es richtig geht. Jahrzehntelang war von Renault 4 und Renault 5 nichts mehr zu sehen. Doch kurz nacheinander erleben derzeit beide ihre Auferstehung. Der elektrische R5 (95 PS; ab 24.000 Euro) ist etwas cooler und sehenswerter; der R4 auf gleicher technischer Basis und ebenfalls elektrisch mit 120 oder 150 PS angetrieben geht dabei in Richtung Crossover und soll sogar als Allradler kommen. Wer den Renault 5 zwar heiß findet, doch die Praktikabilität vermisst, kann nunmehr zum kleinen großen Bruder R4 greifen – ebenfalls obligatorisch mit einem Elektroantrieb unterwegs. Mit einem Basispreis von 29.400 Euro ist der Renault 4 E-Tech jedoch alles andere als günstig. Mit einer Länge von 4,14 Metern ist er neun Zentimeter kürzer als der Captur und ebenso neun Zentimeter länger als der Clio. Und wem das aus dem Hause Renault nicht reicht: nächstes Jahr kommt eine Neuauflage des Twingo als Elektroauto. Der wird noch kleiner und noch günstiger.

Renault-4-E-Auto-Test-Leistung-Reichweite
Renault

Keine Historie, aber günstig und cool, ist der neue Hyundai Inster. Die Elektroversion des südkoreanischen Schwestermodells Casper ist in Europa allein als Elektrovariante mit lässigem Design und allerhand Praktikabilität zu bekommen. Die rund 23.000 Euro teure Einsteigerversion bietet eine Kombination aus kleinem Akkupaket mit 42 kWh und einem 71 kW / 97 PS starken Elektromotor an der Vorderachse. Nicht nur was die Reichweite anbetrifft, dürfte die stärkere Variante mit 85 kW / 115 PS und einer 49 kWh großen Batterie die größere Nachfrage finden. Das Batteriepaket im Unterboden des Inster erstarkt an einem Schnelllader von 10 auf 80 Prozent in rund einer halben Stunde.

Hyundai

Noch günstiger ist der Leapmotor T03. Auf den ersten Blick sieht der 3,62 Meter lange Kleinwagen aus wie eine Mischung aus einem zu heiß gewaschenen London-Taxi und einem neuen Fiat 500, der ab Herbst nicht mehr allein als 25.000 Euro teure Elektroversion, sondern auch mit einem Hybridantrieb neu aufgelegt werden soll – unter 20.000 Euro. „Der Fiat 500 Hybrid bietet neben seinem ikonischen Design auch einen erschwinglichen Zugang zur Welt der elektrifizierten Fahrzeuge. Damit beweist Fiat erneut, dass soziale Relevanz im Mittelpunkt der Markenmission steht“, betont Fiat-CEO Olivier François.

Stellantis stoppt Bau des Leapmotor T03 in Polen
emirhankaramuk / Shutterstock.com

Der Dacia Spring kostet in der Basisversion 16.900 Euro. Beim Preis des 2000 Euro teureren Spring Expression Electric 65 herrscht zwischen China-Rumänien und China-Frankreich dann finanzieller Gleichstand. Das Ausstattungs-Bingo entfällt beim Leapmotor T03. Es gibt eine Variante für 18.900 Euro. Punkt. Zur Auswahl stehen lediglich drei Farben: Hellblau, Silber und Weiß.

Es scheint also wieder etwas zu gehen – auf dem Markt der betont elektrischen Kleinwagen und bei knapp über 20.000 Euro dürfte es für die meisten losgehen. Nicht günstig; aber immerhin.

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Jens:

Der Ora wird nicht mehr verkauft und der ID.3 für 29K ist ein richtiges Kassengestell, das keine Rückfahrkamera oder Sitzheizung hat und an meiner Wallbox 15 Stunden braucht anstatt der 4 des Inster für 24K. Wenn man für den Inster die 30K des ID.3 ausgibt, bekommt man die volle Hütte.

Jens:

Der ID.2 für 25.000 €wird sehr knapp… Vielleicht wäre der Hyundai Inster einen Blick wert, ab 24.000 €

Michael Kalusche:

Ich kann ebenfalls nicht nachvollziehen, warum nach wie die ( deutschen) Konzerne auf große und entsprechend teure E- Modell setzen: Ich fahre meist alleine und insgesamt eher selten mit meinem Auto.
(Skoda Rapid), würde aber nun gerne auf elektrisch umsteigen. Allerdings bin ich nicht bereit, mehr als 25000 € zu investieren.
Falls sich die tatsächliche Auslieferung des VW ID.2 weiterhin verzögert, werde ich voraussichtlich ein chinesisches Modell wählen.

Matthias Geiger:

Das Thema ist E-Kleinwagen nicht nur als Zweitwagen taugliche PKW’s an den Start zu bringen. Da gibt es Leasingmodelle für 5.000 bis 10.000 km p.a. Das ist natürlich ein Witz, hierfür braucht man kein Auto Das geht auch via Fahrrad bzw. Erstrecht mit dem e bike. Auch E-Autos mit 100-200 km Reichweite (im Alltag) sind lediglich als Zweitwagen tauglich. Wir sollten uns an die 70er’80er 90er Jahre erinnern da kam man mit nahezu jedem Kleinwagen mindesten 300 km weit. Das sollte der Anspruch an E-Kleinwagen sein auch unter 20.000 Euro mit guter Ausstattung.

