Kia treibt seine Elektrostrategie in Europa weiter voran und startet im Februar kommenden Jahres in der Slowakei mit der Produktion des EV2. Ein noch kleineres Einstiegsmodell ist laut Marc Hedrich, President & CEO von Kia Europe, zwar denkbar, aber nicht kurzfristig geplant. „Vielleicht gibt es eines Tages ein EV1, aber Kia – einer der profitabelsten Autohersteller weltweit – hat keinerlei Interesse daran, zu wenig Geld zu verdienen“, sagt er schonungslos offen im Interview mit Automotive News Europe.
Hintergrund sind die nach wie vor fehlende Preisparität mit Verbrennern und geringere Margen im Elektrogeschäft. Hinzu kommen hohe Investitionen in Regulierung und Software-definierte Autos. „Man braucht Geld, um diese Investitionen zu finanzieren, und mit einem Billig-E-Auto lässt sich das aktuell nicht verdienen.“ Ein Preis von 22.000 Euro sei nur mit spürbaren Abstrichen bei der Ausstattung zu erreichen, was für Kia nicht infrage komme.
Besonders intensiv wird Kia derzeit mit chinesischen Herstellern verglichen, die in Europa Marktanteile vor allem über aggressive Preise gewinnen. Für Hedrich ist das jedoch keine Option: „Es ist nicht meine Aufgabe, die Chinesen über den Preis zu bekämpfen, denn wenn ich das täte, würden wir verschwinden – die Chinesen haben viel größere Skalenvorteile.“ Stattdessen setze Kia auf Markenwert, Differenzierung und Vertrauen. Zwar würden chinesische Anbieter wachsen, aber „sie stoßen irgendwann an eine Decke, wie alle. Ja, es gibt Kunden, die das günstigste Auto auf dem Markt kaufen, aber es gibt auch Menschen, die niemals ein chinesisches Auto kaufen werden.“
Beim Blick auf den europäischen Neuwagenmarkt bremst Hedrich die Erwartungen. Die Verkäufe liegen seiner Einschätzung nach noch immer rund zwei Millionen Einheiten pro Jahr unter dem Niveau vor der Pandemie. „Vor diesem Hintergrund gibt es keine Möglichkeit für eine positive Prognose“, erklärt er. Einen kräftigen Aufschwung erwartet er daher nicht. Deutlich optimistischer bewertet er jedoch die Entwicklung der E-Mobilität.
Derzeit liegt der Anteil von Elektroautos in Europa bei etwa 17 Prozent, bis Ende des Jahres rechnet Kia mit einem Anstieg auf 18,5 bis 19 Prozent. „Noch vor Jahresende werden wir einen Anstieg der Verkäufe im Vereinigten Königreich sehen, bedingt durch das ZEV-Mandat, und möglicherweise auch einen positiven Effekt durch ein neues Sozialleasing-Programm in Frankreich.“ Hinzu komme ein breiteres und wettbewerbsfähigeres Angebot an E-Autos auf dem Markt.
„Kunden brauchen Transparenz und ein klares Bekenntnis“
Auch bei den Restwerten gebe es positive Signale. Die Einbrüche der vergangenen Jahre seien „eindeutig ein Kollateralschaden der Preissenkungen bei Tesla“ gewesen. Inzwischen habe sich die Lage beruhigt. „Wir verzeichnen sogar eine leichte Erholung, insbesondere in den nordischen Ländern, wo der Markt für gebrauchte E-Autos wächst.“ Große Leasinggesellschaften bestätigten diese Tendenz, auch wenn einzelne Händler weiterhin unter Altverträgen mit unrealistischen Restwerten litten.
Für die Politik formuliert Hedrich eine klare Botschaft. Subventionen könnten helfen, den Markt in Ländern mit niedriger E-Auto-Quote anzuschieben – „aber Subventionen sind wie eine Droge, sie müssen gut gemanagt werden.“ Entscheidend sei Verlässlichkeit: „Kunden brauchen Transparenz sowie ein klares Bekenntnis der Regierungen, um Stop-and-Go-Politik zu vermeiden, wie wir sie 2024 in Italien oder Ende 2023 in Deutschland gesehen haben.“
Quelle: Automobilwoche – Kia-Europachef: „Es ist nicht meine Aufgabe, die Chinesen über den Preis zu bekämpfen“