Michael:

Ein Kleinwagen braucht fast die gleichen technischen Komponenten (Motor, Getriebe…) wie ein größerer Mittelklassewagen. Der Hersteller spart sich ein paar wenige Quadratmeter Blech und alles was er aus Komfortgründen bewusst raus lässt.
Für mich, der eine kleine Garage hat, wäre ein schmaleres Auto bei dem ich über die Preisliste bestimmen kann, welchen Schnickschnack ich brauche trotzdem ein sehr attraktives Angebot.

Thomas Schmieder:

Ich mach jetzt mal den Nuhr (der Habeck ist Schuld …):

Warum hatten der R4, die „Ente“ und die Ape soviel Erfolg?

Sie hatten zusätzliche Nutzwerte:
– niedriger Preis
– niedriger Verbrauch (für damalige Verhältnisse)
– universell benutzbar
– leicht zu reparieren (obwohl sie damals noch zu schnell gerostet haben)
– klein genug für einen Parkplatz, groß genug für den Schrank, die Waschmaschine, fünf (oder mehr) Personen
– man konnte Geld damit verdienen, anstatt es durch den Auspuff jagen zu müssen

Sie fuhren alle nicht bedonders schnell, aber das hat (uns) doch gereicht! Wie oft im Jahr wollten wir schon mal von Hamburg bis nach Sizilen oder Marokko fahren? Ein Tempolimit 130km/h würde uns also ermöglichen, wieder Fahrzeuge für „die 90%“ anzubieten. Die zusätzlich notwendigen Maßnahmen für die Sicherheit bei Steigerung der Geschwindigkeit wachsen nämlich mindestens quadratisch.

Ok, Zuladung war noch nicht so prall, aber dafür gab es dann zur Not Anhänger, wenn man sie brauchte, z. B. das Dübener Ei ;-)
Beim Gedanken an das Dübener Ei muss ich erwähnen, dass ich den Trabi in meiner Retrospektive nicht vergessen habe, aber der unterliegt, genauso wie der „Käfer“ besonderen Regeln, gehört aber auch in die Reihe der Fahrzeuge für Jedermann/-Frau. Statt eines Käfers hatte ich als erstes Auto einen „Fridolin“. Der hat auch nicht mehr Sprit gebraucht, als der Käfer (wieso eigentlich?), war aber universell nutzbar – hat leider nur zu schnell gerostet.

Ich bin heute immer noch mit meinem Kangoo II zufrieden. Ich bedaure nur, dass es den nicht ca. 20cm länger gibt, bei Bedarf mit sauberer Trennung zwischen Front- und Font, wegen Ladungssicherheit, oder auch als kleines Taxi mit mehr Beinfreiheit hinten, usw..

Es ist bedauerlich, dass europäische Autohersteller ihre Produkte heutzutage mit viel Werbung immer erst emotional aufladen müssen, um sie verkaufen zu können, anstatt sie nach dem möglichen universellen Nutzwert zu gestalten. Es guckt eben Jeder (Jede?) von Jedem ab. Und ulkigerweise machen „die Chinesen“ noch denselben Fehler.

Und ja, ich hatte auch schon größere Fahrzeuge. Die habe ich aber selten wirklich gebraucht – wenn ich ehrlich bin. Mein Schw*** ist dadurch auch nicht länger geworden.

Silverbeard:

Ich bin mir nicht sicher, glaube aber, das der Autor zu optimistisch ist. Der id.2 soll 2026 vorgestellt werden, wird also erst 2027 so richtig auf den Markt kommen. Gibt es für den id.1 überhaupt schon feste Termine außer einer Ankündigung in Elontime?

Vor allem jetzt, nachdem die EU Kommission die CO2 Flottenziele total aufgeweicht hat und chinesische Importe durch Zölle aufgehalten werden, ist Eile ja noch weniger notwendig als bisher.

Der Leapmotor T03 kostet übrigens nicht 25.000€ sondern nur 18.900€. Das steht sogar im verlinktem Elektroauto-News Artikel!
Bitte etwas weniger den VW Fanboy raushängen lassen!

Silverbeard:

Die Kunden sind auf andere Fahrzeugklassen umgestiegen, weil die Modelle ohne Nachfolge ausgelaufen sind.

Dalan:

Da ist wohl der Wunsch Vater des Gedanken. Niemand wird wohl einen Kleinwagen wie den Insta für 27 k Euro kaufen, wenn er einen Kompaktwagen ID3 für 29 K Euro bekommt oder einen Ora 03 für 27 k Euro oder einen Kona Electric.

Manfred:

Gerne hätte ich vor fast zwei Jahren die Auswahl an Kleinwagen gehabt, die es jetzt gibt. Notgedrungen kaufte ich einen sog. Kompakt- SUV gebraucht. Wie oben beschrieben. Komfortabel aber mit einem nicht gerade übergroßen Kofferraum. Allerdings hat sich dieses BEV bestens bewährt und so bin ich noch für viele Jahre kein Käufer von BEVs mehr. Bleibt für VW und Mitbewerber zu hoffen, das es noch genug Käufer gibt, die bislang noch nicht zugeschlagen haben. Die wirklich großen und schweren E-Panzer sollten künftig hoch besteuert werden.

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